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Spätsommer in Finnland (8/8)

Von

Kuopio, 28.08.2022

Heute geht es den langen Weg zurück. Für die beiden Schweizer nach Turku auf die Fähre, um danach ihre Skandinavien Tour in Schweden und Norwegen weiter fortzusetzen, und für mich dann noch in eine „Extrarunde“ nach Helsinki. Genauer dort zum Flughafen, Auto abgeben, was zum Essen suchen und mein müdes Haupt kurz ablegen. Ja wirklich nur kurz, klingelt doch schon gleich nach Vier bereits wieder der Wecker. Abflug um 6:00 Uhr irgendwas! Wer denkt sich den so einen Mist aus.

Und da haben wir auch schon das Problem, was die vergangenen Tage und vor allem heute für Gesprächsbedarf mit einer gewissen Sprengkraft sorgt. Denn während vor allem Nil verständlicherweise den Fototag so weit als möglich ausnutzen, und vor allem die Zeit zwischen Absetzen am Hafen und einschiffen so kurz wie möglich halten will, möchte ich im Gegenzug ebenso verständlich nicht er irgendwann in der Nacht in Helsinki aufschlagen, ohne Aussicht noch was zum Essen zu bekommen und mit noch mehr verkürzter Nachtruhe.

Wie gesagt, durchaus ein Reizthema. Und ausgestanden ist die Diskussion mit Sicherheit auch noch nicht, auch wenn ich mich gestern Abend schon habe erweichen lassen, indem ich meinen eigentlichen Zeitplan eine Stunde nach hinten geschoben habe.

Aber erstmal ist an diesem letzten Fototag in Finnland Frühstück angesagt. Und dazu mussten wir uns auch schon früh aus den Betten schälen. Naja, eigentlich ja mehr wegen des Pendolinos, den wir auf der bekannten Fotobrücke ablichten wollen. Aber da wir uns nach dem Bild auf den Weg gen Süden machen wollen, sind halt die Programmpunkte frühstücken, auschecken und Stelle anfahren, vorher abzuarbeiten.

Jetzt schlendern wir munter schwatzend die Rampe zur Straßenbrücke hoch, die als Teil des Kallansillat den Kallavesi überspannt und dabei zusammen mit der Autobahnquerung die mittig liegende Eisenbahnbrücke einfasst. Noch scheint die Sonne, auch wenn die Kante der Schlechtwetterfront näher ist als vorhergesagt. Wird wohl das letzte Sonnenbild des Tages und damit auch des diesjährigen Urlaubs. Was soll man machen?!?





Sm3 7105 rollt als S64 von Kajaani nach Helsinki über den Kallansillat Kuopio.






Bild im Kasten und damit Abmarsch, denn der eigentlich kurz darauf von einer Dieselbahn anstehende Güterzug fällt laut Julia heute leider wegen „is nich“ aus. Schadééé! Aber halt nicht zu ändern.

Nur wenig später, kaum dass wir die Stadtgrenze von Kuopio hinter uns gelassen haben, heißt es dann „tschüss Sonne und Licht“. Wolken über uns tauchen die Szenerie um uns in graues Zwielicht. Bestens geeignet zur Herstellung von erstklassigem Pixel-Sumpf. Trotzdem wollen wir nicht einfach nur so durchrollen. Es ist immerhin trocken und mit Hilfe eines großen Bildsensors und elektronischen Helferleins lässt sich ja vielleicht doch noch etwas zaubern.

Erste Gelegenheit dazu ist der T3031 von Tampere nach Kuopio. Eine Leistung die geradezu nach einer Sr1 schreit. Und somit Grund genug, sich auch bei dem „Licht“ rauszustellen. Und da es meine Begleiter auch so sehen, lotst uns Nil zielgerichtet nach Naarajärvi.

Dort hat man leider anscheinend modernisiert. Was zur Folge hat, dass der Bahnhof und seine Peripherie nachhaltig verwüstet sind. Aber mit etwas rauslaufen geht’s und wenig später klicken die Verschlüsse das nächste Mal.





T3031 von Tampere nach Kuopio, geführt von Sr1 3030, kurz vor dem Bahnhof Naarajärvi.






Bingo! Wieder eine Lücke in meinem persönlichen Archiv geschlossen. So könnte es jetzt weiter gehen. Denn nur rund eine Viertelstunde später steht schon der nächste Zug an. Wieder Sr1 verdächtig. Wobei, wir hatten solche Leistungen hier oben auch schon mit Sr3 gesehen. Na hoffen wir mal das Beste. Und was soll ich sagen?!





