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Spätsommer in Finnland (7/8)

Von

Oulu, 27.08.2021

Es ist ein Zeichen unserer großen Empathie, dass wir auch für die Gruppe, doch etwas eigenartige Menschen, Verständnis haben, die die Erfüllung ihres Urlaubs tatsächlich darin sehen, nicht im ersten Morgengrau aufzustehen, sondern erstmal liegen zu bleiben, möglichst noch bis weit nach 7:00 Uhr, nur um dann den Tag mit einem ausgiebigen Frühstück zu beginnen.

Frei nach dem Motto „man muss jetzt nicht jede skurrile Ausdruckform menschlichen Daseins verstehen, kann sie aber großzügig tolerieren“ sind wir bemüht, ganz auf Rücksicht bedacht, das Räumen unserer Behausung, die Beladung des Wagens und unseren Abmarsch so lautlos wie möglich zu gestalten. So werden Türen nicht zugeklappt, sondern gedrückt und die Konversation findet nur im Haus selbst statt. Ansonsten gibt es Handzeichen und Kopfrucken zur Verständigung. Und das wir am Ende, dank Hybrids, den Ort des Geschehens dann auch noch nur leise summend verlassen, anstatt mit einem aufmunterndem Hochziehen der Drehzahl des Verbrenners, erhebt uns endgültig in den Olymp der edlen Menschen.

Nachdem wir den Schlüssel an der Rezeption in den, dort für früh flüchtende, angebrachten Briefkasten geworfen haben, geht es ab zur nächsten Tanke. Unser Brummsel hat Durst und wir Hunger. So wandert wenig später Explosives in den Tank, Süßes und Herzhaftes in Tüten verpackt in den Fond unseres Wagens.

Dann geht es raus auf die Landstraße, die wir schon gestern Nachmittag unsicher gemacht hatten. Grundrichtung Osten ist angesagt, mit Ziel Utajärvi, wo die Reiseleitung eine freie Fläche ausgemacht hat, an welcher der erste Leerzug gen Nachbarland verhaftet werden soll. Der Himmel ist blank geputzt, die Sonne strahlt, die Stimmung ist gut, nur eine Stunde Schlaf mehr hätte man dann doch gerne mitgenommen.

Angekommen in Utajärvi, gibt es einen Bahnübergang mit schattenlosem Abschnitt, freiem Schussfeld, schnellem Zugang zur Hauptstraße zwecks sofortiger Aufnahme der Verfolgung und Süßes aus den gebunkerten Beständen. Und letzterem können wir uns entspannt widmen, wurde doch die eingebaute Pufferzeit nicht gebraucht und die Stelle hier mit deutlichem Vorsprung vor dem Zug erreicht.





Da ist das erste Bild des Tages im Kasten. Und wunschgemäß, wenigstens was mich betrifft, hängen auch zwei Sr2 vor dem T5256. Es ist der zweite Leerzug des Tages gen Osten und der erste der Licht hat.






Bin ich eigentlich kein so großer 460er Fan, find ich die Lok doch, ähnlich wie die 101er der DB, durch die weit runter gezogene Schürze etwas unförmig, doch kann die finnische Variante mich durchaus begeistern. Woran das liegt, kann ich nicht sagen. Ist es die Lackierung? Die Kombination mit den Doppelstöckern, die die Lok nicht mehr so „plump“ wirken lässt? Oder wie hier, der Kontrast aus stromliniengeformten Loks und schnöden Güterwagen? Egal, zur näheren Betrachtung dieses Paradoxons bleibt mir gerade ebenso wenig Zeit, wie für ein ausgiebiges Freuen über das durchaus gelungene Bild. Nil treibt, zu recht, zur Eile, wollen wir doch den Zug nochmal ablichten, bevor das nächste Highlight ansteht, der erste Kamelzug.

