Sorry, this content is not available in english.

However, we can run this page through Google Translate for you. Just click here.

Spätsommer in Finnland (6/8)

Von

Tampere, 25.08.2021

Regenfahnen klatschen, getrieben vom böigen Wind, wieder und wieder schwer an die großen Scheiben unseres Zimmers, durch die Nil und ich das Treiben auf der gegenüber liegenden Großbaustelle beobachten.

Ich weiß, Bauarbeiter auf der ganzen Welt müssen wasserdicht und geländegängig sein. Aber die hier, die hier gerade neue Erweiterungsbauten des Klinikkomplexes hochziehen, sind es wohl ganz besonders. Unbeeindruckt von Wasser und Wind, gehen sie an diesem lieblichen Sommermorgen stoisch ihrer Tätigkeit nach. Dem Wetter trotzend, dass genau den Vorhersagen entspricht, die, wie sonderbarerweise alle Vorhersagen, die schlechtes Wetter prognostizieren, auf das genaueste eingetreten ist.

Stundenlang könnten wir hier jetzt so stehen und zuschauen, so spannend ist das Treiben vor uns, und so wenig zieht es uns selbst nach draußen, in dieses graue Nass. Doch obwohl wir heute ausnahmsweise Zeit haben, müssen wir doch irgendwann auch mal los, und uns auf den Wechsel nach Oulu machen. In der Hoffnung, dass die Prognose auch in der anderen Richtung so zutreffend ist, und sich ab morgen dort ein Sonnenloch auftut.

Also heißt es die letzten Ladegeräte abstecken, verstauen und runter in die Lobby zu marschieren, zum Auschecken. Und während sich die beiden Mitreisenden, vorm Regen geschützt, unters Vordach drängen, darf ich quer über den großen Parkplatz hirschen, um unser Auto zu holen und dann, „leicht angefeuchtet“, so hinzurangieren, dass nur möglichst kein Wasser deren Haut benetzt. *grins*

Gelotst durch Gubi verlassen wir Tampere und machen uns auf den langen Weg gen Norden. Der Verkehr ist überschaubar, die Konversation mit dem Beifahrer läuft, und draußen gibt es dies und das zu sehen. So fährt es sich die erste Stunde noch ganz gut. Doch irgendwann bietet der beständige Wechsel zwischen Wald und See, der sich hinter den ewig hin und her schrappenden Wischern abspult, keinen wirklichen Reiz mehr. Und auch das Mitteilungsbedürfnis meines Rechtsaußen ist deutlich zurückgefahren. Und auch von hinten kommt kein Input, während das Radio zum x-ten Mal die selben Lieder spielt. Kein Wunder also, das der Elan, Kilometer für Kilometer des grauen Bandes vor mir abzuspulen, von Minute zu Minute schneller sinkt.

Dann unterbricht eine Mitteilung die sich ausbreitende Stille. Ein Güterzug käme auf uns zu und nicht weit von hier würden Hauptstraße und Bahn sich treffen. Könnte sich genau ausgehen.

Eine Mitteilung die zu anderer Zeit bei mir sofort für Puls gesorgt hätte. Ist es doch in diesen Breiten durchaus wahrscheinlich, dass zwei Sr1 vor dieser Leistung unterwegs sind. Doch nicht an diesem Tag! An dem man fürchten muss zu ertrinken, sobald man sich auf die andere Seite der Autotür begibt. Wenn man nicht vorher von der nächsten Böe gleich weggeweht wird.

Na gut, das mit dem Wind war nun leicht übertrieben. Aber dass mit dem Ertrinken, dass könnte schon hinkommen. Also ignorieren wir den Einwurf und verbleiben im Inneren unseres Hybrids, während draußen vor dem Fenster tatsächlich kurze Zeit später ein gemischt farbiges Doppel Sr1 an uns vorbeizieht.

Meine Aufmerksamkeit fokussiert sich sowieso seit einiger Zeit mehr auf die Tanknadel, die langsam bedrohlich gen Reserve sinkt. Nicht, dass wir jetzt bald Gefahr laufen, stehen zu bleiben, aber die letzte Betankung war in Helsinki. Man erinnere sich. Und egal wie sparsam unser Gefährt unterwegs ist, die Größe des Landes und die unberechenbare Tankstellendichte lassen mich lieber mit vollem Tank fahren.

Eine halbe Stunde später ist es dann soweit. Es geht an einer kleinen Raststätte raus und ran an die Zapfsäule. Die will die Kreditkarte und die Entscheidung, für wie viel man zu tanken gedenkt, hier und jetzt. Sofort! Leicht überrascht von solch einem Begehr bin ich so irritiert, dass ich laut schimpfe, dass ich doch jetzt nicht wissen könne, was reinpasst. Gubis Erklärung, dass es ja nur darum gehe, einen Maximalbetrag festzulegen, um zu prüfen, ob die Karte so kreditwürdig ist, ist zwar logisch und leuchtet mir selbstverständlich sofort ein, aber zugeben, dass ich mich jetzt nur dusselig hatte, kann ich auch nicht. Also mosere ich noch etwas sinnlos weiter und tanke prompt zu wenig. Im Nachhinein weiß ich auch gar nicht, was mich so aus der Denke geworfen hat. Zuhause stehe ich jede Woche mindestens einmal an einer Tanke mit dem gleichen Prinzip.

Wieder auf der Straße, erfreut uns Nil mit dem nächsten Hinweis, nun auf einen sich nähernden Pendolino. Zudem hat er sogar eine passende Seitenstraße dazu im Angebot. Aber wieder lehnen wir dankend ab.

Mittlerweile haben wir Jyväskylä passiert, dessen Bahnhof sich bei der Vorbeifahrt sehr aufgeräumt präsentiert hat. Nur eine Sr3 gab es zu sehen, die abgestellt zwischen einigen leeren Holzwagen stand. Dann geht es weiter durch Regen und Wind Richtung Norden.

Kurz war Leben im Auto, dann senkt sich wieder bleierne Schwere über die Insassen, bis eine weitere Mitteilung aus dem Fond mein Ohr erreicht. Nicht weit von hier, in Äänekoski käme bald ein Nahgüterzug an, der dort endet. Ebenso endet hier auch der Fahrdraht und im weiteren Streckenverlauf gibt es dann kaum mehr Verkehr. Hört sich irgendwie nach Industriekomplex an, oder? Könnte spannend sein. Zudem täte ein Stopp und frische Luft, wenn auch feucht, gerade gut.

Also los, einmal ab von der Schnellstraße und rein ins Vergnügen. Wäre auch nicht weit, meint Nil, und doch müssen wir einmal durch den Ort und noch ein Stückchen hinten dran. Dafür stehen wir auch an einer echt netten Stelle. Gut, sie wäre deutlich netter, würde die Sonne scheinen und es nicht dunkel, dunkel, dunkel und furchtbar nass sein. Aber trotzdem zolle ich offiziell und laut meine Hochachtung für die Leistung, den Platz auf dem Sattelitenbild gefunden zu haben.





