Zwischen glitzernden Wolkenkratzern - Teil 1
Von Peter Hürzeler
Nur gut drei Wochen nach meiner Rückkehr aus den USA, war ich schon wieder unterwegs dorthin. Ich war im Frühjahr mit meiner langjährigen Partnerin Desi in Kalifornien unterwegs, wo wir uns auch entschlossen den zukünftigen Weg nicht nur gemeinsam, sondern so richtig richtig gemeinsam zu begehen. Wir fuhren dazu aber nicht rüber nach Las Vegas, sondern machten uns dann in der Schweiz an die Planung. Wir bekamen schon fast unüblich schnell einen Termin für die Vermählung und so haben wir im Frühherbst geheiratet. Blieb dann das Thema Flitterwochen. Wirklich viel Ferien hatten wir beide nicht mehr übrig. Jeweils nach dem Fulehung - ein lokales Stadtfest in Thun das sich über drei Tage zu Beginn der Herbstferien erstreckt - hat der Betrieb von Desi jedoch für eine Woche Betriebsruhe. Ich konnte mir die Tage irgendwie auch noch zusammenkratzen, so dass wir zumindest ein paar Tage gemeinsam verreisen konnten. Schnell waren wir bei einem Städtetrip angelangt. Einmal mehr blieb aber die langjährige Idee Portugal (Lissabon/Porto) auf der Strecke. British Airways machte uns im April ein so unschlagbar günstiges Angebot für ein anderes Wunschziel, so dass wir nicht nein sagen konnten: Chicago.Die Stadt war schon länger als Idee im Hinterkopf, nur liess sie sich bei all unseren USA Reisen bis jetzt nur schlecht integrieren. Viel zu weit im Osten, als dass man da von Westen her mal eben hinfährt. Selbiges gilt aber auch von der Ostküste her. Und rundherum um Chicago ist es irgendwie auch nur flach und mässig spannend. Vielleicht tun wir da der Gegend unrecht, ist einfach so unsere aktuelle Einschätzung. Die Stadt selber ist aber unserer Meinung nach eine Reise wert. BA flog uns nun für schlappe CHF 420.- pro Person ab Zürich via London Heathrow nach Chicago O'Hare und zurück. Ok, nur mit Handgepäck, aber für die paar Tage geht das problemlos. Ich war ja schon der Meinung, dass mein 2017er Flug mit Air Berlin für damalige CHF 515.- von Zürich via Düsseldorf nach San Francisco eigentlich nicht mehr zu toppen ist. Wir griffen entsprechend zu und buchten.
Im Sommer kam dann leider eine Mail, dass der gebuchte Flug gegen Mittag ab Zürich nach London Ausfall sei. Wir mussten dann auf den früheren Flug mit Abflug um 0715 umbuchen. BA war aber so freundlich auch den Anschluss so umzubuchen, dass wir nach wie vor nur 3h Umsteigezeit in Heathrow haben und dafür schon gegen 1400 in Chicago landen. Nachteilig, dass wir nun mit dem Auto an den Flughafen Zürich anreisen müssen, da wir mit dem ÖV keine Chance haben so früh dort zu sein.
Ich war dann im Vorfeld auch noch ein bisschen auf Stellensuche für Bahnfotos. Wie üblich galt: Es sind primär mal gemeinsame Ferien, aber wenn es sich gerade ergibt, kann man auch mal eine halbe Stunde investieren. Und gerade Chicago bietet doch einige nette Stellen die auch einfach erreichbar sind - das war schnell klar.
Mittwoch 28.9.2022
Los ging es viel zu früh. Bereits um 0230 klingelte der Wecker und kurz nach 0300 waren wir unterwegs mit dem Auto nach Zürich Flughafen. Wir kamen sehr gut durch und kurz nach fünf Uhr morgens stellten wir unser Auto im Parking 6 ab. Schnell hatten wir den Checkin hinter uns und waren durch die Sicherheitskontrolle durch. Danach genehmigten wir uns zuerst einmal ein Morgenessen, bevor wir dann noch zum Dock E rüber mussten. Der Flug nach Heathrow war schnell durch. Wir hatten dann zuerst einmal einen Terminalwechsel von 5 zu 3 vor uns. Das bedeutete dann auch einen erneuten Sicherheitscheck in Terminal 3. Die Schlange in der wir eingeteilt wurden rückte aber nur extremst langsam vorwärts. Die Person am Scanner war ziemlich überfordert mit der Arbeit. Quasi jedes zweite Gepäckstück wurde zur manuellen Nachkontrolle aussortiert. Entsprechend ging es (nicht) vorwärts. Wir hatten aber genügend Zeit.
