Norwegischer Frühling Teil 3: Finse mit Schnee aus allen Richtungen
Von David Gubler
Dienstag, 30.4.2019Nach der gestrigen Verausgabung konnte ich heute in Ruhe ausschlafen, es gab überhaupt nichts zu verpassen. Bedeckt soll es den ganzen Tag sein, meinten zumindest die Wetterfrösche von Meteoblue und yr.
Nun, das mit dem Ausschlafen war dann nicht so, irgendwie wars in meinem Zimmer viel zu warm und hell… die Sonne strahlte schon früh vom stahlblauen Himmel! Uh, äh, aber, meine Planung…
Meine Planung. Die existierte eigentlich nicht, aber ein paar Gedanken hatte ich mir schon gemacht: Dorthin, wo ich gestern war, war sinnfrei - ich hatte da alles gemacht, was ich wollte. Der zweite etwas schwierige Punkt, den ich gerne bearbeitet hätte, wäre das andere Ende des Finse-Tunnels gewesen. Nur, wie kommt man dort hin? Der Tunnel ist ca. 15 km lang, da ist man mit Schneeschuhen gerne mal 4h unterwegs. Also etwa dieselbe Tortur wie gestern. Per Bahn kann man zwar von Finse nach Halligskeid fahren und erstaunlicherweise abends auch wieder zurück - Das Problem liegt hier darin, dass der erste Zug nach Bergen erst kurz vor dem Mittag fährt, und das Zeitfenster so auf rund 6 Stunden dort drüben schrumpft. Davon gehen je 1 bis 1.5 für den Marsch zur Fotostelle und zurück weg, bleiben noch vielleicht drei Stunden vor Ort. Und im entsprechenden Zeitfenster war das Zugsangebot heute genau ein Regiontog nach Bergen. Sprich ziemlich für nix, das Ganze. Seltsamerweise sieht die Situation von Myrdal her noch übler aus - Da muss man via Finse fahren, um morgens hin zu kommen… Also eigentlich alles keine Option, ausser vielleicht morgens rüber laufen, aber dann muss das Wetter zu 100% passen, sonst lohnt der Aufwand nicht. Und die Prognosen für Heute waren nach wie vor schlecht, obwohl es im Moment gerade nicht danach aussah.
Also, den Tag würde ich hier in der Gegend verbringen, was anderes kam nicht in Frage.
So, genug Theorie. Beim Frühstück guckte im Südosten schon der Siff über die Berge. Soviel zum guten Wetter. Aber der Fahrplan versprach um den Mittag gleich zwei Güterzüge gegen Osten, das sollte ich so oder so probieren.
Also los, wieder raus zu den Schneefängern von vorgestern. Auf dem Weg dorthin wechselte das Wetter zusehends von blauem Himmel zu milchigem Siff zu sehr dichtem Siff. Und so blieb es auch, bis der CargoNet-Zug auftauchte. Hjänu.
Eine gute halbe Stunde später tauchte 4842 auf, gezogen von Railpool 187 401, aber es war noch finsterer und den Auslösezeitpunkt habe ich auch etwas vermasselt, entsprechend lassen wir das jetzt.
Nun war das Wetter also wie angekündigt. Uärks. Da löst sich jegliche Motivation für irgendwas komplett in Luft auf. Da verbringe ich doch lieber den Tag gemütlich im schönen „Wohnbereich“ des Hotels, danke.
Allerdings nicht den ganzen Tag. Am späteren Nachmittag lockerten sich die Wolken wieder auf, und die Sonne lugte wieder hervor. Da stellt man sich doch gerne nochmal raus.
Das war dann aber auch gerade alles, was heute noch zu wollen war - Die Wolkendecke schloss sich nun tendenziell wieder und machte zusammen mit der sinkenden Sonne weitere Fotoversuche aussichtslos.