Wir haben ja gestern schon feststellen müssen, dass die Ecke allen Vorstellungen über finnische Eisenbahnlinien zur Ehre gereicht. Viel Wald, um und an den Schienen, und nur wenig Möglichkeiten Fotos zu machen. Außer an Bahnhöfen und an den berüchtigten Waldbahnübergängen. Und aus diesem Grund steuern wir Vaala an. Genauer gesagt, den dortigen Bahnhof. Problem nur, Vaala liegt ein gutes Stück abseits der Hauptstraße. Und man muss eine lange Ortsdurchfahrt nervlich überstehen. Bedeutet das doch in Finnland in der Regel Tempo 30, während der Erzleerzug recht flott unterwegs ist. Und so heize ich etwas schneller als für die Reifen vielleicht gut, auf die schotterübersäte Fläche, die einmal das Bahnhofsareal der zurückgebauten Station war. Immer in der Furcht, dass gleich die beiden Exilschweizer mit ihrer angehängten Wagenschlange unfotografiert an uns vorbei poltern.

Doch es geht sich aus. Zwar steht die Ausfahrt schon, aber wir erreichen noch, wenn auch im Laufschritt, eine ehemalige Laderampe, von der aus wir die bekannte Fuhre, nun von der anderen Seite, ablichten können.











Na hallo! Läuft würde ich sagen. Wenn das so flockig weiter geht, seh ich uns doch noch am Grenzbahnhof aufschlagen. Nicht nur weil wir zügig vorankommen und dabei kein Bild verpassen. Auch die zwei Anderen liebäugeln mittlerweile offen mit dieser Möglichkeit. Ich werde mich nicht wehren.

Jetzt aber erstmal Konzentration auf das anstehende Highlight. Denn zwischenzeitlich suchen muss man nach Leistungen der Sr1, der Siperian Susi, im Personenverkehr. Im Güterzugdienst noch allgegenwärtig, merkt man seit der Auslieferung von immer mehr Vectron doch, wie die Maschinen vor Fensterzügen verdrängt werden. Und so ist diese Strecke nicht nur wegen der Erzzüge interessant, sondern eben auch wegen der Sr1 bespannten IC. Um so mehr, da diese mit einem gemischten Wagenpark aus Ein- und Mehrstöckern unterwegs sind.

Und genau so einen erwarten wir jetzt. Doof nur, dass der in Ost-West Richtung unterwegs ist. Und damit aus der Sonne kommt. Aber unser Zeremonienmeister war nicht untätig und hat eine Stelle gefunden, wo wir zumindest Seitenlicht haben dürften. Also hurtig über Teer und Schotter dort hingeeilt und festgestellt, naja, da hatten wir schon bessere Motive. Egal, hier ist eindeutig das Fahrzeug das Motiv, und dafür passts.

Also erstmal in den Vorräten gewühlt. Einen kleinen Snack in Ehren, kann niemand verwehren. Und während so diverse Schoko- und Erdbeermilch, Nussmischungen, braune Blubberbrausen und ähnliches den Weg alles irdischen gehen, harren wir auf die Dinge, oder besser das Ding, die/das da kommen müsste(n) …… kommen muss/müssen ….. schon längst hätte da sein sollen ….. irgendwie verloren gegangen scheint.

Also Kameras in Bereitschaft, falls es doch unvermittelt hinter der Kurve rauscht, nach dem Handy gekramt. App auf, Zug gesucht, Kartenfunktion, da ist er ….. und er steht! Echt jetzt? Warum?

Nicht weit von unserem Standort, nur einige Kilometer sind es in der realen Welt bis dorthin, leuchtet der Punkt auf der digitalen Karte und rührt sich nicht. Maschinenschaden? Wildunfall? Oder etwa ….. ?

Die gerade noch auf hohem Niveau befindliche Stimmung weicht augenblicklich Betroffenheit, als genauere Nachforschungen genau auf das letztere hindeuten. Zoomt man stark in die Karte hinein, zeigt diese auch Bahnübergänge an, inkl. der unbeschrankten, bis hin zu Feldwegübergängen. Zudem fördert Nil eine Funktion zu Tage, mit der sich der Geschwindigkeitsverlauf anzeigen lässt. Und was sich aus den beiden Informationen ergibt, lässt das Schlimmste befürchten. Der Zug steht auf freier Strecke, nur wenig hinter einem unbeschrankten Bahnübergang. Vorher hat er in kürzester Zeit von 120 km/h auf 0 heruntergebremst. Eindeutig eine Notbremsung.

