Durch das Chentii-Gebirge und die Wüste Gobi - Teil 1
Von Peter Hürzeler
Prolog:Bereits seit einigen Jahren steht bei mir eine Reise in die Mongolei auf der Bucket List. Die Bilder die Pascal, Neel und Christoph von früheren Reisen mitgebracht hatten, sowie das was man im Internet immer mal wieder sieht machten Appetit darauf selber auch einmal dort fotografieren zu gehen. Gespräche mit David und auch Neel anlässlich von Fototouren in der Schweiz waren durchaus fruchtbar. So beschlossen wir das Thema bei Gelegenheit mal anzugehen. Zuerst kam dann aber Covid. Als 2022 dann die Reisetätigkeit wieder aufgenommen werden konnte, machten wir uns dann an die Umsetzung der Idee. Als Termin erkoren wir vorerst die beiden ersten Oktoberwochen im Herbst 2023, änderten diese dann aber aufgrund der vermuteten besseren Herbstfärbung auf die letzten beiden Septemberwochen. Für mich bedeutete dies nun aber zwei Terminkollisionen, welche damit entstanden. Mein Vater hatte mitten in den Ferien einen runden Geburtstag zu feiern. Wir waren aber diesbezüglich bereits im Frühjahr 2023 gemeinsam auf einer Familienreise in Portugal, so dass da keine Einwände angemeldet wurden. Dann war da aber noch der erste Jahrestag mit meiner Frau. Fast hätte ich den Termin sogar verpennt ;) Nach kurzer Diskussion gab es aber auch von ihr das Einverständnis. In unserem Wohnort ist immer um die Zeit sowieso der Fulehung - ein lokales Festwochenende. Sie ist da jeweils stark eingebunden und leistet Doppelschichten im Restaurant wo sie arbeitet, so dass das entsprechende Wochenende bei ihr eh gebucht war. So stand der Reise nichts mehr im Wege. Schon früh entschlossen wir uns das ganze Individuell zu organisieren und nicht mit z.B. Tanago als Reiseanbieter zu verreisen. Unserer Ansicht nach sollte das Problemlos möglich sein. Wir buchten uns beim lokalen Anbieter Drive Mongolia einen Toyota Landcruiser mit Dachzelt und zusätzlicher Campingausrüstung, so dass wir einerseits im Gelände mobil waren, andererseits auch nicht immer auf die je nach Gegend eher mässig vorhandene Touristeninfrastruktur zurückgreifen mussten. Während Pascal, Neel und Christoph früher noch via Peking anreisen mussten, kann man das seit Sommer 2023 in einfachster Weise mit einem Direktflug ab Frankfurt. Mongolian Airways (MIAT) bietet neuerdings dreimal wöchentlich einen Direktflug an. Uns kam das natürlich super gelegen, so wie auch die ab Anfang 2023 geltende visafreie Einreise für Personen aus dem Schengenraum.
Züge nach Frankfurt konnten wir dann auch mal buchen. Wir planten auf alle Fälle genügend Puffer in Frankfurt Flughafen ein und buchten uns auch einen Direktzug ab Basel SBB.
Sonntag 17.9 / Montag 18.9
So ging es dann am Sonntag 17.9. in aller Frühe los. Bereits um 0430 klingelte bei mir der Wecker, kurz nach 5 war ich zu Fuss unterwegs zum Bahnhof um dann um 0530 die erste Verbindung ab Thun nach Basel zu erwischen. Dort traf ich dann auf Neel und David, welche noch einige Minuten früher in Uster weggefahren sind. Die DB enttäuschte uns dann nicht und so fuhren wir schon ab Basel SBB mit rund +15min wegen einem kurzfristig geänderten Personaleinsatz weg. Wir hatten reservierte Plätze im 1.Klass Bereich. Irgendwas stimmte aber mit den Reservationsanzeigen nicht und so wären unsere Plätze ab Offenburg dann belegt gewesen. Wir liessen es mal drauf ankommen, konnten wir doch die Reservation klar belegen. Es kam aber dann tatsächlich niemand. Wurden wohl die falschen Reservationsangaben beim Zug hinterlegt...