Kalt, windig und regnerisch ist dieser Augusttag, als Sr3 3323 den T3405 von Tampere nach Äänekoski bringt.






Das war doch mal ein, im wahrsten Sinne des Wortes, feucht fröhlicher Zwischenstopp. Brrr, schnell wieder rein ins Auto und die Sitzheizung auf „trocknen“ gestellt. Vorbei an dem riesigen Industriekomplex, auf dessen Gelände sich noch zwei Dv12 herumtreiben, geht es wieder auf die Schnellstraße. Die ist teils recht neu, was das gute Navi in unserem Hybrid schier zur Verzweiflung bringt.

Wieder kehrt Ruhe ein, dann der nächste Pulsbeschleuniger. Wenn wir bis dann und dann, da und da wären, könnten wir, so die Stimme aus dem Hintergrund, punktgenau auf einen Dm12 treffen, der auf dem Weg von Haapajärvi nach Osten ist.

Bling! Sofort sind die Augen geöffnet, die Lebensgeister pulsieren und der Kopf ist wieder fit. Ein Dm12! Damit hatte ich ja nun nicht gerechnet. Also nichts wie hin. Dafür stell ich mich doch gerne nochmal in den Regen. Scheint so, dass es trotz aller Widrigkeiten doch kein bilderloser Wechseltag werden würde. Prima!

Einen Haken hat die Sache nur. Laut Navi kommen wir gut 5 Minuten nach der von Nil geschätzten Durchfahrtszeit am als Standort avisierten Waldbahnübergand an. Also heißt es Zeit rausfahren. Ein Unterfangen, dass in Finnland leichter gesagt ist als getan. Mittlerweile ist die Schnellstraße wieder zur einfachen Landstraße mutiert und somit sind wir dem langsamen Verkehr „schutzlos ausgeliefert“. Und da ist so einiges unterwegs. LKW, Touristen in Wohnmobilen, für deren Betreiben sie eindeutig nicht geschaffen wurden, Touristen in PKW, die langsam dahin rollend die Landschaft bewundern. Warum auch immer, bei diesem Wetter. Das Ganze vermengt mit restriktiven Geschwindigkeitsbeschränkungen, die man besser nicht überschreitet, machen das Vorhaben kompliziert.

Doch gottlob rechnet unser Navi sehr konservativ. Zudem hält sich der Gegenverkehr in Grenzen, was saubere, und für alle beteiligten stress- und gefahrlose Überholmanöver ermöglicht. So kommen wir, nach einem feinen Ritt über eine nur aus, mit Dreckwasser gefüllten, Schlaglöchern bestehende Sandpiste fast viel zu früh zum angepeilten Bahnübergang. Zeit genug, sich nochmal ordentlich das Gesicht benetzen zu lassen, bevor der Triebwagen am Ende der langen Geraden sichtbar wird, um uns, wenig später, überraschend schnell zu passieren.





Mit Höchstgeschwindigkeit kommt Dm12 4406 die lange Gerade nahe Hevosneva herunter. Als HDM 494 ist er von Ylivieska nach Iisalmi unterwegs.






Nur kurz bleibt Zeit das Machwerk am Kameradisplay zu bewundern. Bei ISO 800 und wohl zu erwartendem ordentlichen Einsatz des Bildbearbeitungsprogramms, wird es sicher nicht zu den Staraufnahmen im Archiv gehören. Aber es wird vielleicht die einzige Ablichtung eines Dm12 meinerseits sein. Also bin ich ganz zufrieden. Erst recht, da die Stimmung des Augenblicks doch ganz gut rüberkommt.

Nil treibt uns unerbittlich weiter, hat er doch schon wieder den nächsten Zug aus dem Ärmel gezaubert. Und bei der Aussicht auf einen Holzzug mit wohl zwei Dv12 an der Spitze, muss er uns auch nicht lange überzeugen. Patsch, patsch, patsch geht es durch die unzählbaren Pfützen, bevor wir wieder festen Belag unter den Reifen haben. Diesmal ist Nivala das Ziel. Dort soll nämlich ein Leerzug ankommen und rund eine Stunde später ein beladener wieder in Richtung Ylivieska rollen. Den würden wir uns gerne schnappen. Auch wenn es draußen immer gruseliger und finsterer wird. Aber hallo, zwei DV12 …. zumindest für mich keine Frage.

Ein Blick in Nivala von der Brücke zeigt, dass mit dem Leerzug war wohl nichts. Aber die beiden Dieselloks sind da und ein beladener Zug, zu dem sie augenscheinlich gerade hin rangieren. Also beziehen wir, nach etwas suchen, nahe Ängeslevä Stellung.

Langsam kann ich schon nicht mehr sitzen. Zudem ist es stickig im abgestellten Auto. Also raus aus der Kiste. Aber da ist es nass und kalt. Irgendwie werde ich, trotz der Aussicht auf Zug, langsam gnatschig.





Dv12 2615 und 2544 haben in Nivala einen Holzzug übernommen, um ihn nach Ylivieska zu bringen. Bei Ängesleva kommt der Zug in zügiger Fahrt durch die Felder daher.






Ganz schön flott war die Fuhre unterwegs und ich persönlich froh darüber, dass die grün-weiße Maschine vorne lief. Des Kontrasts wegen.

Vier ist es mittlerweile und ich merke den Tag. Durchgefroren auf die Sitzheizung geklemmt ist zwar gut gegen das Zittern, schläfert aber zusätzlich ein. Und so quäle ich mich, als wir wieder die Hauptstraße erreicht haben, mühsam Kilometer um Kilometer weiter. Immer mit dem Gefühl im Bauch, dass wir ja Oulu fast schon erreicht haben müssen, was natürlich alles andere als der Fall ist.

Kurz sorgt die „Besprechung“ zwecks Übernachtungsfindung für ein Highlight. Dann als Gubi erfolgreich eine „Hütte“ auf einem Campingplatz gebucht hat, versinke ich wieder im stumpfen Kilometer schrubben, und nicht mal eine PiPa im Nieselregen mit eruptiven Herumgehüfte hilft mir wieder auf die Beine. Ich bin angenervt. Was meine zwei Mitreisenden spätestens an der nächsten Tankstelle merken, die wir, aufgrund meiner Glanztat vom Vormittag, erwartbar anlaufen müssen. Wieder eine Säule mit Sperre, nur diesmal muss man erst reinlaufen, dort die Karte durchziehen lassen und kann dann erst tanken. Zuviel für mich!

Nil der meinen „Gefühlsausbruch“ schon anhand des Gesichtsausdrucks kommen sieht, reagiert umgehend, sprintet sofort los, nicht ohne vorher über die Schulter noch zu fragen, was er mir aus dem Shop mitbringen soll. „Schokolade, bitter (!), und Blubberbrause“, rufe ich ihm noch nach. Dann ist er verschwunden und die Zapfsäule kurz danach entsperrt. Wenig später erscheint er wieder, reicht mir diverse Flaschen und eine Tafel dunkelbraunen Goldes, mit der Bemerkung, dass das die bitterste wäre, die vorrätig war. Dankbar knacke ich den ersten Riegel. Hoch mit dem Blutzuckerspiegel!

