Flucht in die spanische Wärme – Teil 4: Letzter Tag am Pass und Rückreise
Von Daniel Wipf
Dienstag, 14.05.2019Der letzte Tag meines Aufenthaltes bricht wieder früh morgens an. Mein Wecker klingelte kurz vor 7 Uhr und ich packte meine Sachen ein. Nachdem das Zimmer geräumt war gab es im Restaurant Frühstück. Ein getoastetes Brot mit Konfitüre und ein frisch gepresster Orangensaft. Klasse, so kann jeder Tag starten!
Zeit um sich kurz Gedanken zu machen, was den heute das Ziel sein sollte. Na klar, Güterzüge! Meine Wunschstellen hatte ich eigentlich alle, nur fehlten vielerorts noch die Güterzugbilder. Die Idee auf der Südseite einige Bilder zu machen hatte ich jedoch aufgegeben. Da wäre nur mit viel Aufwand und Zeit etwas möglich gewesen…und auch nur das mit Vorbehalt. Die Vegetation ist da sehr dicht und entsprechendes Bearbeitungswerkzeug hatte ich nicht dabei. Die angedachte Morgenstelle bei Linares war nur mit einem langen Fussmarsch zu erreichen, weshalb ich von dieser absah. Eine Alternative fand ich bei Tunnelausgang des Pajares Scheiteltunnels.
So ging es kurz nach 8 Uhr los und ich fuhr direkt nach Busdongo hoch. Mit der Befürchtung einen Güterzug anzutreffen, fuhr ich rasch nach Busdongo. Doch auch dort war kein Güterzug im Bahnhof, weshalb ich mich so am Tunnelausgang aufstellte, dass ich jederzeit ins Auto stressen konnte um den Güterzug südlich an einer bevorzugten Stelle abzulichten. Anstatt eines Güterzuges fuhr wenige Minuten vor meiner errechneten Durchfahrtszeit des Alvia ein Auto zu meiner Position. Wie sich schnell herausstellte, war ich heute nicht der einzige Fotograf an der Strecke. Die 3 Kollegen waren extra aus Andalusien angereist und wollten hier ebenfalls 3 Tage verbringen. So warteten wir gemeinsam auf den Alvia und kamen trotz Sprachbarriere schnell ins Gespräch. Ein Glück hatte ich vor gut 5 Jahren einmal ein Jahr lang spanisch gelernt, da blieb doch der eine oder andere Brocken hängen.
Alvia 4070 hat soeben den Scheiteltunnel verlassen und fährt in wenigen Minuten durch den Bahnhof Busdongo
Während des Gespräches stellte sich schnell heraus, dass die Kollegen einen Tagesplan der geplanten Züge sowie einen Zugang zu einem Live-System besassen. Einer der 3 war Mitarbeiter von ADIF und entsprechend mit Zugängen ausgerüstet. Sehr praktisch! Leider stellte sich auch schnell heraus, dass der Tagesplan höchstens als Klopapier nutzbar war. Die Züge im Live-System passten überhaupt nicht zu den Zügen auf dem Tagesplan. Alles war stark verspätet oder hatte Ausfall. Um einen aktuellen Plan zu bekommen fuhren wir zusammen zum Bahnhof Busdongo, doch es konnte kein Personal gefunden werden. Alles war zu und vereinsamt. Kein Wunder, fahren doch am Morgen keine Güterzüge.
Bald schon musste für den Alvia nach Barcelona eine passende Stelle gefunden werden. Ich schlug vor zur Stelle mit dem Strommasten zu fahren, da ich insgeheim auf einen Güterzug dort hoffte. Gemeinsam ging es dort also nochmals den Berg hinauf, wo wir munter weiter versuchten Informationen auszutauschen.
Gemäss Tagesplan sollten in Richtung Norden 2 Güterzüge kommen. Dies hatte ich auch die letzten Tage beobachtet. Irgendwie war heute der Plan jedoch komplett durcheinander und es schien nicht so zu laufen wie es sollte. Was jedoch konstant war, war der fehlende Güterzug am Morgen in Südrichtung. Dieser war weder im Tagesplan noch im kurzfristigen System enthalten. Naja, eine Chance gab es noch. Ein Zusatzgüterzug welcher nicht im Wochenplan drin war, dafür hätten die Kollegen angeblich keine Infos. Könnte also jederzeit kommen!
