Italienischer Herbst 2016 (3)
Von Neel Bechtiger
Mittwoch 02.11.2016Warum genau sind wir in Foggia? Hier gibt es auf einer Nebenbahn „dichten“ Güterverkehr. Im Industriepark San Nicola gibt es Fiat Werk welches Neuwagen per Bahn abtransportiert und auch gewisse Werkstoffe per Bahn erhält. Das alles ist nett, noch netter ist aber die Tatsache das die Strecke von Foggia bis zum Werk nicht Elektrifiziert ist. So etwas in Italien ist doch durchaus selten anzutreffen. Dazu eine Landschaft die sich sehen lassen kann und so gar nicht „Italienisch“ ist (oder eben doch!).
Mit Gunar anno 2015 hat es leider nicht bis an die Strecke gereicht, aber angefixt von damals wollte ich immer mal da hin ... und die Wetterprognose passte ja auch. Heute sollte es einfach nur schön sein. Obs stimmt?
Und ob die Güterzüge noch fahren? Zu welchen Zeiten sie fahren? Wir würden es heraus finden. Auf Flickr findet man einige Bilder von der Strecke, vornehmlich von einer Stelle. Die Tageszeit der Bilder ist immer ungefähr dieselbe. Was ja für einen Regelmässigen Betrieb spricht.
Wir starteten um 7:45 Uhr vor dem Hotel. Das Auto stand wunderbar noch da wo es sich gestern Abend schlafen gelegt hat und nach dem bezahlen des Hotels fuhren wir in der goldenen Morgensonne auch schon los. In Foggia war schon sehr gut etwas los und wir brauchten 45min um aus dem „Städtchen“ (dass so klein nicht ist) raus zu kommen. Die Verkehrsführung war nicht immer ganz logisch ... aber wir sind ja in Italien. Wie wir aus der Stadt raus fuhren schauten wir uns mal den Personenzugfahrplan auf der Strecke an. Mhm, nun, dichter Verkehr ist etwas anderes, aber es kommt dann doch immer mal wieder etwas, wobei es schon einige Löcher gibt am Mittag / Nachmittag. Viel Verkehr findet in der Dunkelheit statt ...
Auf der SS655 die fast zur Autobahn ausgebaut ist fuhren wir nach Süden. Die erste Stelle die wir angefahren haben ist eine Strassenbrücke über die Bahn bei Ascoli Satriano. Da wollten wir uns mal stellen und dann gucken was passiert. Ein Regio nach Potenza sollte so in einer Stunde bei uns sein. Und Güterverkehr?
Im Bahnhof von Ascoli Satriano ist gerade Baustelle, an der Strecke wird also gearbeitet ... was durchaus für den Güterverkehr spricht, ausserdem waren beide Gleise im Bahnhof blank, wo aber keine Planmässigen Kreuzungen von Regios stattfindet.
Die Brücke war durchaus nett, mit der SS nebendran. Aber der Einschnitt im Gelände war etwas gar tief, es lag noch ein Schatten auf dem Gleis. Der würde zwar beim Regio schon weg sein, aber was wenn ein Güterzug davor kommt?
Wir fuhren also wieder weg und lernten mal die Wege entlang der Strecke kennen. Wobei man zwischen frischem Asphalt und mieser Dreckpiste alles geboten bekommt auf wenigen Kilometern. Bis wir südlich von Ordona wieder an der Strecke waren vergingen ca. Zwanig Minuten.
Die Brücke am Kieswerk war dann belissimo. Und nach etwas Grünpflege noch besser. Wir warteten da gleich im Auto auf den Regio der geschätzt ziemlich pünktlich daher kam.
Ein Ale668 Doppel ist auf dem Weg von Foggia nach Potenza. An der Brücke südlich von Ordona gab es das erste Bild an diesem Tag.
Eigentlich hätte man an der Brücke ja auch gleich auf den Güterzug warten können. Hihi, Güterzug. Wir rechneten mal nicht damit sondern blickten etwas herum, denn ein Gegenzug nach Foggia stand als nächstes sicher an. Ein Hügel zog uns magisch an, da oben hätte man einen prima Blick auf die Bahn und die Ausläufer des Gebirges die noch Wolkenverhangen waren.
Wir stellten uns also auf den Hügel und erwarteten irgendwann in einer Stunde den Regio. Der Blick ging aber trotzdem immer wieder nach rechts auf die Strecke die über die Ebene von Foggia her kommt.
Wir warteten kaum 10min da sichtete David zwei helle Flecken mit einer langen dunklen Schlange hinten dran. Tatsache, ein Güterzug! Und er stellte sich in Ordona in den Bahnhof und bewegte sich nicht mehr. Gegenzug? Distanz zum Regio? Beides möglich ... oder man steht einfach rum weil man noch ein bisschen Zeit übrig hat.