Und während ich mich langsam wieder erhole, gibt es die nächste Zugansage. Verbunden mit der Weisung an mich, ich solle doch die Zeit nutzen und etwas im Auto dösen! Bin dabei! Bei dem grauen Sumpf da draußen zieht es mich jetzt wirklich nicht mehr mit der Kamera vor die Tür.

So setze ich die beiden auf einem Schlammweg ab, parke das Auto ordentlich im „Motiv“ und gehe ansatzlos zu Power Napping über, während die Zwei einen Pendolino abdunkeln.

Mittlerweile grummelt es kollektiv in unseren Mägen. Löcher haben sich aufgetan, die sich auch mit noch so großen Mengen an gesalzenen Erdnüssen, M&M, Schmatzriegeln, Keksen und Schokolade nicht mehr schließen lassen.

Es geht auf 18.00 Uhr, also beste Abendessenszeit, als wir einen Hesburger ansteuern. MIT Bestellpanel, was alles ganz einfach macht. Viel los ist nicht, also bekommen wir unsere Sachen frisch und relativ schnell. Und lecker ist es durchaus auch, vorausgesetzt man mag Mayonnaise! Denn was gibt es zu den Pommes? Mayonnaise! Was ist auf den Burgern? Mayonnaise! Und was reicht man als Salatdressing? Na klar, Mayonnaise?

Das darf ich meinem Fitness-Coach jetzt aber nicht erzählen! *grins*

Aber es ist lecker. Und das Showprogramm, dass geboten wird, ist auch nicht ohne. Sei es nun die Handy daddelnde Gruppe Teenie Mädels zwei Tische weiter, die in der Zeit wo wir essen, die Welt wohl mit gefühlten 357 Selfies beglückt, mal mit, mal ohne Burger, mal in der Gruppe, die Finger zum V erhoben, mal alleine oder mit der speziellen BF. Oder vor dem Fenster, der junge, stylische Autofahrer mit noch stylischerer Freundin, der mit wachsender Ratlosigkeit versucht, sein E-Auto mittels normalen Haushaltsstecker an die Ladesäule anzuschließen. Einfach herrlich.

Mit Essen fertig wechseln wir elegant über die Straße. Dort werde ich wieder zum Napping verdonnert, während Gubi und Nil den Supermarkt entern. Vorräte auffüllen und Frühstück besorgen. Denn Hütte ist gleich Selbstversorger!

Als sie bepackt mit Tüten wieder zum Vorschein kommen, bin ich soweit wieder hergestellt, dass alles weitere easy von statten geht. Erst versuchen wir noch einen Nahgüterzug abzupassen, der von einer, lt. Bueker Karte, Dieselstrecke kommen soll, sich dann aber als solo fahrende Sr1 entpuppt. Wohl die nächste Strecke über der mittlerweile Draht hängt. Dann stürzen wir uns hinein, nach Oulu.
Der Campingplatz liegt gleich hinterm Strand und die „Hütte“ entpuppt sich als schickes, kleines Häuschen, dass zwar innen etwas weniger Platz bietet, wie es von außen suggeriert, trotzdem aber ausreichend und urgemütlich ist.

Dann beginnt der gemütliche Teil des Abends. Die beiden Einkäufer zaubern grinsend Büchsenbier aus den Tüten, ich checke schnell meinen dienstlichen Mailaccount, dann mach ich es mir auf dem Bett bequem, zusammen mit Kettu und einer Dose Hopfenkaltschale, schreibe mit daheim, bespreche mit Nil und Gubi den nächsten Tag, bevor es dann bald „Augen zu und gute Nacht“ heißt.

Der Tag war lang, anstrengend und morgen geht es früh raus!


Oulu, 26.08.2021

„Ich sollte dringend mal an meinem Urlaubs-Konzept arbeiten“, denke ich mir einmal mehr so, als ich mit verquollenen Augen und mein Frühstücksbrot mümmelnd, durch die Fenster meinen Blick über den noch völlig ruhig, im Nebelgrau daliegenden Campingplatz schweifen lasse. In allen Hütten ist Ruh, nur in unserer rumort es. Auch Nil hat sich mittlerweile aus den Federn geschält und kommt die Hühnerleiter vom Alkoven heruntergestiegen, um wenig später im Bad zu verschwinden.

Währenddessen haben Gubi und ich unser Frühstück beendet, und gehen daran, den Wohnraum etwas aufzuräumen, unsere Fototaschen zu kontrollieren und Verpflegung für den Tag zusammen zu packen. Und als auch Nil abmarschbereit ist, geht es raus zum Auto und summend über verlassene Wege hinaus aus der Anlage.

Wohin genau ich steuere, ist mir nicht so klar. Ausgegangen bin ich von einem Fotopunkt ganz in der Nähe, den sich die beiden Kollegen gestern Abend ausgeguckt haben. Aber was heißt in Finnland schon „in der Nähe“.

So rollen wir ein ganzes Stück auf der Hauptstraße in Richtung Norden, bis das humanoide Navigationssystem mich ableitet und durch einen Ort, hin zu einer Brücke, lotst. Das ist also nun der Wunschpunkt. Schön ist es ja hier. Der breite Flusslauf, mit Wald und Häusern links und rechts, die Brücke, die sich im Hintergrund erhebt, das Farbspiel von braun-grünen Wasser, grünen Wäldern, bunten Häusern und blauem Himmel. Alles sehr, sehr fein. Wäre es zumindest …..

Wenn denn das versprochene Sonnenfenster denn schon da wäre! Aber so ist es kalt, windig und die ganze Szenerie versinkt in einem grau-braunen Halblicht, das auf die Entfernung nur Pixelsalat zu versprechen scheint. Dementsprechend ist die Begeisterung, als wir hier am Ufer stehen und hinüber zum Stahlgeflecht der Brücke schauen.

Aber nu sind wir da und nu müssen wir etwas daraus machen!

Fröstelnd haben wir uns ins Auto zurückgezogen. Wärmen und etwas Augenpflege betreiben. Waren wir auf der Herfahrt doch etwas flockiger unterwegs, wie ursprünglich gedacht. Und so haben wir noch Zeit bis der Nahgüterzug auftaucht. Von einer neuen Sr1 fürs Archiv träumend, schließe auch ich kurz die Augen. Dann ist es auch schon wieder vorbei. Nil hat alarmiert. Der Zug ist kurz vor dem nahen Bahnhof zur Linken. Also raus, jede Menge Testbilder geschossen, immer wieder mit der Belichtung probiert, dann rollt es vernehmlich an diesem stillen Morgen, und der Zug schiebt sich laut polternd auf die Brücke. Aber was ist das …….. ?