Unschlüssig wie weiter stehen wir jetzt erstmal an der Strecke. Hier ist auf absehbare Zeit wohl dicht. Wie lange, dass ist die Frage. Dafür müssen wir schauen, ob unsere Vermutung richtig ist. Also machen wir uns, mit leicht flauem Gefühl im Magen, auf den Weg dorthin, wo der Zug stehen soll. Schon von weitem zeigt der Auflauf der Rettungsfahrzeuge uns, dass unsere Vermutung traurige Gewissheit ist.

Jetzt stehen wir beklommen an einem Bahnübergang rund zwei, drei Kilometer weiter und unsere Gedanken gehen an die Insassen des völlig verbeult im Graben liegenden Wagens, in der Hoffnung, dass sie irgendwie, mehr oder weniger unbeschadet aus dem Fahrzeug gekommen sind. Wie unwichtig doch plötzlich Loknummern und gefüllte Archive werden können.

Und wie jetzt weiter? Eins ist sicher. Hier tut sich erstmal nichts. Während westlich von uns Erz- und Personenzüge sich langsam zu stauen beginnen, rührt sich östlich gar nichts mehr, bis kurz eine einzelne Lok als Lz angezeigt wird, mit Fahrplan bis in die Station vor dem Unfallort. Wohl eine Abschlepplok, die die Garnitur zurückfahren soll. Aber die angegebene Abfahrtszeit verstreicht, ohne dass sich etwas rührt und teilweise verschwindet die Leitung sogar ganz.

Also bleiben wir erstmal hier. Einmal, weil gerade keiner so wirklich Elan aufbringt, aber auch aus wieder nüchternen Überlegungen. Wenn hier nichts mehr durchkommt, macht es auch keinen Sinn bis an die Grenze weiterzufahren. Das war nämlich in der Fotokurve vorhin der letzte Stand der Planungen gewesen. Hier stauen sich aktuell die Leerzüge, die irgendwann, wenn überhaupt dann gen Abend erst die Grenze erreichen. Und die beladenen Touren werden sie wohl mal in Richtung Oulu losschicken, um sie dann unterwegs zu parken. Also macht der lange Ritt nach Vartius keinen Sinn. Und da Kamelzug mit Sr1 und Erzzüge immer noch auf unserem Zettel stehen, bleiben wir einfach hier, richten uns häuslich ein und werden so ein Teil des natürlichen Lebensraumes.



















Papagei und Schmetterling in trauter Eintracht. Wer hätte das gedacht. Viele von den Flattermännern sind zeitweise unterwegs, während die Minuten in der immer höher steigenden Sonne zäh dahinfließen. Völlig ungeniert belagern sie nicht nur unsere Ausrüstung, sondern setzen sich auch auf uns ab. Ansonsten ist es still hier. Nur ab und zu brummt mal ein Auto oder ein Bulldog an unserem Standort vorbei, deren Fahrer*innen* uns etwas verständnislos beäugen. Ein älteres Ehepaar ist anscheinend von uns so nachhaltig irritiert, dass es kurz vor dem Übergang stoppt, wendet und wieder in die Ausgangsrichtung verschwindet. Wusste gar nicht, dass ich soooo hässlich bin.

Fast vier Stunden stehen wir nun schon untätig hier, ab und zu diskutierend, ob verschieben nicht doch die bessere Alternative zum hier ausharren wäre. Aber wenn es hier mal rollt, dann rollt es erstmal ordentlich. Und da sich zwischenzeitlich nun die Hilfslok doch auf den Weg gemacht hat, um in Richtung Havaristen zu rollen, könnte es bald wieder los gehen. Übrigens, auf ein Ablichten der Abschleppleistung verzichten wir bewusst aus Gründen der Pietät.

Eins ist es durch, und somit schon mehr als der halbe Tag vorbei, als die Strecke wieder frei ist und die Züge zu rollen beginnen. Zwei IC von Oulu her, dazu zwei Leerzüge aus derselben Richtung stehen westlich von uns auf Halde. Und von Osten her ist der nächste Kamelzug zu erwarten, der in etwa zwei Stunden hier vorbeikommen sollte.

Viel Action also an einer Stelle, die jetzt nicht unbedingt zu den Highlights unter den Standpunkten gehört. Aber immerhin, landestypisch könnte man sie nennen. Und mit etwas Geschraube ist es sogar eine Zweirichtungsstelle ….. zumindest für die jetzt anstehenden Zugleistungen.