Die +15 schleppten wir dann mit einigen zusätzlichen Minuten obendrauf bis nach Frankfurt mit. Uns war es aber egal - wir hatten mehr als genügend Puffer. In Frankfurt Flughafen kämpften wir uns dann mal durch die Baustellen zu unserem Terminal durch. Da die Checkin-Schalter erst in anderthalb Stunden öffneten bezogen wir mal ein paar Sitzplätze im McDonalds (mangels Alternativen) und vertrieben die Zeit. Checkin war dann schnell erledigt und nach der Sicherheitskontrolle durften wir nochmals anderthalb Stunden warten bis zum Boarding. MIAT verfügt seit Sommer 2023 über eine Boeing 787, welche auf der Verbindung nach Frankfurt eingesetzt wird. Netterweise war die Maschine nur etwa zur Hälfte besetzt. Wir konnten und je eine Dreierreihe für jeden von uns sichern, so dass wir uns für den Nachtflug auch mal hinlegen konnten (irgendwie...). Denn viel anderes als Schlafen konnte man eh nicht. Die Maschine ist noch jungfräulich, so jungfräulich, dass das Bordunterhaltungssystem zwar eingebaut ist, aber ausser der Kartendarstellung über 0 (Null, Nada, Nix) anderen Inhalt verfügte. Entsprechend wurden auch gar keine Kopfhörer verteilt. Es gab dann wie üblich ein Nachtessen (Chicken or Beef) und ein Morgenessen. Ich kam immerhin zu etwa 3-4h Schlaf. Pünktlich landeten wir um halb sechs und damit noch bei Dunkelheit auf dem New Chinggis-Khan Airport von Ulaanbaatar.
Die Einreise war schnell durch und mein Pass um einen Stempel reicher. Gepäck war auch bald da und so waren wir um sechs im Terminal und durften mal wieder warten. Drive Mongolia öffnete erst um neun die Pforten und die Fahrt in die Stadt war mit etwa 1h veranschlagt. So enterten wir mal einige Sitzplätze und schauten dann mal, wie wir etwas lokale Währung besorgen konnten. Die ersten Versuche scheiterten wohl an den zu grossen Beträgen, aber schlussendlich hatten wir ein paar Hunderttausend Tögrög in den Taschen. Gegen acht Uhr besorgten wir uns dann eine Mitfahrgelegenheit, welche uns in die Stadt brachte. Die Adresse war dem Fahrer nicht geläufig, aber er kontaktierte dann einen Kollegen der via weitere Kollegen irgendwann den direkten Kontakt zu Drive Mongolia hergestellt hatte und so wurde dann die Location ausgetauscht - natürlich alles während der Fahrt. Die Fahrt über die fast leere Flughafenautobahn war kurz, dafür war dann ab deren Ende am Stadtrand bis zu Drive Mongolia in der Nähe des Stadtzentrums ein riesiges Ghetto. Wir schnappen ein erstes Mal eine Prise Berufsverkehr in Ulaanbaatar. Aufgrund fehlender Umfahrungsstrassen muss der gesamte Verkehr auf einigen wenigen Ost/West und Nord/Süd Achsen durch die Stadt. Resultat: Stop&Go vom feinsten und da jeder noch drängelt bis zum geht nicht mehr ein Chaos pur. Aus einer Stunde wurden dann fast 2 und so waren wir erst gegen halb zehn bei Drive Mongolia. Das Büro war in einem etwas heruntergekommenen Gebäude und sah so gar nicht nach Autovermietung aus. Es war auch niemand da. Mit Telefon und Whatsapp gab es dann die Info - man stecke im Stau, das Fahrzeug stehe aber schon vor der Tür und Schlüssel sei in der Stossstange versteckt - wir sollen uns schon mal mit dem Auto vertraut machen. Und ja, da stand ein Ford Ranger mit Dachzelt. Schon in der Vorwoche gab es die Info, dass leider kein Toyota Landcruiser verfügbar sei, da Vormieter das Fahrzeug in einem Fluss versenkt haben und es wohl nicht reiche den zu reparieren.
Schlussendlich waren wir aber auch mit dem Ford zufrieden. Gegen zehn tauchte dann auch die Sekretärin auf und so konnten wir das Vertragliche regeln. Ergänzend zur Anzahlung von 1600$ waren nun noch die restlichen 1600$ geschuldet, dazu ein Depot von 2000$ respektive 1900€. Wir bekamen dafür dann aber nebst dem Fahrzeug eine Campingausrüstung mit zwei Zelten, Campingstühlen, Tisch, sowie eine Kochausrüstung und dazu obendrein noch einen 12V-230V Inverter, den uns ein weiterer Angestellter von Drive Mongolia vorbei brachte. Auch er steckte im Stau fest und so waren wir dann erst um den Mittag herum ready um loszulegen.