Mit der Übergabe T55109 dieselt Dr16 2805 von Oulu tavara nach Kemi. Gerade poltert er mit dem kurzen Zug über die Brücke über den Iijoki.






Eine Dr16! Damit hätten wir ja an dem Zug nun gar nicht gerechnet. Da Schlagen jetzt zwei Herzen in meiner Brust. Zum einen freu ich mich riesig, endlich mal eine dieser doch eher raren Maschinen erwischt zu haben. Zum anderen bin ich doch recht unglücklich über die Lichtverhältnisse und die daraus resultierende Bildqualität. Und dass man keine Nummer lesen, und damit die Maschine zuordnen kann, kommt noch erschwerend dazu.

Ginge es nach mir, ich würde daher ohne Zögern hinterher. Denn von der muss noch ein besseres Bild gehen. Und dafür würde ich ohne Nachdenken die folgende Sr3 mit ihrem Nachtzug opfern. Eine Meinung, die ich allerdings sehr exklusiv habe! Denn die Chancen, die beiden Anderen für diese Planänderung zu begeistern tendieren bei einer „Rangierlok“, eine Bezeichnung, unter der bei der Schweizer Fraktion alle Loks mit Mittelführerstand laufen, gegen Null. Nein, eher geht es wohl schon in den negativen Bereich. So nach dem Motto, „auch wenn es egal wäre, bei sowas erst recht nicht!“.

Also ergebe ich mich fürs Erste in mein Schicksal, nicht aber ohne bereit zu sein, sollte sich doch irgendwie eine Möglichkeit ergeben, die Lok nochmal in groß zu bekommen.

Wir setzen um. Nicht weit. Nur bis zu einem aufgestauten Seitenarm des Iijoki, wenige Kilometer weiter. Rüber über die Staumauer und dabei nach links unten geäugt, wo es gefühlt bodenlos in die Tiefe geht, während rechter Hand das Wasser bis fast an die Dammkrone steht. Dann auf den Schotterweg abgebogen, der auf dem Seitendamm hin zur Bahn führt. Dabei passieren wir ein Schild, dessen Botschaft irgendwie nicht eindeutig ist. Darf man hier nun fahren oder darf man nicht. Wir entscheiden, man darf! Schließlich steht weiter hinten ein Angler und daneben geparkt, sein Auto. Nur kurz blickt er auf, als wir ihn passieren, dann widmet er sich wieder seinen Würmern, die er zum Baden ins dunkle Wasser des Stausees gehalten hat. Noch kurz die Bahn mittels unbeschrankten Bahnübergangs gequert, dann haben wir unsere Parkposition erreicht und klettern aus dem Fahrzeug.

Stille der finnischen Wälder. Drüben, auf der anderen Seite, nur ein weiterer Petrijünger, der neugierig zu uns rüber schaut. „Was die wohl treiben?“, denkt er sich bestimmt. Und nicht nur er, denn kaum sind wir dazu übergegangen die kontemplative Ruhe zu genießen, rollt von rechts eine Fahrzeugkolone heran, aus dessen Führungsfahrzeug, einem Pickup, ein Rudel Warnbewesteter quellen, nur um uns gleich ins Visier zu nehmen. Gibt es jetzt doch Ärger, dass wir hier stehen?

Nein, sie sind nur ebenso verwundert wie der Fischersmann ob unserer Anwesenheit. Doch das Interesse verschwindet genauso schnell, wie es aufgekeimt ist, und schon widmet sich das Rudel dem, was immer sie hier auch in den nächsten Stunden planen zu tun.

Wir unserseits wenden unseren Blick vermehrt nach oben, ist doch die Sonne bemüht, die Wolkendecke endlich zu durchbrechen und uns so den Sonnentag zu bringen, den der Wetterbeschiss …. äh -bericht uns eigentlich für heute versprochen hat. Leider vergebens, und so wandert auch der nächste Zug in der Version trüb auf unsere Speicherkarten.





Mit dem langen Nachtzug IC 273 von Helsinki nach Rovaniemi ist Sr3 3326 nach Norden unterwegs, als sie nahe Stenberg den aufgestauten Seitenarm des Iijoki quert.






Schon eindrucksvoll diese Doppelstock-Schlafwagen im großen finnischen Profil. Irgendwann will ich da mal mitfahren. Einmal durch, vom Süden ganz in den Norden hinauf. Edm 70 10 75 76541-5 im Nachtzug IC 273 von Helsinki asema nach Rovaniemi.







So, was jetzt? In einer Stunde gibt es nochmal einen Güterzug. Und was macht das „Licht“? Grau in Grau. Es wabert nur über uns, von Besserung keine Spur. Ganz dahinten, im Norden, da zeigt sich ein Streifen blauer Himmel. Aber da läuft die Strecke in Nord-Süd Richtung. Nichts also für den anstehenden Nordfahrer. Also?

Wieder zurück an der Stahlgitterbrücke. Blick über den Fluss. Hilft ja nichts. Hier kann man wenigstens querschießen. Und es stehen keine Baufahrzeuge kreuz und quer im Foto. Die sind nämlich gleich nach der Durchfahrt des Nachtzugs an der Stelle eben motivfüllen, zusammen mit jeder Menge gelb und orange leuchtender Männchen, ausgeschwärmt.

Erst noch ein bisschen dösen im Auto, ein wenig an nem Kecks knabbern, dann stehen wir wieder am Ufer, wartend auf das, was da kommen mögen bzw. eben lautstark auf die Brücke poltert.





In Ylivieska gestartet hat Holzzug T 5417 bald sein Ziel Kemi erreicht. Gezogen von Sr1 3054 überquert er gerade nahe Yliranta den Iijoki.






So, jetzt haben wir’s hier aber auch gesehen. Zudem kommt der nächste Zug, ein IC, erst in einer guten Stunde von Norden her. Zeit genug ihm, und damit dem sich zögerlich näherndem Blau, entgegenzufahren.

Nun kennt es ja jeder zur Genüge aus eigener Erfahrung, wie das ist mit blauen Streifen, Löchern oder Wolkenkanten. Sie bewegen sich immer dann, wenn sie nicht sollen und zumeist in die falsche Richtung. So auch heute. Je weiter wir nach Norden fahren, um so mehr zieht sich der Rand des strahlenden Blaus dorthin zurück. So kommen wir nur zögerlich näher, dafür aber dem IC umso schneller, kommt er uns doch entgegen. Und dass in dieser Ecke Finnlands viel Gebäum neben der Strecke steht, macht es jetzt auch nicht besser.

Am Ende kommt es wie es kommen muss, wir rumpeln in Olhava raus, einem kleinen Ort an der Bahn, um dort am ehemaligen, und jetzt bis auf ein Durchfahrtsgleis zurückgebauten, Bahnhof Stellung zu beziehen. Während ich mich hier vor dem mittlerweile zum Wohnhaus mutierten Bahnhofsgebäude platziere, stehen die beiden Kollegen etwas hinterhalb, um das Ganze aus der Vogelperspektive aufzunehmen.