Also bleiben wir hier, mit der Option auf einen spontanen Wechsel. Denn unbedingt viermal denselben Blick wollen wir auch nicht haben. Oder ich, besser gesagt! Denn Nil und Gubi haben, dank ihrer Drohnen, dann doch noch ganz andere Möglichkeiten. Und so surren die Plastikschrauber auch kurz danach los und schwingen sich in die Luft, um aus erhöhter Perspektive die Reize der schönen Landschaft erst ganz zu offenbaren.






Schon was feines so eine Drohne, wie der Vergleich von Gubis Luft-….






…. zu meinem Bodenbild des IC 716 eindrücklich zeigt. Sr2 3211 ist die erste, die nach der unfallbedingten Streckensperre, auf ihrem Weg von Oulu nach Kuopio, bei uns vorbeikommt.







Gerade mal 10 Minuten dauert es, da kündigt sich mit IC70 der zweite Fensterzug an, der unterwegs pausieren musste. Zeit genug für mich, etwas die Strecke raus zu laufen, um, in Ermangelung einer Drohne, zumindest einen etwas anderen Blick zu haben. Aber auch Gubis Luftgefährt hat die Position gewechselt, um den Zug aus einem anderen Winkel aufzunehmen.












Mit dem ebenfalls verspäteten IC70 kommt Sr2 3231 die lange Gerade nahe Melalathi herauf.







Kurz laufe ich wieder vor zum Bahnübergang, um Besprechung zu halten. Schwebte doch vorhin mal das Wort „Stellenwechsel“ durch die Lüfte. Kurz wägen wir das Für und Wider ab. Nach zwei Bildern mal eine andere Stelle wäre nett. Aber beide Leerzüge rollen recht knapp hinterher, was die Gefahr birgt, beide zu verdaddeln, wenn es am neuen Ort nicht so passt, wie gedacht und der Rückwechsel auch klemmt. Bleiben wir dagegen hier, bekommen wir zumindest den ersten Zug sicher in den Sack und können den zweiten als Draufgabe ansehen. Zudem kommt die lange, ansteigende Gerade für die Endlosschlange aus E-Wagen auch gut.

Kurz, wir bleiben. Und ich laufe wieder raus an die Position, an der ich schon den zweiten IC abgelichtet hatte. Zeit um rechtzeitig am Bahnübergang zu sein, wenn die Schranken sich wieder öffnen, sollte bei der Länge des Zuges auf jeden Fall sein. Muss mich halt ein bisschen sputen, denn das Zeitfenster für den Wechsel ist klein. Aber gut, die zwei Anderen müssen auch erst ihre Drohnen nach getaner Arbeit zurückholen und verstauen. Das ist der Vorteil der kleinen Biester, wenigstens für mich! Erspart es mir doch übermäßig drängelnde Zeitgenossen, die nicht verstehen, dass ich mich einmal mehr der Prüfung der Vollständigkeit meiner Ausrüstung widme, da sie in der Zeit noch mit ihren hochfrequent surrenden Spielzeugen beschäftigt sind.












Nachdem Sr3 3332 und 3331 erst die beiden IC passieren haben lassen, können auch sie sich nun aufmachen, um den T5250 nach Vartius zu bringen, wo die Leerwagen mit Sicherheit schon sehnsüchtig erwartet werden.







Jetzt heißt es aber Gas geben. Im Geschwindschritt geht es stolpernd über Stock und Stein zurück zum Bahnübergang. Fast mit dem Durchrollen des letzten Wagens ist dieser erreicht, die Schranken öffnen sich und wir sprinten hinüber zum im Schatten stehenden Auto. Rund eine Viertelstunde dürften wir Zeit haben, um die Stelle zu wechseln, einen Standpunkt zu suchen und die Luftflotte steigen zu lassen. Ziel ist ein Abschnitt gleich westlich von uns, hinter der Kurve, die man auf den letzten Bildern noch leicht erahnen konnte. Dort dreht die Strecke für einen Ostfahrer gut ins Licht und, wenn es der Gott der Vegetation zulässt, es sollte ein gutes Schussfeld geben, für den nächsten Leerzug.