Angesichts der kurzen Nacht waren wir alle drei der Ansicht, dass wir heute Abend noch eine Hotelnacht einlegen wollen und so buchten wir uns im Sunjin Grand Hotel in Ulaanbaatar zwei Zimmer.
Danach stürzten wir uns aber auch ins Verkehrschaos und fuhren mal in Richtung Bumbat Pass südlich von Ulaanbaatar. In den Aussenbezirken gab es einen Abstecher zu einem Super Markt, wo wir uns mal mit ersten Vorräten eindeckten. Nebst Getränken und Junk-Food gehörte da auch eine erste Ladung an kochbarem Essen dazu. Zurück on the Road sahen wir gerade eine Wagenschlange in Richtung Süden entschwinden. Der war weg, aber wir hofften natürlich auf mehr und so stellten wir uns bei Chonchor mal an die Strecke. Schon bald kam ein weitere Südfahrer - unser erstes Foto war in der Kiste:
Da der Zug nun den bekannten 180° Loop befuhr, stellte ich mich mal noch auf dem oberen Level hin. Doch es resultierte dann ein erster halber Wolkenschaden:
Da wir an einer Zweirichtungsstelle waren, warteten wir weiter. Bald danach kam auch ein Nordfahrer:
Die Stelle hatten wir, auch drehte das Licht langsam so, dass wir auf der anderen Seite des Loops stehen konnten. So hoppelten wir dann mal über die allgegenwärtigen Erdpisten auf die andere Seite und bekamen so einen ersten Eindruck was uns die nächsten 2 Wochen erwarten dürfte. Der Verkehr war nun aber plötzlich wie weg und so mussten wir fast anderthalb Stunden warten, bis wieder was vor uns durchdieselte. Es war ein Kistenzug nach Norden:
Quasi in Blockdistanz rund 20min später folgte ein Kohlezug ebenfalls nach Norden.
Zu unserer Freude hatten wir aber im nahen Bahnhof bereits einen Südfahrer ausgemacht, der dann nach erfolgter Kreuzung bei uns vor der Linse auftauchte:
Wir warteten weiter und sahen, dass rund knapp 40min später ein weiterer Südfahrer auftauchte. Bereits war für uns ein Schema feststellbar. Kreuzungsstellen waren alle paar km vorhanden, so dass die Fahrt zwischen zwei Kreuzungsstellen so etwa 10-15 min pro Richtung dauerte. So hatten wir Anhaltspunkte wann was auftauchen kann, falls eine Kreuzung stattfindet oder wie schnell ein Zug einem anderen Zug in die gleiche Richtung folgen kann.
Der Kistenzug fuhr in bestem Licht an uns vorbei. Im Hintergrund regnete es aus einer der Wolken, so dass sich auch ein kleiner Regenbogen zeigte:
Wir warteten aber weiter, denn es sollte noch der tägliche Personenzug in den Süden nach Zamiin-Uud auftauchen. Könnte noch klappen mit der immer tiefer werdenden Sonne und den Schatten des Hügels wo wir drauf standen, welche langsam aber unaufhaltsam in Richtung Strecke wanderten. Es wurde dann sehr eng und ein Bereich lag schon im Schatten, aber es klappte:
Wir waren äusserst zufrieden mit dem Nachmittag, aber auch Müde und so machten wir uns dann auf den Weg in Richtung Hotel. Neel lotste uns zielgerichtet durch das Verkehrschaos, nur um dann vor Ort festzustellen: da ist ja gar kein Hotel? Nochmalige Klärung von Adresse mit Google Maps ergab, dass Booking das Hotel an einem komplett falschen Ort verzeichnet hat. Für uns bedeutete dies nun, dass wir einmal durch die halbe Stadtkurven durften. Wir hätten im ersten Anlauf auch einen einfacheren Anfahrtsweg machen können, so aber ging es einmal mitten durch das Verkehrschaos. Und Chaos ist quasi nur der Vornahme. Mit eingeschalteter Verkehrsinfo waren alle Strassen im Zentrum von Ulaanbaatar in der Kategorie dunkelrot eingefärbt. Der Schlenker kostete uns dann nebst vielen Nerven über eine Stunde und das für nur ein paar km. Müde kamen wir dann im Hotel an. Bevor wir ins Bett fielen, gab es aber in einem Koreanischen Restaurant im Hotelkomplex selber noch was zwischen die Zähne. Dann war aber bald fertig. Morgen geht es früh raus.
Dienstag 19.9.