Warum nur, warum? Steuerwagen voraus kommt IC24 von Norden her. Geschoben wird der Zug von Sr3 3337, also einem Vectron.






Von oben macht die Szenerie natürlich deutlich mehr her.







Kann schon manchmal ganz nützlich sein, so eine Drohne. Auch ohne Lok an der Spitze. Na, dafür hab ich ein tolles Steuerwagenporträt, mal wieder. Mit irgendwas muss man sich ja trösten. Schon blöd, dass die Lok diesmal hinten hing.

Weiter geht es Richtung Norden, immer im Versuch, endlich den Abschnitt mit dem freien Himmel zu erreichen. Aber wie schon gesagt, soviel wir uns auch gen Norden bewegen, die Kante ist uns immer etwas voraus. Und auch die Suche nach einer Fotostelle gestaltet sich weiterhin schwierig. Wald und so. Wie überraschend, oder? Sowas hier in Finnland.

Und so ist irgendwann der Punkt erreicht, wo man auch mit weniger anspruchsvollen Stellen zufrieden ist, so wie eben. Doch was wir jetzt ansteuern, lässt mich doch fast vom Glauben abfallen. Ein befahrbarer Waldweg, abgesperrt mit einer Schranke, dessen Bewuchs darauf schließen lässt, dass hier schon länger nichts mehr unterwegs war, was Reifen und Räder hat, führt nach gut 200 m zu einem Waldbahnübergang, wie er typischer nicht sein könnte. Bewuchs auf beiden Seiten, der bis zum Bahnkörper reicht, Schattenwurf auf die Gleise und ein Schotterkleber als Standort für die drei, aneinander gequetschten Fotografen. Was geht denn hier ab?

Ich sollte hier kurz vielleicht noch was erklären. Es gibt zwei no go‘s bei meinen Begleitern. Zum einen sind es besagte Rangierloks, und es sei an dieser Stelle nochmal erwähnt, worunter alle Maschinen fallen, deren Führerstand sich nicht an der Spitze der Lokomotive befindet. Und deren Fotografierwürdigkeit rapide in dem Maße abnimmt, in der dieser in Richtung Fahrzeugmitte rückt.

Zum anderen sind es „Waldbahnübergänge“! Ein wahrlich starkes Kriterium, welches teilweise zum Ausschluss ganzer Länder aus dem Fotoprogramm führen kann, sofern dort die reale Gefahr oder auch nur die Befürchtung besteht, dass man vermehrt auf solche Fotostandorte trifft.

Und nun? Nun stehen wir an einem Paradebeispiel, für ein solches no go! Und noch nicht mal ich kann der Stelle irgendetwas Gutes abgewinnen. Dafür zeigen sich die beiden Kollegen durchaus zufrieden. Verkehrte Welt!

Halt, nein! Ich nehme meine Bemerkung zurück. Ich kann der Stelle sehr wohl etwas Positives abgewinnen. Genauer gesagt sogar einiges. Was? Na, bis zur nächsten Zugfahrt ist es zeitlich noch ordentlich hin und Kemi ist nicht mehr weit. Der Ort also, wo ich die Dr16 von heute Morgen vermute. Also kurz überschlagen …. hm …. von hier aus gestartet, sollte es sich in der Zugpause ausgehen, dass ich dort hinfahre, Bilder des Wunschdiesels mache, und dann wieder an diese Stelle zurück komme, rechtzeitig zur Durchfahrt des IC.

Und selbst wenn ich die verpasse, so wirklich verpasst habe ich dann hier an diesem Fotopunkt eh nichts. Sr2 im Wald …. es gibt schlimmeres. *grins*

Schnell die beiden Begleiter in Kenntnis gesetzt und schon will ich los traben. Doch halt, nach einer kurzen Diskussion a la „das geht zeitlich eh nicht“ und „was willst Du da“, packen beide ihre Rucksäcke und Drohnentaschen und folgen mir, auf dem Weg zur Rangierlok. *Wunder, oh Wunder* Irgendwas muss doch heute Morgen im Frühstück gewesen sein????

Und man begnügt sich nicht nur mit purem Dabeisein, Nil übernimmt unaufgefordert den Lotsendienst gen Bahnhof. Gut also auf der einen Seite, dass sie mit dabei sind, schlecht aber auch, dass das Zeitfenster, welches mir zur Verfügung steht, somit nun fix ist. Müssen wir doch pünktlich zur Durchfahrt des IC wieder im Wald am Gleisbett kleben.

Ein kurzer Sprint und wir sind da. Bisher läuft alles nach Plan. Besser sogar! Denn nicht nur die Dr16 ist wie erhofft noch da, und fleißig am Hobeln, auch eine Dv12 steht im besten Sonnenlicht, als wir ankommen. Diese Zugabe nimmt man doch gerne mit, auch wenn das Kraut vor der Lok schon ziemlich hoch ist.





Pause nach dem vormittäglichen Rangiergeschäft. Dv12 2558 im Bahnhof von Kemi.






Jetzt bin ich mir definitiv sicher: Im Frühstück heute Morgen war etwas!!! Anders lässt es sich einfach nicht erklären, dass auch Gubi ausgestiegen ist, um eine Mittelführerstandslok, abgestellt auf einem verkrauteten Bahnhofsgleis, zu fotografieren.

Nettes Bild. Doch leider trübt sich gleich nach dem Klack der Kameras erst das Licht und dann die Stimmung. Eine dicke Wolke taucht alles in fades Grau und die Dr16 ist nicht, wie erhofft, vor dem Bahnhofsgebäude zum Halten gekommen, sondern setzt unbeirrt ihre Fahrt in den nördlichen Bahnhofskopf fort, um dort erstmal zu verschwinden.

Ja hallo, geht’s noch? So haben wir ja nun nicht gewettet. Erst frech vor mir durchfahren und dann zum zweiten Mal an diesem Tag entschwinden. So nicht Fräulein!

Das hat gesessen. Verschämt tauchen die Spitzenlichter der Guten wieder auf und steuern auf das Ende einer Schlange leerer Holzwagen zu. Gut so! Jetzt nur nicht trödeln. Nicht dass mich die Dame nochmal neckt und mit ihrer Wagenschlange schnell, weiß Gott wohin, verschwindet, bevor ich auch nur in ihrer Nähe bin.

Also hurtig, hurtig jetzt und schnell auf die andere Seite der Station. Doch gleich der erste Anfahrtsversuch scheitert, steht doch eine Absperrung im Weg. Na gut, dann hier parken und flugs vorlaufen. Ist aber auch nur bedingt machbar, denn hier hat es nur kostenpflichtige Parkplätze im Angebot, und zahlen wollen wir für die paar Minuten nun nicht wirklich. Zudem würde das alles verzögern. Und wir haben es ja eilig. Einfach hinstellen scheidet auch aus, denn der Parkplatz Sheriff ist schon vor Ort und schreitet mit wachem Blick durch die Reihen der abgestellten Blechkarossen.