Schlussendlich blieb uns eine gute halbe Stunde zum Zeit totschlagen, bevor das Boarding stattfand. Für den Weiterflug ging es in einen Dreamliner der American Airlines. Der Flug war erneut unspektakulär. Da wir Gangplätze hatten, war auch nichts mit rausschauen. Dafür hatte man Zeit sich dem Entertainmentangebot zu widmen, was gar nicht so schlecht war. Kurz nach zwei landeten wir dann in O'Hare und knapp eine Stunde später waren wir eingereist. Mit dem People Mover ging es dann von unserem Ankunfts-Terminal 5 zu Terminal 3 rüber, wo wir dann die Station der "L" aufsuchten. Die "L" - Kurzform für Elevated und damit der Spitzname der Chicago Metro - wird uns die nächsten Tage begleiten. Innerhalb der Stadt kommen wir mit den Öffis am Besten durch, so dass wir kein Auto gemietet haben. Wir lösten dafür beide eine Mehrtageskarte für die "L" und das Busnetz, beides betrieben durch die Chicago Transit Authority. Nach lösen einer Ventra Card, sowie aufladen des 7-Day Pass darauf konnten wir loslegen. Die Blue Line brachte uns innert 45min direkt ins Zentrum und fast bis vor unser Hotel, welches strategisch passend direkt am Chicago River lag. Wir hatten uns ein Zimmer im Hotel Wacker gebucht. Wir konnten dann noch wählen ob wir irgendwo im 20. oder im 34. Stock nächtigen wollen. Wir bevorzugten letzteres. Beim Bezug stellten wir dann fest: Geile Aussicht, gut gewählt :)
Nach einer kurzen Verschnaufpause warfen wir uns noch etwas ins Getümmel. Durch die Wolken gab es Theaterbeleuchtung:
Wir liefen ein paar Blocks weiter zum Hard Rock Café, wo wir noch was gegen unser Hüngerchen unternahmen. Kurz vor Sonnenuntergang waren wir dann wieder zurück im Hotel. Danach war dann aber schon bald endgültig Schluss bei uns. Wir zollten dem frühen Aufstehen Tribut. Bevor es aber ins Bett ging, gab es noch ein paar Aufnahmen direkt aus unserem Zimmer raus:
Donnerstag 29.9.2022
Wir waren schon ab vier Uhr vereinzelt wach. Den Sonnenaufgang nahm ich dann so halbwegs wahr und konnte so auch das eine oder andere Foto machen.
Die Wettersituation war aber etwas trügerisch: über Chicago hing ein Wolkendeckel, welcher erst gegen Mittag weg sein soll. Wir besorgten uns mal was zum Morgenessen in einem nahen Starbucks und fuhren dann mit dem nächsten Bus ins bekannte Field Museum of Natural History, wo wir dann mal für ein paar Stunden versorgt waren. Gegen ein Uhr hatten wir dann genug Museum gesehen, zudem schien draussen nun auch die Sonne, so dass wir mal zu Fuss von dort die Roosevelt Road entlang in Richtung Union Station liefen. Auf dem Weg dahin passierten wir die Agora Big Feet Skulptur:
Ziel war die Ausfahrt aus der Union Station, wo ich ein paar Bahnfotos machen wollte. Dazu ging es einmal entlang der Roosevelt Road auf der sich auch die Stelle befand. Zuerst kam man aber über die Gleise der Zufahrt zur Metra La Salle Station. 2003 konnte man dort noch Züge fotografieren:
F40PHM-2 #204 mit einem Commuter Train kurz vor der Endstation LaSalle Street (Foto: John Feild / Slg. P. Hürzeler)
Heute ist da nichts mehr von Freiflächen links/rechts der Bahn, sondern die Gleise sind eingepfercht zwischen mehrstöckigen Gebäuden. So liefen wir gleich weiter bis zur Stelle bei der Ausfahrt aus der Union Station. Wir waren kurz vor zwei Uhr dort, gerade passend für den California Zephyr:
2003 sah die Stelle übrigens noch etwas anders aus. Links befand sich zu dem Zeitpunkt noch eine unbebaute Fläche - heute ist dort ein Einkaufszentrum:
