Erinnerungen an die Nohab-Einsätze im Kosovo – Teil 3: Auf dem Weg nach Pejë
Von Pascal Zingg
Wie schon die ersten beiden Teile, beginnen wir auch den dritten und letzten Teil nochmals in Fushë Kosovë.Der Fahrplan sah damals zwei Zugpaare vor. Eines begann früh morgens in Pristina und war gegen 11 Uhr in Pejë. Die Rückfahrt erfolgte am Nachmittag. Das zweite Zugpaar startet am Morgen in Pejë und war dementsprechend am Mittag in Pristina. Zum Einsatz kamen auf dieser Relation neben Y1 auch die Nohabs mit 2-3 Wagen. Waren es im Jahr 2009 noch Schwedenwagen, wie im Bild oben, sah man im Jahr 2010 ausschliesslich Schlieren.
Geografisch dreht die Strecke nach Drenas und Pejë vor dem Depot von Fushë Kosovë in den Westen. Nach kurzer Fahrt wird Bardh erreicht. Hier zweigt die ehemalige Strecke nach Magurë ab, die der Güterverkehr als Zugang zur Mine Golësh benutzt, wo Erz abgebaut wird.

Waren die Nohabs im Personenverkehr allgegenwärtig, kamen sie im Güterverkehr eher selten zum Einsatz. Die löbliche Ausnahme war Lok 008, die immerhin noch drei Fahrmotoren hatte und deshalb die Erzzüge nach Drenas hochschleppen konnte. Neben 008 sah man deshalb meist einen Kennedy vor den Güterzügen.
Bewegen wir uns nun aber wieder weg von der Mine Golësh und machen uns auf den Weg von Bardh nach Drenas. Während die Hauptstrasse einen direkteren Weg nach Drenas nimmt, folgt die Bahn einem Flusstal, das einige gute Motive bereithält. So auch am Ortsende von Bardh.
Da bis zum Jahr 2009 nur eine Naturstrasse durchs Tal führte, nahm die Siedlungsdichte hinter Bardh deutlich ab.
Dass der Kosovo landschaftlich interessant sein kann, zeigt sich bei der Felsformation „die alte Frau“, wo eines meiner Lieblingsbilder entstand.
Ebenfalls sehr gut umzusetzen ist der Haltpunkt in Dritan.
Hinter Dritan erreicht man schon bald die Abraumhügel der Firma Ferronickeli.

Nach einer Schleife um einen Hügel erreicht der Zug schliesslich Drenas. Hier werden die Erzzüge umfahren und ins Werkgelände gestellt. Nicht selten war eine Nohab auch über längere Zeit im Werksgelände am Rangieren.
Hinter Drenas fand damals kein Güterverkehr statt. Dies obwohl es in Pejë mit der Bierbrauerei durchaus einen potentiellen Bahnkunden gegeben hätte. Da es in diesem Bereich kaum parallele Strassen gibt, war auch eine Zugverfolgung schwierig. Abhilfe schaffte da der Sonderzug im Jahr 2010.

Der nächst grössere Ort hinter Drenas ist Klinë, wo unser Fotozug damals endete.
In Klinë zweigte früher auch die Strecke nach Prizren, der zweitgrössten Stadt des Landes, ab. Diese Verbindung ging nach dem Krieg jedoch nie mehr in Betrieb. So bleibt den Bahnfahrer einzig die Option Pejë, wo der Schienenstrang durch den westlichen Kosovo endet.

Wie für den Bahnfahrer endet auch für uns die (Zeit-)Reise durch den Kosovo im Bahnhof von Pejë. Dabei sei mir an dieser Stelle noch eine Anekdote vergönnt. Da ich in meinen Schulklassen immer wieder Migranten habe, erzähle ich immer gerne in welchen Ländern ich schon Eisenbahnfotos angefertigt habe. Bei den Autoliebhabern aus dem Kosovo ist die Reaktion fast immer die gleiche: „Was? Im Kosovo gibt es Eisenbahnen?“ Natürlich muss ich an dieser Stelle jeweils Bilder von meinen Touren zeigen. Einmal hatte ich dabei auch ein Mädchen aus Pejë in der Klasse. Als ich ihr das Bild vom Bahnhof zeigte, realisierte sie ganze erstaunt: „Ach das ist der Bahnhof? Da hab ich in den letzten Ferien ein Selfie gemacht. Es war mir aber nicht bewusst, dass es da Züge gibt!“
Nach solchen Aussagen realisiert man relativ schnell, welchen Stellenwert die Eisenbahn im Kosovo hat. Es überrascht daher nicht, dass die kosovarische Eisenbahn im Vergleich zur Strasse in den letzten Jahren kaum Fortschritte gemacht hat.