Also Anfahrtversuch zwei. Aber auch der läuft nicht problemlos, kommt es doch an einer nahen Kreuzung zu gewissen Irritationen. Ich möchte nämlich in die Straße gegenüber, von der ich mir sicher bin, dass sie neben der Bahn herführt, da ich dort gerade Autos bzw. deren Scheinwerfer habe fahren sehen. Einziges Problem, es gibt da gar keine Straße. Leide ich jetzt schon an Halluzinationen?!? Gubi dagegen will hoch auf die Brücke, wo man weder parken, noch hinunter fotografieren kann, da ein Geländer die Sicht versperrt. Nil, auf der Rückbank sitzen, enthält sich bei dieser Diskussion und genießt still lächelnd die immer größer werdende Verwirrung.

Kurz entschlossen nehme ich das Heft des Handelns wieder in die Hand, drehe bei grüner Ampel, wohl nicht ganz vorschriftsmäßig, auf der Kreuzung und biege gleich danach ebenso dynamisch nach links auf ein offenes Firmengelände, welches fast bis an die Gleise reicht. Die letzten Meter geht es dann gehetzt zu Fuß durch teils kniehohen Bewuchs und ich bin wieder mal froh, Wanderstiefel anzuhaben. Man weiß ja nie, auf was man in so einem Geländer drauftritt.





Dr16 2805 wartet im Bahnhof von Kemi auf Ausfahrt.






Zugegeben, eindeutig auch kein Galerie-Bild. Aber das ist mir egal. Ich habe meine erste Dr16 in groß und ich habe die Nummer der Lok. Mehr wollte ich nicht.

Jetzt kann es beruhigt zurück gehen, in den Wald. Und zeitlich liegen wir auch noch ganz gut. So ist der kurze Anmarsch recht entspannt und es bleibt genug Puffer das Fluggerät bereit zu machen. Das ist auch notwendig, kommt doch der IC in genau der entgegengesetzten Reihung wie der letzte und damit wieder mal Steuerwagen voraus.






Oh Mann, nicht schon wieder Steuerwagen voraus! Ist aber für die Drohne nun kein Problem, wie das Bild von Gubi eindeutig beweist.






Sieht von unten natürlich ganz anders aus. Erst Recht, wenn der Fotostandort am Waldbahnübergang keine Variationsmöglichkeiten zulässt. So gibt es ein weiteres Steuerwagenporträt an diesem Tag. Mit 50 1086-97 611 Edo voran, kommt IC 711 nach Rovaniemi nahe Nena durch den Wald. Für Schiebung sorgt an diesem Tag Sr2 3211.







Nicht so wirklich prickelnd das Ganze. Aber hey, was soll’s. Vorhin wäre ich noch bereit gewesen, den Zug für die Dr16 ganz zu verpassen. Also warum jetzt ärgern. Eins ist aber klar, weiter hierbleiben ist keine Option. Stellt sich die Frage des wohin.

Mir kommt ein Bild in den Sinn, das Gubi gestern gezeigt hat. Es war von der Brücke von heute Morgen, nur von der anderen Seite aus. Wäre da die Sonne jetzt schon rum? „Hm“, meint Gubi, „könnte sich ausgehen. Wenn auch noch nicht ideal.“ Mehr Kopfzerbrechen bereitet ihm eher, dass man da schlecht ran kommt. Er kann sich noch erinnern, dass das beim letzten Besuch, mit besagtem Bild, ein rechtes Gebastel war. Aber versuchen kann man es ja mal.

Es gibt Fotostellen die sind einfach nur schön. Schön zum Anfahren, schön zum hinlaufen und schön zum dort warten. Diese gehört mit Sicherheit dazu. Und das Motiv ist auch noch ganz ansehnlich.

Parkplatz im Schatten am Waldrand. Schöner Fußweg hinunter zum Wasser. Breiter Uferstreifen mit Variationsmöglichkeiten. Wie jetzt? Breiter Uferstreifen? Hatte Gubi da vorhin nicht was ganz anderes prophezeit? Er wundert sich gerade am meisten und kommt dann zum Schluss, dass damals wohl Hochwasser war und deshalb alles so beengt. Jahreszeitlich könnte es passen.

Wir genießen jetzt erstmal den Blick aufs Wasser und die Ruhe die hier herrscht, unterbrochen nur, wenn ein Auto über die nahe Brücke poltert, und hoffen, dass diesmal die Lok vorne ist.





Auch wenn die Sonne noch nicht da steht, wo sie idealerweise stehen sollte, „Zug auf Brücke“ kommt gut. Sr3 3334 quert bei Yliranta, mit dem IC 23 von Helsinki nach Rovaniemi am Haken, den Iijoki.






Das war’s für diesen Tag von dieser Strecke. Noch während wir gewartet hatten, fiel die Entscheidung, die Linie zu wechseln. So wirklich was an tollen Stellen die man unbedingt anfahren müsste, hatten wir auf der Herfahrt, trotz Stellenguck, nicht wirklich gefunden. Zudem wird der Verkehr hier nun doch etwas eintönig. Auch der Himmel scheint etwas weiter südöstlich vielversprechender. Also haben wir ein neues Ziel für den Tagesabschluss ausgegeben. Nämlich die Ost-West Strecke von Kontiomäki herkommend. Locken doch da, neben Fensterzügen, vor allem die Erzzüge aus Russland. Zudem hat Nil irgendeine Sonderleistung ausgegraben, die mit komischer Garnitur und komischem Laufweg unterwegs ist und die wir noch schaffen könnten. Also los!

Etwas mehr als eine Stunde haben wir geschätzt Zeit, bis wir stehen sollten. Genug für die rund 70 km Standortwechsel und die Suche nach einem Standplatz. Am Ende wird es wieder ein Bahnübergang. Diesmal mit weniger Wald, mehr Wiese, aber trotzdem mit nahe dran, was dann aber eher der Garnitur, wie den Möglichkeiten geschuldet ist. Diese Sonderfuhre wollen wir nämlich ganz prominent ablichten.





So wirklich lässt sich nicht klären, was da als MV 10337 (Murtomäki – Oulu) auf der Strecke unterwegs ist. Ersatz- oder Sonderzug? Oder ganz was anderes? Und auf die schlaue Idee mal durch die Fenster zu spähen, ob jemand drinsitzt, sind wir auch nicht gekommen. Aber eigentlich ist es ja auch egal. Erfreuen wir uns lieber der seltenen Kombination aus führender Dv12 2514 mit angehängtem Heiz- und zwei Doppelstockwagen. Und alles bei schönstem Sonnenlicht. Etwas, was bei dem Himmel nicht wirklich selbstverständlich ist.






Blick auf Julia…. jetzt ist Pause. Das nächste spannende was naht, und gleichzeitig der voraussichtlich Tagesabschluss was Streckenaufnahmen betrifft, ist ein Erzzug in Richtung Oulu in rund zwei Stunden. Genug Zeit zum Auffüllen der Vorräte und einen kleinen Snack. Auch wegen einer neuen Fotostelle können wir uns in Ruhe umsehen. Obwohl diese doch auch ganz nett wäre für so einen langen Zug.