Mit dem aus leeren Holzwagen bestehenden T4333 ist Sr1 3031 von Äänekoski nach Pieksämäki unterwegs.






Perfekt! Nach der 3030 nun die 3031. Immer schön der Reihe nach. Und die hatte nun keiner von uns bisher ablichten können. Hat sich doch rentiert, dieser kleine Abstecher in dieses Naarajärvi. Auch wenn das Licht besch… war und die Wahl eines einigermaßen ansehnlichen Bildausschnittes ein rechtes Gebastel.

Auf dem Weg zurück zum Auto ist dann genug Zeit zu bereden, wie nun weiter. Schnell sind wir uns einig. Drängt sich das nächste Ziel doch förmlich auf: Jyväskylä. Dort mündet, von Westen herkommend, eine Dieselpiste in die elektrifizierte Hauptbahn. Und dort bewältigen Dm12 den, zugegebenermaßen, spärlichen Zugverkehr. Aber eine dieser seltenen Leistungen verkehrt sozusagen zeitlich in Schlagdistanz. Die Fahrstrecke bis dahin zu überbrücken ist bei dem Zeitfenster was wir haben, kein Problem. Allerdings stellt die Stellensuche bei dem bewaldeten Gebiet durchaus eine Herausforderung dar, die dann wiederrum auch ganz schnell ein Zeitproblem nach sich ziehen kann.

Aber erst einmal rollen wir via Landstraße wieder durch die endlosen finnischen Wälder, mit ihren vielen kleinen und größeren Seen. Und während Nil auf der Rückbank sich schon eifrig der Stellensuche widmet, tausche ich mich mit Gubi über die Notwendigkeit aus, wohl bald dauerhaft eine Brille tragen zu müssen. Ob er mich jetzt beruhigen will, dass das nicht so schlimm wäre, oder ängstigen, auf alle Fälle setzt er seine Sehhilfe ab, um mir anhand der „vorbeifliegenden“ Schilder am Straßenrand darzulegen, was er ohne Brille sieht, oder eben eher nicht sieht. So vergeht die Zeit bis Jyväskylä „wie im Fluge“.

Den dortigen Bahnhof passierend, hat jeder von uns wieder seine angestammte Tätigkeit aufgenommen. Gubi und Nil suchen via Luftbild Fotostellen, ich fahre.

Zwei Stellen fahren wir an, die sich als „nicht wirklich“ herausstellen. Eine ginge als Notstelle, aber da passt das Licht nicht. „Das Licht?“

Ja, zwischenzeitlich bricht die Sonne immer wieder durch mehr oder weniger kleine Wolkenlücken. Was natürlich sofort das Verlangen nach einen Sonnenbild nährt und gleichzeitig Potential aufbaut, gnatschig zu werden, wenn es nicht klappt.

Gerne würden wir ja einen der vielen Seen irgendwie mit aufs Bild basteln. Dann noch schönes Sonnenlicht. Wir sind ja überhaupt nicht anspruchsvoll, oder? Erst recht an so einem Tag.

Aber die beiden Jungs finden tatsächlich eine Stelle mit See. Nur ob man da hin kommt oder auf Privatgrund verendet, ist fraglich. Zudem birgt sie die Gefahr, dass wir zu viel Zeit verlieren, wenn wir nach dem Hinlaufen merken, „hier nix gehen“. Dann haben wir DIE EINE erreichbare Leistung verkackt. Also doch die Sicherheitsstelle mit Kompromissbeleuchtung? Nein, wir gehen „all in“!

Vorbei an einem Schild, dass erst abschreckend wirkt, dann aber doch nur davon abhalten soll, als Nichtanwohner hier zu baden, was wir eh nicht vorhaben, geht es dem See entlang, immer Ausschau haltend, nach einer Stelle, an der man gut durch die Bäume kommt und freies Schussfeld auf den Damm hat. Und auch diese finden wir. Perfekt soweit! Nur das Licht an, Licht aus, Licht an, Licht aus, Licht a…. zehrt unglaublich an den Nerven.

Hell ausgeleuchtet ist die Szenerie zur geschätzen Durchfahrtszeit. Und auch danach strahlen Damm, Wald und Wasser um die Wette. Doch als dann sich dann endlich Dieselbrummen vernehmen lässt und Klackern von Schienen, zieht eine Wolke vor die Sonne uns alles säuft ab! Neeeeiiiiin!