Der Gott der Vegetation hat es gut gemeint. Nicht mit uns, dafür aber umso mehr mit seinen Untertanen. Kein Blick ist von der Sandstraße aus auf die Strecke möglich. Und so bricht nach einmal Piste rauf und runter, auch leicht Hektik aus. Die elektronische Karte zeigt, dass sich die Fuhre schnell nähert, und wir stehen im wahrsten Sinne des Wortes im Wald. Naja, nicht ganz Wald. Aber genügend Gebäum, Gebüsch und Gestrüpp.

Eilig wird das Auto auf die verwuchterte Zufahrt zu einem ebenso verwucherten „Garten“ gestellt. Dann knien auch schon Zwei auf dem Schotter um die Drohnen in die Luft zu bringen. Ich hetze derweil schon über undefinierbare Hindernisse aus umgestürzten Bäumen, Erde und wer weiß was sonst noch allem, vorbei an einem Häuschen, dass so aussieht, als würde sich jeden Moment ein Zombie aus ihm stürzen. Ein letzter Durchbruch durchs Randgebüsch, und schon balanciere ich auf einer kleinen, steilen Böschung oberhalb des Entwässerungsgrabens und nahe an den Gleisen.

Mehr wie ein Nasenschuss ist nicht drin, auf die Fuhre, die sich bereits hörbar nähert. Gut, ein bisschen farbiges, was da noch tapfer blüht, kann man einbauen, dann sind die optischen Möglichkeiten aber auch schon erschöpft. Das Motiv ist der Zug! An diesem Dogma halte ich mich fest. Und an einem Ast, als ich drohe abzurutschen, hinunter in den Graben.

Schnaufend sind jetzt auch die Anderen da, wir versammeln uns auf der Fläche eines Bierdeckels und drücken ab.






Luftbild 1 : Schotterkleber 0 ! Mehr braucht man zum Vergleich der beiden Varianten, glaube ich, nicht mehr zu sagen. Oder?






Leerzug T5252 von Oulu nach Vartius, gezogen von den beiden Vectron Sr3 3335 und 3313.







Na, immerhin, aus der Froschperspektive kann man wenigstens die Nummern der Loks lesen. Für den, den sie „den Sammler“ nennen, nun auch kein unerheblicher Vorteil. So dackeln wir, durchaus nicht unzufrieden, wieder zurück zum Auto, darauf bedacht, uns nicht die Gräten zu brechen und auch nicht das Böse in der Hütte zu wecken.

Wieder am bekannten Bahnübergang haben wir erstmal Zeit uns zu stärken. Die nächsten Programmpunkte: Sr1 bespannter IC mit gemischter Garnitur von Osten her in knapp einer Stunde. Dann wiederum ca. 1 Stunde später, ein Güterzug, für den wir uns eine Wiese ausgesucht haben, auf der Nil und Wipf vor vielen, vielen Jahren schon mal standen.

Zudem kommt, noch weit weg, ein beladener Erzzug auf uns zu. Und zu guter Letzt müsste/sollte auch der IC mit dem Gefängniswagen auftauchen, den ich schon mal beim Richtungswechsel und Umspannen in Kouvola abgelichtet hatte.

Und während wir so planen, wie wir den Rest des Tages optimal nutzen können und wo dann die Übernachtung stattfinden soll, ist die Stunde Pause auch schon vergangen, der Bahnübergang schlägt an und der Höhepunkt der Fototages biegt um die Ecke.





Mit einer interessanten Garnitur kommt Sr1 3034 daher, ist doch der IC 713 von Kuopio nach Oulu je aus zwei Ein- und Zweistöckern gebildet, die abwechselnd eingereiht sind.






Feine Sache datt! Oder? Und der krönende Abschluss für hier. Also wieder einmal Sachen gepackt und verschoben. Weit geht es nicht. Nur durch Paltamo und dort vorbei am Unfallzug, bei dessen Anblick wir geistig nochmal innehalten, in Gedanken die Hoffnung, dass es für die Beteiligten möglichst glimpflich ausgegangen sein mag, dann wird Meteli passiert, bevor es kurz vor Mieslathi rechts rein geht. Der Weg auf den mich Nil lotst sieht nur sehr bedingt befahrbar für Straßenfahrzeuge aus. Was mich aber nicht davon abhält, es doch mal zu versuchen, bevor mich, nach wenigen 100 m der Hoppelei, dann ein Stein, der schwer gegen den Wagenbogen schlägt, spontan umstimmt. Eilige packen Nil und Gubi ihre Ausrüstung und marschieren los, bevor ich mich vorsichtig wieder nach oben quäle und, nach kurzer Durchsicht des Fahrzeugs, einen Parkplatz am nahen Bauernhof suche. Dann kann auch ich mich auf den Marsch in Richtung Fotostelle machen.