Einen entspannten Einkaufsbummel und eine erfolglose Stellensuche später stehen wir wieder am Bahnübergang. Etwas schlaueres hat sich nicht ergeben und nach dem nächsten Ort dreht die Strecke erstmal für einige Zeit aus dem Licht und/oder ist abseits der Hauptstraße. Also haben wir uns der Bequemlichkeit halber wieder hier platziert. Hier ist es nett, auch ein langer Zug kann schön in Szene gesetzt werden und wir haben so auch Zeit, etwas an den gerade erstandenen Vorräten zu nagen.

Während wir, Heckklappe auf, mal schauen, was Küche und Keller so alles hergeben, nähert sich, aus dem Wald kommend, über den breiten Sandweg lärmend ein großer Traktor. Drauf ein vierschrötiger Mann, ebenfalls groß, so etwa in der Kategorie „Finnischer Bär“, der sich, kaum ist sein Fahrzeug zum Stehen gekommen, behände aus der Kabine schwingt, um zielgerichtet auf uns zu zustapfen.

Das grimmige Nicken, mit welchem er unser freundliches Hallo erwidert, kann man nur ganz im entfernsteten und mit viel gutem Willen als Gruß interpretieren. Ohne Einleitung presst er zwischen den bereits leicht gelichteten Reihen seiner Zähne ein schroffes „Are you hunting?!?“ hervor. Und zwar in solch einer Art, dass mir meine spaßige Replik „Yes! Trains.“ gleich im Hals stecken bleibt und nie die finnische Sonne sieht. Vielleicht ganz gut so.

Kurz tauschen wir verwirrte Blicke, mit solch einer Frage hatten wir es entlang der Schienen dieser Welt noch nie zu tun, dann deuten wir fast unisono auf unsere am Dach verstreut abgelegten Kameras und erklären, dass wir hier sind, um Eisenbahn zu fotografieren.

Ein Funken der Erkenntnis flackert in den Augen des Mannes, kurz noch ein Blick in unseren Kofferraum, in dem er statt verdächtigen Langwaffen aber nur Reisekoffer, Brotzeittüten, Müll und Kamerataschen erspäht, dann macht er wort- und grußlos auf dem Absatz kehrt, stampft zurück zu seinem Traktor und ist wenig später nur mehr Erinnerung.

Sachen gibt’s! Erst als sich auf der nahen Sandpiste der Staub schon wieder gelegt hat und wir darüber diskutieren, dass man hier anscheinend ein nicht geringes Problem mit Wilderern zu haben scheint, fragt uns Gubi, ob uns aufgefallen wäre, wie er denn seinen Traktor abgestellt hatte? Nö, ehrlicherweise nicht. „Na genau so, dass wir auf keinen Fall mit unserem Auto an ihm hätten vorbei kommen und davon fahren können!“

Mittlerweile sind die Vorräte wieder verpackt und wir kucken, jeder für sich, an welchem Ort er denn genau für den Erzzug stehen möchte. Wobei sich die Variationsmöglichkeiten auf ein paar Meter hin oder her beschränken. Noch ist genügend Zeit um den persönlichen Standplatz zu finden und, was noch wichtiger ist, damit sich die Wolkenbank, die gerade über uns thront, rechtzeitig durchzieht.

Sieht eigentlich ganz gut aus, während sich der Zug naht und gerade jetzt wenige Kilometer vor dem Ort ist, in welchem wir gerade einkaufen waren. Doch dann, die Sonne spitzt eigentlich schon über den Rand der Front und dahinter folgt unendliches Blau, kommt es wie es kommen musste. Als wäre jemand auf die Bremse getreten, stoppt der Wolkenzug abrupt und es beginnt am Rand zu wabern.

Licht an, Licht aus, Licht an, Halblicht, Dunkelheit ….. alles wechselt sich im Minutentakt ab, während ein Stück weiter die Wiese, die wir durch die Bäume sehen können, permanent im hellen Sonnenlicht liegt.

Bangend gehen die Blicke zwischen Strecke, ganz hinten, Julias Karte und Wolkenkante hin und her. Andauernd werden Belichtungszeiten umgestellt, wobei ich schon kaum mehr etwas am Display erkennen kann, so oft ist mein Blick nach oben in Richtung Sonne gegangen.

Dann ist es soweit, der Zug biegt hinten um die Kurve, nocheinmal zieht das Licht auf, dann sappt es ab! Ein letzter Sonnenspot ….. da müssen die Loks rein ….. dann ist es dunkel! So eine verd….. Sch…..!





Sr2 3223 und 3203 haben im finnischen Grenzbahnhof Vartius einen beladenen Erzzug übernommen, um ihn einmal quer von Ost nach West durchs Land zu bringen. Nun haben sie, nahe Viskaalinmäki, mit dem T5253 ihr Ziel Oulu bald erreicht.






Man kann so oft auf das Display der Kamera kucken, es wird nicht besser. Leicht frustriert stehen wir auf dem Sandweg, jetzt natürlich im strahlenden Sonnenlicht. Ein Blick zum Himmel zeigt nämlich, dass die Wolkenkante, in der Zeit als die lange Wagenschlange dumpf und schwer an uns vorbei gepoltert ist, einen wahren Sprung vollführt hat und nun weit hinter der Sonne ist. Es ist schier zum Verzweifeln!

Aber birgt auch eine Chance. Denn bietet es doch die Möglichkeit, sich nochmal weiter vorne für ein Sonnenbild zu stellen. Und so quäle ich wenige später unser Auto über den Schotter „fliegend“ zur Hauptstraße, während Nil und Gubi schon wieder ganz vertieft das Satellitenbild am Handy studieren, um mich wenig später nach links in eine Seitenstraße zu scheuchen.

Da vorne, da ist der Bahnübergang! Gottlob noch nicht zu! Immer noch nicht, immer noch nicht, immer noch …… schwupps sind wir über den Hubbel „geflogen“ und rein geht’s in den Weg der parallel der Gleise verläuft.

Freie Fläche, kein Schatten auf den Schienen, der das merklich schwächer werdende Licht der sinkenden Sonne trübt, keine Wolken ….. perfekt! Perfekt?

Nicht ganz! Denn der Weg verläuft deutlich unterhalb der Schienen. Und auf der anderen Seite gibt es zwar, wie erwähnt, keinen Wald, dafür aber nur sumpfige Wiesen. Alles andere als gut. Und so bleibt mir, während die beiden anderen die Drohnen startklar machen, nur die Aussicht, in die Getriebekästen der Loks zu fotografieren.

Mit immer noch Groll wegen des Nichtlichts von eben im Bauch, und Frustration dass wohl auch Versuch 2 bei mir aufgrund fehlendem Standplatzes scheitert, springe ich unschlüssig so lange hin und her, bis ich endgültig falsch stehe und nur mehr ein „naja, dass hätte man sich sparen Bild“ dabei raus kommt. Also genießen wir doch lieber den Drohnenblick aus Gubis Fluggerät, der einen deutlich besseren Abschluss des Fototages darstellt.