Für die nächsten Tage soll es im Norden mehr oder weniger schön sein, so dass wir uns mal in die Richtung wagten. Ziel war "das Tal", daher der Abschnitt der Bahn zwischen Batsumber und Zuunkhara. Dort finden sich viele schöne Stellen. Problematisch ist aber leider die Zugänglichkeit. Strassen gibt es keine und man ist auf nur unzureichend in Kartenwerken verzeichnete Erdpisten angewiesen. Wie das Zeugs fahrbar ist -> ?. Allenthalben sieht man aber überall Toyota Prius die quer durch die Gegend fahren, also sollten wir mit unserem Ford Ranger da ja durch kommen. Die Frage war halt nur wie und mit wieviel Zeitaufwand.
Um dem Verkehr in Ulaanbaatar etwas auszuweichen waren wir schon früh auf den Beinen und fuhren kurz nach sechs Morgens los - ein weiser Entscheid und wir kamen noch recht gut durch die Stadt und waren bald in Richtung Batsumber unterwegs. Bei Nogoontolgoj stellten wir uns mal an die Strecke. Die Stellensuche war in dem Abschnitt gerade etwas schwierig, da die Bahn am Fusse der Hügel verkehrt, wir aber derzeit talseitig stehen mussten und es dort eigentlich nur flach ist.
Wir hofften auf Südfahrer - doch zuerst tauchte was in der Gegenrichtung auf:
Wir warteten weiter. Rund 1h später kam erneut ein Nordfahrer:
Rund eine Stunde später war es Zeit für den Personenzug nach Norden. Mangels Alternativen blieben wir hier:
Bevor wir endgültig einen Stellenwechsel vornahmen hofften wir, dass allenfalls im nächsten Bahnhof endlich ein Südfahrer kreuzen würde. Wir wurden aber mit einem weiteren Nordfahrer eingedeckt:
Endlich hatte die Sonne soweit gedreht, dass wir bergseitig stehen konnten. Wir fuhren mal weiter in Richtung Batsumber und sahen dann plötzlich einen Zug nach Süden auf uns zukommen. Es reichte noch zu drehen und an eine kurz zuvor passierte Stelle zurückzufahren:
Für den täglichen Personenzug nach Süden stellten wir uns dann einige Kilometer weiter hin. Er kam pünktlich auf die Minute. Eine durchziehende Wolke machte es kurz spannend, aber schlussendlich reichte es für ein schönes Foto:
Wir fuhren dann weiter in Richtung Tal. Bei Batsumber endete dann die Asphaltstrasse und das Gehoppel begann. Wir stellten uns kurz nach dem Ort auf einen Hügel mit Zweirichtungsblick. Die Präferenz war aber klar - ein Südfahrer bitte...
Zwischenzeitlich durfte ich mal erste Gehversuche mit Davids Reservedrohne unternehmen. Ich bin da bis jetzt absolut ohne Erfahrung. Neel und David sind beide seit Jahren mit eine Drohne unterwegs. David hat sich irgendwann sogar eine zweite Drohen als Reserve besorgt, welche er im Hinblick auf allfällige Einsatz-Möglichkeiten für mich in den kommenden Tagen ebenfalls eingepackt hat. Danke an der Stelle!
Ich schoss mal ein paar Bilder von unserem Standort und machte mich mit dem Handling vertraut.
Gegen halb sechs kam dann endlich was - leider für uns ein Nordfahrer:
Kurz nach sechs war dann aber Licht aus. zudem wollten wir auch noch etwas weiter in Richtung Tal vorwärts kommen. Die Frage aber war welche Weg denn genau dorthin führt. Schlussendlich lotste Neel uns auf eine üble Schlaglochpiste welche aber am vielversprechendsten aussah. 1h später - wir waren nur einige wenige Kilometer weit vorgedrungen und noch weit weg vom Ziel, zogen wir aufgrund der einsetzenden Nacht die Reissleine und suchten uns eine Stelle wo wir das Nachtcamp aufschlagen konnten. Dachzelt und die Zusatzzelte waren schnell gestellt und wir kochten uns ein einfaches Abendessen: Teigwaren mit Dosenerbsen, Dosenragout und Tomatensauce. Bevor wir uns in den Schlafsack verkrochen, stellte ich noch kurz das Stativ und schoss einige Bilder Milchstrasse. Lichtquellen gab es nur wenige in der Gegend, zudem war fast Neumond und so war die Milchstrasse klar erkennbar:
Dann verkrochen wir uns aber bald in die Schlafsäcke, sanken die Temperaturen doch auch schnell gegen 0° Celsius runter.