Mittwoch, 1.5.2019
Die Wetterprognosen für heute waren ähnlich gut wie für gestern, nur ohne den blauen Himmel am Morgen. Aber immerhin, es war nicht einfach nur schlecht, sondern zwischendurch guckte doch auch die Sonne mal milchig zwischen den Wolken durch.
Ich hatte keine Lust, wieder den Grossteil des Tages aus dem Hotel dem Siff zuzuschauen, deshalb entschied ich mich für einen Ausflug nach Flåm. Die Tickets dafür wollte ich zunächst am Automaten raus lassen, aber beim Bahnhof war keiner aufzufinden. Also halt kurz online gekauft, geht ja einfach. Finse - Myrdal war kein Problem, Flåm - Finse auch nicht, aber für Myrdal - Flåm bekam ich kein PDF-Ticket, sondern nur einen Voucher-Code, den ich an einem Automaten einlösen solle. Echt, Eisenbahnen und ihre Ticketsysteme, ich verstehe es nicht - wieso muss das alles so grauenvoll kundenunfreundlich sein? Was ist so schwer daran, das Ticket als PDF per Mail zuzustellen? Aber ok, ich kanns ja in Myrdal raus lassen.
Bevor der erste Zug nach Myrdal fuhr, kam aber der erste nach Oslo, und da das Wetter gerade eine etwas bessere Phase hatte, stellte ich mich mal raus.
Und siehe da, es hat sich gelohnt: Regiontog 62 war mit Doppel-El 18 bespannt; es führt 2249 vor 2247
Mit dem nächsten Zug gings nach Myrdal.
Regiontog 609 Finse ab 11:06 - Myrdal an 11:37
Der 609er (eine B5-Komp) war quasi leer. Das lag wohl nicht zuletzt daran, dass er nur bis Voss fuhr statt bis Bergen - weshalb und warum war nicht nachvollziehbar. Noch seltsamer: In Myrdal stand der Zug planmässig geschlagene 30 Minuten rum! So hatte ich auch genügend Zeit, mal einen Ticketautomaten zu suchen, den ich aber auch in Myrdal nicht fand. Vom Zugpersonal des 609 erntete ich nur ein mittleidiges Kopfschütteln, Automat gibts hier in Myrdal nicht, ich solle bei der Kontrolle einfach die Kaufquittung zeigen, das passe dann schon… Echt, ich versteh nicht, was sich die Eisenbahn da überlegt. Wohl Schreibtischtäter am Werk.
Nun gut, ich hatte immer noch genügend Zeit, mich für ein paar Bilder aufzustellen. Dass die Wolkendecke gerade etwas löchrig wurde passte mir natürlich auch ganz gut, auch wenn am Schluss kein wirkliches Sonnenbild dabei raus kam.
Die nächste Bewegung war Di 8 713 als Lokzug, der nicht im Fahrplan verzeichnet war. Die Lok ist beschriftet mit „Berging og Beredskap jernbane“; Ich interpretiere das mal so, dass die Lok von Bane NOR für Bergungsaufgaben vorgehalten wird
Nun war es aber Zeit, zum Bahnhof zurück zu kehren, denn es ging bald weiter nach Flåm.
Lokal 1859 Myrdal ab 13:27 - Flåm an 14:25
Auch beim zweiten Besuch war die Flåmbahn ein grossartiges Erlebnis! Es ist geradezu absurd, den beiden El 18 zuzuschauen, wie sie die fünf Wagen in kaum mehr als Schritttempo durch modelleisenbahntaugliche enge Kurven (130m Radius) und über steile Steigungen (55 Promille) buxieren. Und die Landschaft und Streckenführung sind natürlich absolut genial anzuschauen! Auch wurde das volle Programm, inkl. singenden „Huldra“ (und Zweizug-Betrieb - Abfahrt alle 1 1/4 h - mit manuell bedienter Kreuzung!) geboten. Man könnte ja meinen Anfang Mai sei Nebensaison, aber offenbar sieht das die Eisenbahn anders…
In Myrdal „übersprang“ ich einen Zug, verpflegte mich in der Touristenbeiz und besuchte kurz das Museum.