P42DC #197 und #182 mit einem Personenzug bei der Ausfahrt aus Chicago (Foto: John Feild / Slg. P. Hürzeler)
F40PH-2 #182, F40PHM-2 #202 und #199 im Bahnhofsvorfeld von Chicago Union Station (Foto: John Feild / Slg. P. Hürzeler)
P42DC #62, #147, B32-8WH #508 und P42DC #139 mit einem Langstrecken-Personenzug beim Verlassen von Chicago Union Station (Foto: John Feild / Slg. P. Hürzeler)
Ich hatte mir bei meiner Frau ein Zeitfenster von rund 1h gesichert, kam doch in der Zeit noch mehr interessantes durch. Schon 15min später kroch z.B. ein Wolverine unter den Wolkenkratzern hervor. Bespannt war er mit einem Charger von Amtrak Midwest. Direkt hinter der Lok war einer der neuen Venture Wagen von Siemens eingereiht, welche nun langsam in Betrieb kommen:
Nebst Amtrak war hier aber auch Metra unterwegs. In unsere Richtung verkehren die Züge der BNSF Railway Line, der Heritage Corridor und des South West Service. Im Rücken von uns befindet sich zudem ein grosses Unterhaltszentrum von Metra, welches nun langsam begann die Züge für den Feierabendverkehr bereit zustellen. Entsprechend war immer mal wieder was an Bewegungen von Metra zu sehen.
F40PHM-3 #214 und F40PH-3 #103 stossen jeweils einen Leermaterialzug für die die kommende Rush Hour in den Bahnhof Chicago Union Station
F40PHM-3 #213 mit einem Zug der BNSF Line nach Aurora bei der Ausfahrt aus der Chicago Union Station
Eigentlich hatte ich da kurz nach drei noch eine weitere Amtrak Leistung auf dem Radar: der Empire Builder in Richtung Seattle/Portland. Doch der wollte einfach nicht kommen, obwohl die Amtrak App eine passende Abfahrtszeit ausspuckte. Ein Blick auf Google Maps offenbarte dann den Grund dafür: ich hatte verpasst, dass der die Union Station in eine andere Richtung verlässt. Blöd gelaufen...
Von einer nahen Bushaltestelle fuhren wir dann zurück in Richtung Hotel, machten aber - weil wir gerade nebenan vorbei fuhren - noch einen kurzen Stopp bei der Union Station selber. Einmal mehr ein Prachtsbau (besonders im Innern), wie dies auch bei anderen Union Stations in den USA (und eigentlich auch anderen Bahnhöfen auf der Welt) der Fall ist.
Die Great Hall der Chicago Union Station, links über dem Durchgang die Skulpturen "Night" and "Day" von Henry Hering
Dann ging es aber endgültig zurück in Richtung Hotel. Wir hatten schon im Vorfeld für den Abend eine Beer & Barbecue Schifffahrt gebucht. Die Zeit bis dahin überbrückten wir noch mit einem kurzen Nickerchen, bevor wir uns dann zum Pier gleich gegenüber unseres Hotels beim Trump International Tower begaben. Die Tour führte einmal aufs Meer, eh auf den Lake Michigan raus, wo wir den Sonnenuntergang miterleben durften. Dazu gab es ein paar kleinere fertig abgepackte Pulled-Pork Burger und ein kleines Biertasting (2 Sorten) einer lokalen Brauerei.
Auch wenn die Schifffahrt genial war - von Beer & Barbecue hätten wir uns etwas mehr versprochen. Gerade das Wetter machte heute wirklich mit und wir genossen einen geilen (sorry für die Wortwahl) Sonnenuntergang hinter der Skyline. Gegen 20 Uhr waren wir dann zurück. Wir kauften uns bei einem nahen 7-Eleven dann noch einen Zusatz-Snack und ein Bier (eben: Beer & Barbecue war eher mau) und verzogen uns anschliessend ins Hotel. Hier gab es noch ein Nachtfoto aus dem Zimmer raus, bevor dann endgültig Schluss war für heute:
Was wir weiter erlebt haben gibt es dann ein anderes mal hier auf dem Kanal.