Im Gespräch stellte sich heraus, dass die einst interessanten Kohlezüge gänzlich von der Strecke verschwunden sind. Grund dafür ist die Schliessung des Kohlekraftwerks in La Robla. Aaah, ok, deswegen hat das Ding nicht mehr gequalmt. Schade, denn mit den Kohlezügen war stets das private EVU COMSA beauftragt. Es wurde oft die BITRAC eingesetzt, eine von CAF hergestellte Hybridlokomotive. Schade!
Die Kollegen entschlossen sich die Stelle zu verlassen, doch ich wollte noch etwas weiter den Berg hinauf. Wir verabschiedeten uns, tauschten noch die Handynummern aus und wollten uns im Laufe des Tages nochmals schreiben. Während sie zu ihrem Auto liefen stieg ich vom Hügel runter, durchquerte ein Bach und stieg auf den hinter mir liegenden Hügel hoch. Hier bot sich ein etwas anderer Blick auf die Stelle, welcher mir besser gefiel. Bald schon stand Alvia 4110 auf dem Plan.
Da die letzten beiden Tage gegen 13:30 ein Güterzug in Richtung Süden fuhr, wollte ich heute auch noch etwas abwarten. Dieses sollte auch belohnt werden.
Ich wollte den Vorsprung nutzen um nach Busdongo zu fahren und dort einen nordwärts fahrenden Zug beim Tunnel in der Einfahrt zu fotografieren. Doch dieser Plan wurde mir von einem in Busdongo wartenden Stahlzug zunichte gemacht. Schnell gedreht, nach Villamanín de la Tercia und dort den Berg hochgespurtet. Kaum an der Stelle kam der Stahlcoil-Zug auch schon um die Ecke, etwas zu früh für ein ideales Seitenlicht.
Ich wollte hier definitiv noch einen weiteren Zug mit ordentlichem Seitenlicht fotografieren, so dass ich auf den baldigen Alvia aus Madrid wartete.
Genau wie gestern kreuzte dieser nämlich in Busdongo mit dem südwärts fahrenden Güterzug 84260. Dieser kam dann auch passend im Licht an der Fotostelle.
Mangels Fotostellen wollte ich auf den kurz danach verkehrenden Alvia von Gijon nach Madrid ebenfalls hier abwarten.
Was jetzt folgte war einfach nur ärgerlich. Ich verliess die Stelle und wollte nochmals an die gestrige Abendstelle sitzen um ggf. noch einen der beiden im Tagesplan vorgesehenen Güterzüge abzuwarten. Da weder im Tagesplan noch in der Kurzfristplanung etwas gemeldet wurde, lief ich gemütlich zum Auto zurück, fuhr an die Stelle, cremte mich nochmals mit Sonnencreme ein und lief zur Stelle hoch. Genau in dem Moment, als ich die Gleise bei einem Bahnübergang überqueren wollte, erschienen am Tunnelausgang 3 Spitzenlichter. MIST, das hätte eigentlich prima gepasst!
Der Rest des Abends kann relativ einfach beschrieben werden. Ich wartete auf einen Güterzug, welcher nie kommen wollte. Nach dem planmässigen Alvia und dem südwärts fahrenden Regio war noch ein Güterzug in Richtung Gijon angekündigt. Dieser stand für rund 1.5 Stunden im Bahnhof von Villamanín und wartete dort diverse Kreuzungen und Überholungen ab. Vergeblich wartete ich auf diesen Zug und musste dann kurz vor 20:00 Uhr bedingt durch den tiefen Sonnenschein aufgeben.
Stahlcoil-Zug 82262 auf dem Weg von Trasona nach Valladolid. Am Zugschluss liefen die beiden 251 mit, welche wohl geholfen hatten den Zug auf der Nordrampe nach Busdongo zu stossen
Da ich an der Stelle ein S-130 erwartet habe, bin ich so hin gestanden wie 2 Tage zuvor für den S-120. Zu meinem Ärger kam heute genau an derselben Stelle wieder ein S-120, jedoch mit einer anderen Zugnummer
Da noch gut 4 Stunden bzw. 400km Autobahn anstanden, ärgerte ich mich ein bisschen, dass ich so lange gewartet hatte. So könnte ich eigentlich schon bald in Madrid sein und hätte hier am Berg nichts verpasst. Doch der Zug mit 2 Traxxen hätte mich an der Stelle definitiv noch gereizt und mich dazu bewogen, bis ans bittere Ende zu warten. Leider wurde meine Geduld nicht belohnt.