Lokal 1864 Flåm ab 16:05 - Myrdal an 17:02
Regiontog 64 Myrdal ab 17:53 - Finse an 18:17
Zu der Rückfahrt gibts nicht viel zu sagen, was nicht schon zur Hinfahrt gesagt wurde. Der 64er war etwas besser besetzt, wenn auch auf sehr tiefem Niveau. Negativ fielen dafür im B7 die kaputten Sonnenstoren auf, welche während der ganzen Fahrt klapperten - Zu Glück musste ich nicht mehrere Stunden in diesem Wagen verbringen…
Zurück in Finse war zunächst festzustellen, dass die Komp mit dem Königswagen weg war - drauf musste ich nun also nicht mehr spekulieren… Aber so wie das Wetter hier aussah, hätte es wohl auch bestenfalls ein Dunkelbild des Zuges gegeben.
Für morgen war die Wetterprognose zwar nicht gut (das kennen wir ja), aber dafür sollten die Temperaturen um fast 10 Grad fallen! Leider kombiniert mit starkem Wind. Das könnte ja mal spannend werden… aber wir werden sehen.
Donnerstag, 2.5.2019
Der Tag begann schon mal gut, mit Schnee, der aussen am Fenster klebte! Auch die Sonne war mal mehr, mal weniger präsent. Nur der Wind, der dürfte den heutigen Tag ziemlich unangenehm machen…
Wie üblich war am Frühstücksbuffet keine Eile angesagt. Die ersten Fotos wollte ich zwischen dem Bahnhof Finse und dem Tunnel machen, also quasi gleich vor der Türe.
Obwohl für den ersten Ostfahrer, den 62er, das Seitenlicht hier noch etwas knapp ist, stellte ich mich mal raus in die Kälte. Ja, mehr Kleider anzuziehen wäre eine gute Idee. Der 62er liess mich immerhin nicht warten und kam pünktlich vorbei, bei interessanten Wetterverhältnissen: Die Sonne drückte ganz schön, aber Wind aus Norden blies eine ganze Menge Flugschnee unter und über dem Zug durch. Immerhin, das Trassee war schön weiss, wie es sich für den Winter in der Gegend hier gehört!
Auf den nächsten Ostfahrer hatte ich nun etwas Zeit, um mich wärmer anzuziehen. Ich erwartete Güterzug 5506. Da ich den aber nicht wegen Vorzeitigkeit verpassen wollte, stellte ich mich schon bald wieder raus.
Dass noch Regiontog 609 (heute wieder nur bis Voss) von hinten auftauchte überraschte zwar nicht; dass dies ein Flirt war aber durchaus, ist es doch der erste beobachtete Flirt-Einsatz auf einem Regiontog. War mir sehr recht, so gabs einen netten Nachschuss, auch hier wieder mit viel Schnee-Action in der Luft.
Im Nachhinein fand ich heraus, dass der Zug in Nesbyen begann statt Oslo, wie es aussieht aufgrund von Bauarbeiten. Das dürfte auch der Grund für den Flirt-Einsatz sein - der Zug verkehrt vermutlich mehr alibimässig, da die Nachfrage für Fernverkehr ohne Bedienung von Oslo oder Bergen wohl eher gering war.
Der 5506 liess nun nicht lange auf sich warten, um kam schön im Plan vorbei. Zu kämpfen hatte ich auch hier mit dem Flugschnee, und musste den Zug weit vor fahren lassen, damit die Loks einigermassen frei waren.
Den folgenden 61er Oslo - Bergen liess ich sausen, denn der kam nirgends so richtig im Licht. Stattdessen wollte ich nochmal zu den Schneefängern runter für den 602 in Richtung Oslo. Da der Schnee noch immer schön gefroren war, ging das erstaunlich gut; man konnte über weite Strecken sogar ohne Schneeschuhe auf dem Schnee gehen.