Als HDM 482 von Seinäjoki nach Jyväskylä sind Dm12 4402 und 4401 unterwegs, als sie den Damm queren, der Kirveslahti und Myllylahti trennt.






Meine Nerven! Leute, ich sag’s euch, dass macht ihr fei nicht mehr öfter mit mir!

Kurz bevor die Spitze des ersten Triebwagens hinter den Bäumen vorschaute, zog das Licht wieder auf, sabbte wieder ab und kam dann wieder. Nicht voll, aber für die Kategorie Sonnenbild reichts. Was für ein Dusel!

Bester Laune geht es den Weg zurück zum Wagen. Vorbei an Massen von Pilzen, große Steinpilze darunter, die dicht an dicht links und rechts des Weges stehen. Hier bräuchte man nur fünf Minuten mit einer Bratpfanne in der Hand spazieren gehen, und schwubbs hätte man ein Pilzgericht für 10 Personen beieinander. Ungelogen!

Nach dem Regenbild vor ein paar Tagen, jetzt ein Sonnenbild dieser mittlerweile rarer werdenden Triebwagen. Wir sind offiziell angefixt und wollen nun auch noch die Rückleistung machen. Auch wenn dass das Zeitfenster für die Rückfahrt kleiner werden lässt. Alles noch im Rahmen.

Als Ort haben wir den Bahnhof von Keuruu erkoren. Warum? Ganz einfach. Hatte es vorhin noch blaue Stellen über uns, ist jetzt wieder eine Phase mit verstärktem Grau angebrochen. Nur sehr zaghaft und dann auch nur sehr kurz, fällt mal Licht durch die fast geschlossene Wolkendecke. Daher lieber ein Zug im Stehen, mit der Chance, dass sich eine dieser Aufhellungen zeigt, während die Triebwagen einige Minuten in der Station verweilen, als auf der Strecke nur einen „jetzt oder nie“ Schuss zu haben.

In Keuruu angekommen, erweist sich der Bahnhof dann zudem noch als ganz nett, auch wenn eine Baustelle an der Einfahrt von Jyväskylä her, das Gesamtbild doch etwas trübt.

Zeit bis zur Ankunft des Zuges bleibt genug. So können wir in Ruhe einen Happen essen, einem Minibagger zuschauen, beim durchaus erfolgreichen Versuch mit seinem Tempo den Verkehr zum Erliegen zu bringen, und ein zum Gedenken an den Krieg aufgestelltes Artilleriegeschütz zu besichtigen, nicht ahnend, wie präsent dieses Thema nicht mal ein dreiviertel Jahr später plötzlich sein wird.

Dann ist es soweit und die beiden Triebfixe von vorhin laufen ein. Wieder klicken Verschlüsse, auch wenn sich die Sonne diesmal nicht wirklich entscheidend durchsetzen kann. Aber kein Problem, bei dieser Fotostelle, die wir, wie bereits beschrieben, ja nicht ohne Grund ausgesucht haben.






Angekommen im kleinen Bahnhof von Keuruu, Dm12 4401 und 4402 als HDM 481 von Jyväskylä nach Seinäjoki.






Weiter geht’s in Richtung Zielbahnhof.







Das war doch, trotz fehlendem Sonnenlicht, ein ganz netter Zwischenstopp. Sind doch die Triebwagen, die wohl, glaubt man den Meldungen im Internet, mehr durch Unzuverlässigkeit und Brand Schlagzeilen machen, als durch verlässlichen Betrieb, deutlich auf dem absteigenden Ast. Und das Drumherum, was ich rein optisch eher in Schweden verortet hätte, macht Lust auf mehr finnische Nebenbahnromantik. Das finden auch meine beiden Begleiter und so keimt, während wir wieder zum Auto zurück marschieren, der Gedanke in mir auf, das Erkunden der Nebenlinien für den angedachten Besuch im nächsten Jahr, zu einem Hauptprogrammpunkt zu erheben.

Aber noch sind wir hier und heute nicht fertig, hat doch Nil gerade schon wieder das nächste Kaninchen aus dem Hut gezaubert. Nämlich einen Einzelfahrer von Tampere her kommend, der hier in Keuruu enden wird. Und da dieser Ort quasi auf einer „Halbinsel“ liegt, gibt es nicht nur bei der östlichen Bahnhofseinfahrt eine Brücke übers Wasser, nein auch im Westen. Und laut Luftbild sieht die recht gut aus.