Unten haben sich meine beiden Begleiter schon gemütlich auf die Böschung des Bahnübergang geflätzt. Lesend und quatschend genießen wir die Sonne, immer wieder einen Blick auf Julia werfend um zu überlegen, ob wir vielleicht doch noch einen vollen Erzzug, vom Osten herkommend, erwischen. Zudem steht die Entscheidung an, wo wir heute Abend übernachten. Viel zu schnell ist die Zeit wieder vergangen. Morgen geht es für Nil und Gubi schon auf die Fähre, rüber nach Schweden, während ich das Auto in Helsinki abgeben muss. Steht den Beiden noch ein langer, spannender Urlaub bevor, Finnland war für sie quasi nur das warm up, heißt es für mich übermorgen in aller Herrgottsfrühe schon Rückflug gen Deutschland anzutreten und am Tag danach Arbeit, Arbeit, Arbeit.

Morgen Abend also Turku und Helsinki. Ganz schön Distanz von hier aus! Also heißt es heute Abend so viel Strecke machen wie möglich. Und sinnvoll. So fällt die Wahl auf Kuopio.

Warum? Lässt sich heute noch fahren, bringt uns unseren morgigen Zielen deutlich näher, ist der letzte, der südlichste Zipfel des Wolkenlochs am morgigen Tag, ab dann geht’s unter die graue Decke und kann morgens mit einem netten Motiv und passendem Zugverkehr aufwarten. Also, perfekt!

Hotel wird gebucht, die Zeit abgeschätzt und wegen Essen überlegt. Dann sind wir parat für den anstehenden Güterzug. Hui, wie ich mich auf mein zweites Sr1 Bild am heutigen Tag freue. Ist doch anzunehmen, dass für so eine regionale Leistung, eine Maschine dieser Reihe eingeplant ist. Hoffentlich ist es eine, die mir noch fehlt. Das wäre dann perfekt. Schon zeigt sich weit hinten, wie die Eisenbahn die Hauptstraße unterfährt, ein Licht. Eine Kontur beginnt sich zu festigen und die Erkenntnis, dass das alles ist, nur keine Sr1 ….. upps!












Deutlich häufiger anzutreffen als im Süden, sind im Sommer 2021 die neuen Sr3 im nördlichen Teil des finnischen Eisenbahnnetzes. So übernehmen sie hier auch Leistungen, die im Südteil noch eher mit den alten Sr1 gefahren werden. So wie hier den Holzzug T6335 von Kontiomäki nach Oulu.






Bei genauerem Betrachten des Drohnenbildes fällt auf, dass die drei Fotografen am Bahnübergang wohl einem Gubiischen Pixelsturm zum Opfer gefallen sein müssen.







Jetzt ist erstmal wieder Pause, in der Gubi weiter liest, während Nil und ich auf Schwurbbler und Verschwörungstheoretiker zu sprechen kommen und uns einige der „Machwerke“, die diese auf Youtube und im Netz hinterlassen, ansehen, um kräftig dazu unsere Meinung zu äußern.

Ein Blick zwischendrin auf Julia zeigt erfreuliches. Der volle Erzzug hat ordentlich Gas gegeben und ist weiter, wie wir gedacht haben. Er könnte sich theoretisch sogar noch vor dem Knast-IC schieben, was wir aber eher für unwahrscheinlich halten. Zwar sind die Züge durchaus flott unterwegs, einem folgenden IC würden sie aber definitiv nicht lange enteilen können. Sprich, eine Überholung wäre unvermeidlich. Da kann man ihn gleich bei der Verbindungkurve stehen lassen, bis der Fensterzug passiert hat.

Doch in Oulu warten sie anscheinend schon dringend auf ihr Erz. Und so kommt die Fuhre doch noch vor dem IC und beschert uns mit einem Doppel aus Sr2 auch wieder eine Bespannung, mit der der heutige Fototag begonnen hatte.