Grummelnd packe ich meine Fotosachen in den Rucksack und grummelnd teilt mir mein Bauch mit, dass der kleine Happen gerade ja ganz nett war, ich mir aber nicht einbilden bräuchte, dass ich damit nun meine Schuldigkeit, ausreichend Abendessen, zuzuführen schon erfüllt hätte.

Und da die Mägen der beiden Anderen sich dieser Meinung vollumfänglich anschließen, steht unser Gefährt, nach kurzem Tankstopp, wenig später auf einem schmuddeligen Parkplatz und wir selber sitzen, oder sollte ich besser sagen kleben, im Innenraum des dazugehörigen Restaurants einer weltweit agierenden Burgerbude.

Doch nicht nur der Reinigungsdienst scheint hier nur zu sporadischen Tätigkeiten bereit, auch das reduziert agierende Personal ist eher mit sich als mit etwaig auftauchenden, lästigen Gästen beschäftigt. So zieht sich der Bestell- und Bereitstellungsvorgang, trotz äußerst überschaubarer Auslastung, ganz enorm, was der Eingruppierung in den Bereich „Schnellrestaurant“ komplett widerspricht.

Endlich sind wir, nachdem wir Gefahr gelaufen sind, an einer großen Klebefläche, vermutlich verursacht von ca. 13 l Softgetränkt, die hier von Jahren verschüttet wurden, kleben zu bleiben, an unserem nicht wirklich weniger haftenden Tisch gelangt. Nur gut, dass es in diesen Lokalitäten Tabletts mit Papierbogen gibt, die quasi als steriler Tischersatz dienen können. Nil indes scheint der Adhäsionsgrad von Tischplatte und Sitzbank noch nicht wirklich zufrieden zu stellen. Daher entschließt er sich, mittels schwungvollem Umstoßens eines Bechers Blubberbrause, Boden, Tisch und Sitzgelegenheit auf ein einheitliches Niveau zu bringen, was ihm routiniert auch ohne Problem binnen Sekunden gelingt.

Nachdem Dutzende Papiertücher, in der ehrenvollen Aufgabe die Flut einzudämmen, ihr Leben gelassen haben, kommen wir endlich zum Essen.

Wieder draußen, vorbei an Krähen, die eifrig dabei sind die übervollen Mülleimer zu leeren, reift der Entschluss, dass wir die Sonne und deren mildes Abendlicht doch nutzen könnten, um noch einige Bahnhofsbilder zu machen. Nil hat dazu auch die richtige Location im Angebot. Eine Fußgängerbrücke, die nahe dem Betriebswerk hoch über die Gleise führt, und unter der, so seine Erinnerung, auch einige Dr16 abgestellt sind.

Gut, Dr16 stehen hier in direkter Fotodistanz leider keine, dafür gibt es genügend Anderes zu sehen und abzulichten, darunter Sr1, die neu ins Archiv wandern.






Zusammen mit zwei weiteren Vertreterinnen der neuesten Ellokbaureihe der VR, steht Sr3 3311 im Betriebswerk von Oulu. Die Anzahl der hier abgestellten Maschinen verschiedenster Baureihen zeigt die Bedeutung des nordfinnischen Bahnknotens.






Wieder eine Lücke im Archiv gefüllt. Etwas schüchtern wartet im Hintergrund Sr1 3009 auf ihre nächsten Einsätze.






Im letzten Licht des Tages rangiert Dv12 2512 hinterhalb des Betriebswerkes von Oulu. Die Gummikonkurrenz im Vordergrund hat dagegen schon Feierabend.






Vertreter aller im Einsatz befindlichen Streckenloks der VR stehen an diesem Abend im Betriebswerk von Oulu. Zuvorderst mit Sr1 3036 eine Maschine der ersten, und über lange Jahre hinweg einzigen, Ellok-Baureihe.






Eher selten schaffen es die unscheinbaren Rangierhobel der Reihe TVe4 auf Bilder von Eisenbahnfreunden. Daher hier ein Foto der 514, die sich bereits verschämt in den Schatten zurück gezogen hat.







Kein schlechter Abschluss für den Tag. Wann hat man sonst Gelegenheit, alle aktiven Streckenloks der VR auf einem Haufen bewundern zu können. Schade nur, dass die Dieselloks so weit weg, und damit unfotografierbar, standen.

Fröhlich schwatzend geht es die lange Rampe der Brücke hinunter zum Auto. Ende eines Fototags?

Nein nicht ganz. Denn die Sonne gibt sich so richtig Mühe. Und der Hohe Norden bringt lange, sehr lange Abende. Und da unser Häuschen keine 300 m von der Ostsee weg ist, gibt es nur eines: So schnell wie möglich zurück zum Campingplatz und meine Kollegen zur maximalen Eile getrieben. Die geben sich zwar nur semi interessiert, trödeln dann auch extra noch herum, doch schließlich folgen sie mir brav, als ich flotten Schrittes in Richtung Strand strebe. So stehen wir wenig später am Wasser, Handys werden gezückt, der Verschluss meiner Kamera läuft nochmal heiß und Blicke gehen hinaus auf das Wasser, hin zur langsam sinkenden, goldgelben Sonne. Wer braucht da noch Italien!































Nachdem wir auch noch bis vor zum Aussichtsturm geschlendert sind, geht es wieder zurück in unsere Hütte. Noch ein kurzer Blick vom Strand aus ….. *aaaah* …. Entspannung pur …. dann geht es an die Planung für den morgigen, den vorletzten Tag.

Erzzüge von Osten her stehen auf dem Programm. Erzzüge mit Doppel Sr2 bzw. Sr3. Das Ende offen. Heimlich spukt bei mir schon der Gedanke an RZD Diesel im Grenzbahnhof, aber bis dahin ist es eine ganze Ecke. Und ob sich das rentiert und/oder die beiden Begleiter sich dafür motivieren lassen, ist fraglich. Also bescheiden wir uns mit den Planungen des Tagesstartes. Und der ist gewohnt früh.

Mal wieder legt Nil den Takt fest, hat er doch mit Hilfe von Julia und Unterstützung von Google und Gubi das Programm für die ersten Stunden des Tages festgelegt. Und wie gewohnt kein schlechtes. So langsam komm ich mir wie ein Schmarotzer vor *schäm* , besteht doch mein Hauptbeitrag seit ein paar Tagen meist nur aus „fahren“. Na gut, auch ein Beitrag zur Tour, den aufgrund der Mietsituation halt nur ich leisten kann.

Sei es wie es sei, „wir“ haben mal wieder einen Plan. Akribisch ausgearbeitet und bis ins letzte stimmig. Wieviel so Mühen manchmal wert sind, wenn es am nächsten Tag ganz anders kommt, werden wir erleben!

Gute Nacht!