Aber halt nur laut Luftbild. Gut, auch vom Boden aus betrachtet macht sie was her. Zwar für diesen Zug nur für einen Nachschuss, doch das wäre o.k.! Außerdem wendet der Triebwagen ja gleich und kommt wenig später wieder zurück. Zwei Chancen also, sollten sich die Wolken wieder tummeln. Trotzdem gibt es zwei gravierende Schwächen. Einmal, man kommt nicht wirklich hin, außer man ist Hanghuhn mit zwei unterschiedlich langen Beinen, und wenn man hinkommt, kann man nirgends vernünftig stehen. Und dann ist da noch der Bewuchs, den der Satellit natürlich nicht zeigt. Geschätzt eine Rotte aus 5 Männern wäre drei Tage beschäftigt, um die Stelle einigermaßen begeh- und fotografierbar frei zu schneiden.

Also umkehren und was Neues suchen. Und da der Zug schon langsam drückt, landen wir, anstatt bei „weiß-grüner Triebwagen im Sonnenlicht auf Stahlbrücke über dem blaugrauen Wasser des Sees mit seinen leicht kräuselnden Wellen“ beim allseits beliebten Motiv „Waldbahnübergang“. Immerhin, das Sonnenlicht ist uns geblieben!






Auf dem Weg Richtung Endstation ist HDM 423 von Tampere nach Keuruu, als Dm12 4413 die lange Gerade nahe Löytty herauf kommt.






Ein Bild mit finnischem Andreaskreuz geht immer. Auch wenn ich nur mit Mühe Gubi aus dem Bild halten konnte, der im Begriff war, in der Intension diesen Blick auch zu verewigen, mir direkt in die Schusslinie zu laufen.







Das hat ja mal fein geklappt. Ein Neuer im Archiv und die Sonne war auch draußen. Kurzer Blick aufs Kameradisplay. Wenn ich ehrlich bin, gefällt mir der Nachschuss besser als der eigentliche Hauptschuss.

So, aber nun schnell zusammengepackt und die Stelle gewechselt. Weiter hinten, nahe dem Einfahrtssignal von Haapamäki geht eine Brücke über die Gerade. Nichts spezielles, aber wenn wir schon mal hier sind und der Triebwagen nach seiner Kurzwende gleich wieder da ist. Dann sollte man sich das nicht entgehen lassen. Zeigt doch der Zeitmesser auf dem Handy auch, dass es danach so schön langsam ans Abdampfen geht.

Die Rampe ist lang, die wir bepackt nach oben hasten. Immer mit Blick auf die Uhr und an den Himmel, ob es sich denn noch ausgeht mit einem weiteren Sonnenbild. Und es geht!





Durch die endlosen finnischen Wälder brummt Dm12 4413 in Richtung des Abzweigbahnhofs Haapamäki. Dort wird er die Fahrtrichtung wechseln, bevor es als HDM 426, von Keuruu kommend, weiter nach Tampere geht.






War jetzt, wie gesagt, nichts Spektakuläres, das Bild, aber „landestypisch“. Und ein weiteres Sonnenbild dieser Baureihe, die sich, glaubt man den Meldungen, wie bereits mehrfach erwähnt, in absehbarer Zeit aus dem Betriebsdienst verabschiedet. Sei es aus planerischen Bestrebungen der VR oder aus Suizid einzelner Fahrzeuge, durch spontane Selbstentzündung.

Im Gänsemarsch geht es die Brücke herunter. Immer am Böschungsrand entlang, was trotzdem nicht verhindert, dass rücksichtsvolle Autofahrer beim Passieren via Gegenspur einen maximalen Sicherheitsabstand zwischen ihr Blech und unseren Gestalten legen, als würde hier eine Herde ausgewachsener Elefanten durchs Unterholz brechen.

Wir sind leicht in Eile, denn Nil hatte kurz vor dem Abmarsch mit der Erkenntnis überrascht, dass der Triebwagen ja bekanntermaßen im nahen Haapamäki Kopf macht, um dann nach Süden in Richtung Tampere weiter zu rollen. Da könnte man ihn sich nochmal schnappen. Nur um gleich, meiner, wegen „Du weißt doch, dass ich via Turku heute noch nach Helsinki muss und keine Lust habe….“, hochgezogenen Augenbraue, nachzuschieben, dass es kein Umweg wäre, sondern fahrtechnisch sowieso auf dem Weg. Na gut, dann gerne noch ein Bild. Aber dann geht es wirklich, und ohne weitere Zwischenstopps, in die westfinnische Hafenstadt!