Neues Erz für Oulu bringt T5253. Sr2 3223 und 3203, die am Morgen noch einen Leerzug gen Osten gebracht hatten, haben den beladenen Zug in Vartius von einer RZD-Maschine übernommen.













Läuft, würde ich sagen. Jetzt noch der IC und dann können wir getrost aufbrechen.

Keine halbe Stunde dauert es, dann nähert sich der Zug. Weiches Abendlicht hat sich mittlerweile über die Landschaft gelegt, die Gubi mit seiner Drohne wieder perfekt einfängt.












Mehrmals pro Woche werden in Spezialwagen Gefangene zwischen Helsinki und Oulu befördert. Einer dieser Gefängniswagen läuft, gezogen von Sr2 3237 im Zugverband des IC 65 in Richtung Westen. Er ist auch der Grund, warum die Sr2 den Zug trotz Steuerwagen nicht schieben kann.







Zufrieden packen wir zusammen und machen uns auf den Weg hoch zum Auto. Dort werden nochmal die Reifen und die Füllstände der Behälter kontrolliert, nur um sicher zu gehen, dass der Einschlag des Steins vorhin keine Schäden verursacht hat. Da das Fahrzeug danach auf der Straße auch perfekt gerade aus läuft, können wir beruhigt zum „Sprung“ nach Kuopio ansetzen.

Es ist eine sehr abwechslungsreiche Fahrt, in deren Verlauf uns unser Navi mal einige Zeit auf eine über 100 km lange Umleitungsstrecke zwingen will, was ich aber nach den Erfahrungen der ersten Tage, Stichwort Vainikkala, geflissentlich ignoriere. Die „Vollsperrung“ stellt sich dann auch als Baustelle heraus, die zudem noch völlig problemlos passierbar ist.

Auch einen Ausflug zur Bahn gibt es noch. Allerdings sind die Schranken bereits herunten, als wir an der Strecke ankommen, und somit der Weg auf die Sonnenseite versperrt. So genießen wir einfach die Vorbeifahrt der solo laufenden Sr1, ohne dass uns ein Sucher die Sicht versperrt.

Ansonsten gibt es nur Hinweise von Gubi, da und dort bereits mal gestanden zu sein und ein Paradebeispiel für die angenehm defensive Fahrweise der meisten Finnen. Schiebt sich doch an einer Einmündung, ein ganzes Stück vor uns, einer dieser riesigen LKW von links heran. Doch, auch wenn noch genügend Zeit gewesen wäre, dass er vor uns raus auf die Hauptstraße zieht, wartet er freundlicherweise, bis wir passiert haben. So etwas widerfährt dir nicht in vielen Ländern auf der Welt.

Es beginnt schon zu dunkeln, als wir den Dunstkreis von Kuopio erreichen und zur Deckung unseres Kalorienbedarfs einen Burger Brater anfahren. Dort gibt es einen weiteren Beweis für kundenorientierten Service. Zeigt sich doch die Zapfanlage für Softgetränke defekt, und das laut Hinweis auf dem angebrachten, und von uns mühsam übersetzten Zettel, schon seit Wochen. Alternativ gibt es als Getränk nur Wasser, ausgeschenkt aus 5 Liter Plastikgebinden, oder Milch.

Ich will mich zwar nicht waschen, trotzdem wähle ich Wasser. Milch und Burger passt jetzt so gar nicht in meine Vorstellungswelt.

Nachdem der Kalorien- und Transfetthaushalt unserer Körper wieder auf Vordermann gebracht worden ist, geht es auf zur letzten Etappe, zum Hotel in Kuopio. Vorbei an der bekannten Eisenbahnbrücke, die morgen Früh auch als Motiv dienen soll, erreichen wir die Innenstadt. Das Hotel ist nett, der Empfang freundlich, dass Zimmer schlicht, nur eins wurmt uns. Laut Buchungsportal verfügt dieses Etablissement über keine Drei-Bett Zimmer. Und doch grüßt uns eben genau die Zahl an Schlafstätten beim Betreten des Raumes. Da hätten wir uns das Einzelzimmer für Nil durchaus sparen können.

Aber egal. Erstmal ab unter die Dusche, nochmal Akkus laden. Geschäftsaccount checken. Dann fallen mir auch schon die Augen zu. Gute letzte/vorletzte Nacht in Finnland.