Nur das Wetter hatte sich inzwischen zu einem veritablen Schneesturm gewandelt, und für etwa eine halbe Stunde waren die Bedingungen in alle Richtungen etwa gleich grau. Vor dem Zug besserte sich die Situation dann wieder deutlich - zwar keine Sonne, aber immerhin etwas heller als am Sonntag.
El 18 2254 hat mit Regiontog 602 Bergen - Oslo den Neubauabschnitt erreicht und strebt mit knapp 160 km/h gegen Haugastøl
Nun hatte ich wieder genügend Zeit, mich für den nächsten Zug nach Bergen aufzustellen. Ich wollte mal wieder die Innenkurve versuchen; die mit den diversen Dunkelbildern… Irgendwann muss es doch klappen!
Zunächst sah es aber wieder schlecht aus, ich musste fast eine Stunde im Schneesturm ausharren, bis sich die Sonne kurz vor der Planzeit wieder schüchtern sehen liess. Geht das jetzt als Sonnenbild durch? Also die Hütte rechts unten wirft Schatten!
Nun hätte ich eigentlich nochmal zwei Chancen gehabt, denn es waren mit einigem Abstand zwei Güterzüge angekündigt. Aber irgendwie war ich mit dem Resultat doch soweit zufrieden, dass ich da nicht nochmal einen Zug abwarten wollte. Stattdessen hatte ich andere Pläne.
In Sorge, den nächsten Güterzug zu verpassen, eilte ich schnurstracks zurück zum Hotel, und anschliessend gleich hinten, beim Tunnelportal, den Berg rauf. Von da oben müsste man doch eine nette Übersicht über Finse haben… hatte man auch! Und das Wetter spielte ebenfalls mit, als 5507 fast pünktlich am Horizont auftauchte!
Blick auf Finse mit einer unidentifizierten CargoNet 185er mit Güterzug 5507 in Richtung Bergen. Links unten ist das noch immer bestehende Gleis der alten Strecke zu erkennen; am rechten Bildrand das Hotel Finse 1222
Nun hätte eigentlich noch Güterzug 4845 auftauchen müssen; diesen wartete ich wiederum im Schneesturm im Bahnhof Finse ab, da dort das Licht noch einigermassen passte. Aufgrund der Kreuzung mit dem 64er hätte er sogar auf dem „richtigen“ (hinteren) Gleis kommen müssen. Kurz vor der Planzeit sprang jedoch das Ausfahrtsignal für den 64er auf Grün - Nix Güterzug, leider; das Wetter hätte sogar mitgespielt…
Auch rund 20 Minuten später, zur berechneten Planzeit für eine Kreuzung in Tunga, tat sich überhaupt nichts. Da das Wetter wieder schlechter wurde und ich inzwischen arg fror, machte ich mich stattdessen unter die warme Dusche.
Zum Abschluss des Tages machte ich mich aber doch nochmal auf die Socken, denn inzwischen schien wieder die Sonne… Der vermisste Güterzug war zwar wahrscheinlich schon durch, aber hoffen konnte man ja, und spätestens nach dem folgenden Regiontog 63 war sowieso komplett fertig Licht.
Ok, es war schon vor dem 63er fertig Licht… zwar war die Sonne noch knapp über der Bergkante, aber die Wolken, die der Wind rüber drückte, machten ihr den Garaus.
Damit war ein weiterer Tag erfolgreich abgeschlossen - so hatte ich mir das erhofft, inkl. richtigem Winterwetter!
Das wars dann auch etwa von meinem Aufenthalt in Finse - Es blieb noch eine Nacht. Zwar hätte ich den morgigen Tag problemlos auch noch hier in der Gegend verbringen können, aber die Wetterprognosen sahen mal wieder nicht so aus, als würde sich das lohnen, und eigentlich hatte ich so ziemlich alles, was ich machen wollte… Aber wir werden sehen - im nächsten Teil!