Weit ist der Weg nicht, bis zur ausgewählten Stelle. Und selbst die kurze Strecke wird von der Rückbank her kurzweilig gestaltet, mit der Information, dass diese Linie lange Zeit, die Hauptroute gen Norden dargestellt hat, bis erst in jüngerer Zeit, die weiter westlich verlaufende gebaut worden war.

Die Stelle ist nichts Besonderes. Ein Waldbahnübergang, bei dem man den halben Wald drum herum vor kurzem flachgelegt hat. Recht nett für so einen Einzelfahrer. Nur leider ist’s mit dem Sonnenbild hier nichts, denn während man den Triebwagen schon brummen und über die Schienen rumpeln hört, schiebt sich eine massive Wolke vor den Himmelsstrahler und taucht die ganze Szenerie in dumpfe „Bäh“.

Schnell wechsle ich daher den Standort an „direkt an die Bahn“, um zumindest mit den Blüten im teilgefüllten Wassergraben etwas Farbe in die Szenerie zu bringen.





Auf der alten Hauptbahn brummt Dm12 4413 als HDM 426 nahe Ristimäki, von Keuruu kommend, nach Tampere.






Gut! Der Urlaub endet also, wie er begonnen hat: Mit einem Dunkelbild, weil nicht Sonne! Immerhin, damit schließt sich der Kreis, denke ich, als ich die Kamera final in die Fototasche packe und mich mental auf einige Stunden Auto fahren vorbereite. Heißt doch der weitere Plan „ab nach Turku – die zwei Anderen im Hafen absetzen – ruff auf die Autobahn – ab nach Helsinki – Auto betanken und abgeben – Hotel einchecken – hoffen, dass es irgendwo noch was Vernünftiges zu essen gibt – morgen früh um 4.10 Uhr vom Wecker aus dem Bett werfen lassen!“

Hätte ich besser sagen sollen „so lautet mein Plan“? Zumindest bin ich davon ausgegangen, dass diese Vorgehensweise zwischenzeitlich als allgemeingültig akzeptiert worden wäre, hatte ich das doch im Vorfeld mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht. Zudem bin ich ja schon mit diesem Dm12 Schlenker, zugegebenermaßen „Gott sei Dank“, schon abgewichen. Wodurch sich meine Ankunftszeit in Helsinki sowieso schon in Bereiche verschoben hat, bei denen ich fürchten muss, dass es mit einer vernünftigen Nahrungsaufnahme wohl nichts mehr wird.

Aber irgendwie habe ich mich da wohl getäuscht. Denn meine Mitteilungen sind an Nils Teflon-Einstellung, den Tag am besten noch bis zum Ablegen der Fähre für Eisenbahnfotos zu nutzen, abgeperlt. Denn jetzt, nach nicht mal einer halben Stunde Fahrt, quellen schon wieder Fotostellen und Durchgangszeiten rund um Tampere aus ihm heraus. Mein nun ebenso kategorisch vorgebrachtes „nein, wir fahren jetzt zur Fähre durch, ich hab keine Lust….“ (man kennt den Rest des Textes) sorgt dann auch prompt für etwas, sagen wir mal, angespannte Stimmung.

Ich verstehe ja, dass er lieber Bilder macht, als in Turku ein oder zwei Stunden im Hafen zu sitzen und auf das Boarding zu warten. Aber er sollte halt auch mich verstehen. Also bleibe ich stur und fahre erstmal ohne große Reaktion durch.

Wir haben Tampere schon fast erreicht, da kommt es doch noch zu einem Kompromiss. Schließlich sind wir unvermittelt unter der zwischenzeitlich dichten Wolkendecke wieder hervorgekommen. Ein Zug, an einer „klick and drive“ Stelle, dann haben wir Beide unseren Willen, o.k.?

Ich hätte es wissen müssen. Ja, zugegebener Maßen, die Stelle lässt sich leicht von der Autobahn anfahren. Vom Status einer „klick and drive“ Stelle ist sie aber soweit weg, wie Erdbeereis von Schweinbraten. Erst zockeln wir über Land- und Ortsstraßen, dann gibt es keine Parkplätze, nur auf dem einer Schule ist Platz, wo wir gar nicht wissen, ob wir hier stehen dürfen, und dann geht es auch noch ein ganzes Eck zu Fuß bis zu einem Bahndamm hin, der nun auch nicht gerade ein „must have“ darstellt.