Von der Autofahrt gibt es nicht viel zu berichten. Die Autobahnen ermöglichen ein schnelles vorwärtskommen und ich erreichte Madrid nach einer kurzen Lenk- und Essenspause knapp nach Mitternacht. Noch schnell alles leergeräumt und die Karre noch vollgetankt, so dass morgen früh keine solche Arbeiten anstanden. Einquartiert hatte ich mich im Hotel Ibis Aeropuerto, welches strategisch günstig nahe dem Terminal 2 lag. Dort musste ich morgen um 07:00 mein Auto abgeben und meinen Flug erwischen, welcher um 08:20 flog.
Mittwoch, 15.05.2019
Pünktlich um 07:00 stand ich nach einer kurzen Nacht am Flughafen Madrid und retournierte mein Auto bei der hiesigen Hertz-Filiale. Alles bene! Im Terminal ging alles sehr schnell und ich durchquerte erfolgreiche ohne irgendwelche Mitmenschen die Sicherheitskontrolle. Hatte wohl gerade eine gute Zeit erwischt, den der Flughafen war an und für sich sehr gut belebt. Beim Gate wartete ich noch eine gute halbe Stunde, ehe Air Europa zum Boarding aufrief. Mit gut einer halben Stunde Verspätung ging es dann auch in Richtung Zürich los und wir flogen bis ca. der Schweizer Grenze über das wolkenlose Frankreich.
Wie gewohnt erreichte ich in Zürich innert kürzester Zeit den Flughafenbahnhof und erwischte gleich eine S-Bahn nach Zürich Oerlikon. Das Reisen ohne Handgepäck beinhaltet zwar Einschränkungen, ermöglicht aber auch richtig schnelle Transfers!
In Oerlikon ging es dann kurz zum örtlichen Bäcker, ehe ich kurz vor 12 Uhr auf der Arbeit eintraf und den Rest des Tages diverse Pendenzen erledigte.
Fazit zur Reise:
Was soll ich hier sagen? Ich bin im Grossen und Ganzen sehr zufrieden. Das Wetter war 4 Tage grandios und die Landschaft auf dem Pajarespass mit den vielen Blüten fototechnisch sehr angenehm. Die Temperaturen waren tagsüber noch nicht zu heiss und die Wiesen waren noch saftig grün. Das Warten in der Sonne war zwar jeweils nur mit Kappe und Sonnencreme machbar, wäre aber im Sommer um einiges unangenehmer gewesen. Ich würde also wieder zur selben Jahreszeit dahin reisen!
Einziger Wehrmutstropfen waren die Güterzüge, welche mich trotz Tagesplan am letzten Tag vereselt hatten. Hätte ich gewusst wann was fährt hätte ich Güterzugstechnisch sicher eine doppelt so grosse Ausbeute gehabt. Da die Loks aber mittlerweile alle als fahrende Leinwände agieren, war ihr Anblick grundsätzlich durchwegs ein Graus. Daher bevorzugte ich die Alvias gegenüber den Güterzügen und bin im Nachhinein auch froh, dass ein S-120 mit den restlichen S-130 im Umlauf mitgeschwommen ist.
Wann der Pajarespass und ob er überhaupt gänzlich geschlossen wird steht noch in den Sternen. ADIF kommunizierte vorsichtig das Jahr 2021, doch falls das Problem mit dem Wassereinbruch im neuen Basistunnel gelöst werden kann, könnte es auch bereits 2020 sein. Da angeblich die alte Strecke aufgegeben werden soll, bin ich froh, hatte ich ein schönes Zeitfenster erwischt und bin mit dieser tollen Fotoausbeute nachhause gekommen!
Anbei noch ein paar Bilder von meinem letzten Besuch im Jahr 2010:
Die 251 waren damals frisch umgepinselt und machten daher einen ordentlichen Eindruck. Auch fuhr der Stahlzug ein bisschen früher als die letzten 3 Tage, so dass das Seitenlicht noch schön passend war
Wir waren damals erstaunt über die noch immer verkehrenden gelben Loks und provezeihten damals den Loks der Reihe 251 keine lange Lebensdauer mehr. Ein Irrtum wie sich im Jahr 2019 herausstellte. 251 026 nahe dem Hostal Gopejar
Die Stahlzüge waren damals noch fest in der Hand von den Mitsubishi-Loks. Eine Traxx von RENFE haben wir damals am Pass nicht gesehen. Coilzug auf dem Weg in Richtung Leon.