Also hin, und gleich mal den ersten, eigentlich anvisierten Zug verpasst! Anfahrt und Anmarsch waren schlichtweg zu lang! Na toll!

„Hey, macht nichts! Gleich kommt noch einer!“ Stimmt, aber der kommt mit massivem Wolkenschaden und dann noch Steuerwagen voraus! Bingo!, würde ich sagen! Das hat sich mal so wirklich rentiert. Etwas abseits der Zwei stehe ich und dresche im Nachschuss noch auf die für Traktion sorgende Sr2, nur zur Sicherheit, damit ich ihre Nummer habe, bevor ich mich leicht grummelnd wieder zu den Mitreisenden geselle.





Photoshop hilf! Was man mit etwas elektronischer Hilfe doch aus einem Musbild noch alles zaubern kann. Geschoben von Sr2 3216 ist IC 924 mit Edo 28610 an der Spitze von Tampere nach Turku unterwegs.





Ich bin noch bei der Annäherung, da schallt es mir von Herrn N. aus U. schon munter entgegen: „Ich hätte da einen Plan! Willste ihn hören?“! „Nein!“, meine etwas kurze und durchaus mit übellaunigem Unterton hervorgebrachte Replik. „Dann halt nicht….!“

Doch so wirklich kann er sich nicht zurückhalten. Nur Sekunden später sprudelt es aus ihm heraus. Und ich muss sagen, Respekt, es ist wirklich brillant! Löst es doch sofort die aktuellen Spannungen, verkürzt mir die Rückfahrt gewaltig und bringt uns die Chance auf weitere Bilder. Mit Blick zum Himmel, sogar noch mit Licht.

Aber was hat er denn jetzt genau ausgeknobelt? Irgendwie ist er, durch eifrige Recherche draufgekommen, dass einige IC-Züge nach Turku Hafen durchfahren. Und wohl immer dann, wenn Fähren in Richtung Schweden anstehen. Sprich, also auch für ihre. Und da es noch Platz hat und es einen Bahnhof südwestlich von Tampere gibt, an dem man zusteigen könnte, wäre das eine tolle Alternative zum Hofbauerschen Shuttledienst, den man zwar, würde ich darauf bestehen, auch weiterhin in Anspruch nehmen würde, aber die Zug-Variante wäre für uns alle doch besser. Mehr Fotozeit, keinen Knatsch und ich könnte von dort aus direkt nach Helsinki fahren, und wäre vielleicht sogar noch eher da.

Wie gesagt: Chapeau! Die Lösung ist einfach nur genial und ich verneige mich ganz tief!

Flux sind zwei Karten für Nil und Gubi gebucht und ab geht’s nach weiter hinten, wo man Züge in beide Richtungen ablichten kann. Dabei heißt es jetzt aber flinke Füße bekommen, drückt doch von hinten ein Güterzug, zwar „nur“ mit Sr2 bespannt, aber das ist ja schließlich auch schon was. Während Nil und Gubi schon vorausstürmen, möchte ich mir das entgegenkommende Sm4 Doppel nicht entgehen lassen und bleibe noch einen Moment länger stehen.





Regionalzug HL 9700 hat vor wenigen Minuten Tampere verlassen und strebt jetzt seinem Ziel Helsinki entgegen. Zusammen mit dem führenden Sm4 6406 ist Sm4 6414 auf dem Weg in die finnische Hauptstadt.






Fotografisch jetzt nicht unbedingt ein Highlight, und auch das Fahrzeug an sich, drängt sich nicht wirklich für einen Designpreis auf. Wie man überhaupt sagen muss, dass das was jetzt an Bildern und Fahrzeugen folgt nichts Besonderes ist, aber ein Abbild modernen Eisenbahnbetriebs im urbanen Teil Finnlands. Und irgendwann auch mal historisch. Zudem, als unverhoffte Zugabe kommt es allemal gut.

Nach einem kurzen Zwischensprint habe ich die zwei Kollegen eingeholt und gerade rechtzeitig einen, in der nahen Wiesen liegenden, Findling erklommen. Dann rollt auch schon die Sr2 mit ihrem Güterzug heran und das spätnachmittägliche Shooting kann beginnen.






T 3767 von Vuosaari nach Tampere hat hinter Sr2 3217 sein Ziel fast erreicht.






Fahrt frei in Richtung Hauptstadt für die Sr2 3213 mit IC 180 Tampere – Helsinki.






Zur Abwechslung mal wieder ein bisschen kastiger Regionalverkehr. Sm4 6418 und 6328 als HL 9687 Helsinki – Tampere.






Wieder gefolgt vom Fernverkehr. Hier in Gestalt des IC 923, den Sr2 3236 von Turku nach Tampere bringt.







Dieser Zug ist mit seinem Startbahnhof Turku auch das Stichwort um aufzubrechen. Bis zum Auto ist es ein Stück zu laufen und wer weiß, was auf den Straßen los ist. Im verbliebenen Zeitfenster sollte es easy zu schaffen sein, aber großen Puffer für den Fall der Fälle haben wir nun nicht mehr.

Nil sieht das, wie gewohnt möchte ich fast sagen, etwas anders und kaum sind wir wieder vorne an der Brücke, kramt er auch schon das nächste „…..in drei Minuten kommt dann ein Zug von da und in fünf oder sechs sollte einer….“. Nun wird es aber auch Gubi zuviel. Vor dem Hintergrund der drohenden Gefahr den eigenen Zug zu verpassen, lässt er ein deutliches und unmissverständliches „jetzt ist gut“ erschallen, um danach ohne Verzögerung weiter gen Auto zu stapfen. Hätte sich eh nicht rentiert, eine Wolke verdunkelt fast zeitgleich die Sonne nachhaltig.

Weit ist es nicht zu fahren und der abendliche Verkehr hält sich in Grenzen. So stehen wir bald darauf am Bahnhof in Toijala. Dort trennen sich die Linien nach Helsinki und Turku. Und dort heißt es jetzt nach rund einer Woche schon wieder Abschied nehmen.

Noch ist Zeit genug dafür, und so helfen mir die Zwei auch gleich noch beim Auto entrümpelt und dem Zusammenbau der Kofferraumabdeckungen. Als alles passt und funktioniert, kommt das große, unvermeidliche Umarmen. Etwas neidisch bin ich schon, war ich doch selbst lange, viel zu lange, nicht mehr in Schweden. Außerdem sind die Tage zusammen, die ich in jeder Minute genossen habe, viel zu schnell vergangen. Aber was hilfts? Übermorgen ruft bei mir die Arbeit. Und irgendwie müssen die Brötchen ja verdient werden.

Also Danke sagen für die schöne Zeit, Hände schütteln und Schulter klopfen, sich gegenseitig versichern, dass es nicht wieder so lange dauern darf, bis wir uns wieder sehen, was erwartungsgemäß natürlich umständehalber wieder nicht klappt, dann verschwinden sie gen Bahnhofsgebäude und ich gen Autobahn! Später macht es dann *bling* und ein Bild am Handy zeigt zwei zufriedene jüngere Herren, die sich in einem finnischen Großabteil freudig ausbreiten und zwei bzw. drei weiteren Wochen Ferien entgegenfahren.

Ich fahre Helsinki entgegen, und der Tatsache, mich, wenigstens vorübergehend wieder zum Fußgänger zu machen. Mein Navi hat mich übrigens verlassen. Irgendwie hat es das zweimalige Durchfahren der Baustelle in Toijala nicht verkraftet. Nun irrt es irgendwie durch die Mitte Finnlands und zeigt mir beständig an, dass ich irgendwelche Seen durchquere. Aber gottlob, braucht man zum Auffinden des Flughafens in Helsinki nun nicht wirklich ein elektronisches Helferlein.

Dort angekommen wäre es aber dann doch praktisch! Zeigt sich nämlich die dortige Tankstelle zwar hell erleuchtet, inkl. Zapfsäulen und deren Zahlen, nur Sprit kommt keiner. Als ich dem ganzen auf den Grund gehen will, stehe ich vor verschlossener Tür, in Augenhöhe ein Zettel, der sich mit etwas Fantasie wie folgt übersetzen lässt: „Nö, Du nicht! Hier nicht und jetzt nicht. Wir haben zu! Such Dir Deinen doofen Sprit woanders! Basta!“.

Gut, es ist sicherlich höflicher ausgedrückt, aber vom Grundsatz her …. ! Ich sehe mich schon durch die Vororte Helsinkis irren, auf der Suche nach Treibstoff, während gleichzeitig die Chance auf Nahrung immer weiter sinkt. Denn ohne Naviunterstützung auf die Schnelle ne andere Tanke finden….

Der Herr sei gepriesen, selbiges hat beim Starten des Wagens seine Amnesie plötzlich überwunden und zeigt sich nun gnädig und mir die nächste Zapfsäule. Und die ist gleich ums Eck. Die Chance auf Essen steigt urplötzlich wieder. Übrigens, als ich vorhin hier ankam, hatte Navi aus, Navi an und Motor aus und Motor an, überhaupt keine Wirkung gezeigt.

Schnell gibt es an der Automatentanke die nötigen Liter, schon bin ich wieder am Parkhaus. Wo geht es jetzt hier nochmal schnell zur Abgabestelle? Mist, anscheinend vorbeigefahren. Alles nur Parkplätze. Karte ziehen, einmal schnell durch, hoffen, dass man mich ohne Zahlen wieder raus lässt und ab in die zweite Runde. Und wieder vorbei! Oder besser gesagt, wieder kein Schild, keinen Hinweis gesehen. Und diesmal lande ich sogar gleich im Nachbarrondell. Aber immerhin seh ich von dort den Fahrweg. Na doofer kann man ihn auch nicht bauen, oder? Also dritte Runde. Und diesmal klappt es. Alles ausgeräumt, schnell Fotos von rund herum gemacht, nicht dass das Auto „plötzlich“ einen Schaden hat, der auf der Rechnung auftaucht, fünfmal geprüft ob wirklich alles zu, schon haste ich hinüber ins Terminal.

Schlüssel in den Abgabeschlitz, den langen Weg zu Hotel genommen, „Hey, da hat es ja jetzt einen Supermarkt! Gut zu wissen. Für alle Fälle.“, und schon stehe ich schnaufend am Counter meiner Herberge. Die junge Dame gegenüber vermittelt, wie in solchen Häusern üblich, den Eindruck als hätte man sich genau auf mich gefreut, beantwortet alle Fragen mit einem Lächeln, vor alle die wichtigste, nämlich ob das Restaurant noch offen hat.

Genau eine Dusche und einen Klamottenwechsel später sitz ich nun hier, hinter einem kühlen Bier, in Vorfreude auf ein lecker angebratenes Stück Fleisch. Die Tour beginnt also wie sie begonnen hat.

Das Handy zeigt mir die fröhlichen Gesichter der beiden Schiffsreisenden, Essensbilder werden getauscht, bis ich nach der zweiten, köstlichen Hopfenkaltschale dann in Richtung Zimmer verschwinde, im Versuch, der kurzen Nacht wenigstens etwas erholsames abzugewinnen.


Epilog
Erbarmungslos klingelt kurz nach Vier der Wecker. Es ist eine Schande. Erst einmal konnte ich in dieser edlen Herberge ausschlafen und das Ambiente genießen. Also raus, ab unter die Dusche und rein in die bereitgelegten Sachen. Dann alles schnell in Koffer und Tasche verstaut, ein letzter Blick und schon geht es raus auf den Flur. Schlüssel ins Kästchen, langer, schweißtreibender Fußmarsch im Schweinsgalopp in Richtung Terminal. Muss ich erwähnen, dass Lufthansa, vom Hotel aus gesehen, ganz hinten abfliegt? Nein, oder?

Wer denkt sich denn nur solche Abflugzeiten aus? Gut, das letzte Mal war es ganz praktisch, führte mich doch mein Weg vom Flughafen gleich direkt an den Schreibtisch. Und dort war ich dann früher, als wenn ich in der nahen Wohnung übernachte. Doch heute? Heute ist Sonntag. Und eigentlich hätte ich Zeit gehabt. Aber es war halt zum Zeitpunkt der Buchung, die günstigste Variante. Und, ich habe wieder Business. Man erinnere sich an den Hinflug und die Geheimnisse der Preisfindung bei Fluggesellschaften.

Also nicht jammern, genießen! Denn wenn man jetzt schon mal aus dem Bett ist, dann ist es eh egal. Und als ob Finnland sich noch mal von seiner besten Seite zeigen und mir zum Abschied den Tag versüßen möchte, zaubert es mir diesen Sonnenaufgang!

Wäre ich jetzt noch im Bett, hätte ich den glatt verpasst! Siehste, es ist gut wie es ist!






Morgens, kurz vor halb sechs, am Flughafen von Helsinki. OH-LKN, eine Embraer ERJ-190LR, der Finnair.






Rund eine Stunde später wird mich D-AINO der Deutschen Lufthansa wieder zurück nach Deutschland bringen.







Tschau Finnland! Schön war es wieder. Dann mal bis nächstes Jahr. Schließlich habe ich es Kettu ja versprochen!

Wenn ich damals geahnt hätte…..