Ein Gegenzug kam leider keiner, auch kein Regio der nicht im Plan stand, denn nach etwa 10min Rauchpause setzte sich der Güterzug langsam in Bewegung und fuhr auf uns zu.
Ein leerer Autozug fährt in Ordona in Richtung seines Ziels, dem Fiat Werk von San Nicola. Es führt eine D445 vor einer D345.
Wie wir so gemütlich zum Auto zurück liefen kam uns irgendwann der Gedanken das man den Zug ja auch hätte verfolgen können. Ja .. hätte, hätte. Die 5min die wir aber getrödelt hatten wären dann sicherlich 5min zuviel. So liessen wir es gleich bleiben und fuhren mal am Kieswerk vorbei der Strecke entlang. Ein Weg war zwar auf den Karten nicht drauf, aber es gab ihn, und er war sogar Asphaltiert. Die Herrlichkeit war aber schnell vorbei ... aber wir mussten ja auch gar nicht weiter. Denn bei zwei Windrädern im Feld nächst der Bahn konnte man prima Stellung beziehen. Da warteten wir dann auf den Regio nach Foggia, oder auf einen Güterzug vorher?
Wir sassen im Feld und blickten mit etwas Sorge in die Berge. Die Wolken da hinten waren gross und immer wieder sieh man Fetzen davon die sich in die Ebene bewegte. Aber so richtig gefährlich wurde es nie.
Die Windräder in der Gegend machen durchaus Sinn, denn es fegte ein starker und kühler Wind von den Bergen her durch die Ebene. Die Sonne die aber immer weiter hinauf stieg mochte wärmen.
Der Regio kam dann ohne das sich nochmal ein Güterzug hätte blicken lassen.
Das Fiat Doppel nach Foggia machte sich prima an unserer Stelle. Wir assen beim warten unseren Sack Mandarinen, was will man mehr??
Und nu? Eine zwei Stunden grosse Zugpause im Fahrplan der Regios gab uns Zeit mal die Strecke bis zum Werk zu beäugen. Wir fuhren wieder auf die Superstrada und steuerten als erstes den Bahnhof von Rocchetta Scalo an. Da zweigt die Anschlussstrecke (die auch mal eine Eisenbahn war) von der „Hauptstrecke“ ab. Auf den Luftbildern sieht man Loks herum stehen, wird also da bereits auf die Werksloks umgespannt?
Der Bahnhof war aber leer, was jetzt doof war. War der Zug schon auf dem Weg zurück nach Foggia und wir haben ihn überfahren oder fahren die FS Diesel doch bis zum Werk?
Hach, wir haben ja Zeit ... :-). Also fuhren wir durch ein Wirrwarr von Strassen zum Werk.
Direkt vor der Werkszufahrt gibt es einen kleinen Bahnhof. Und da drin waren beladene Autowagen zu erkennen. Wie wir gerade zum Werkseingang fuhren um mal zu schauen was man alles sieht zog gerade ein Hobel mit dem leeren Autozug von „vorhin“ in Richtung Werk. Man konnte gerade so schön stehen ...
Am Fiat Werk von Melfi wird gerade ein Leerzug zur Verladung gezogen. Am Zugende ist der Übergabebahnhof mit einem vollen Autozug zu erkennen.
Da hatten wir ja alles richtig gemacht. Nur um sicher zu sein das die Loks auch wirklich am vollen Zug hängen schauten wir noch kurz am Bahnhof vorbei. Und es bestätigte sich was wir uns erhofften. Die beiden FS Loks standen an den blauen Wagen und warteten auf die Abfahrt.
Auf der kurzen Strecke bis Rocchetta Scalo kommt dieser Zug überall etwa im Licht. So fuhren wir wieder zurück und stellten uns kurz vor dem Bahnhof auf ein Feld. Da hin zu kommen ging nicht ganz ohne Verluste, es war arg matschig ... wo nur die Feuchtigkeit her kommt?
Wir waren näher an den Bergen dran als es uns lieb war, denn hier zogen tatsächlich immer wieder Wolken vorbei bzw. Sie blieben hängen. Es war zwar mehrheitlich blau am Himmel, aber eigentlich meist dunkel. So war es wenig erstaunlich das wir den ersten Wolkenschaden des Urlaubs einzogen bei diesem Bild. Na, so halb auf jeden Fall. Als der Güterzug im Schritttempo auftauchte an der Stelle war gerade Sonnenfleck auf dem Weg zu uns. Das der Zug dann vor dem Signal aber noch kurz inne hielt kostete das Bild an der Hauptstelle. Das dann ab dem 4 Wagen wieder Vollicht auf der Strecke war muss nicht erwähnt werden.
Bei der Rückfahrt der Loks mit einem vollen Zug wurden wir das erste mal Opfer der Wolken. Nur der Schuss in die Kurve hinein gelang mit Sonne. Der Zug erreicht gleich Rocchetta Scalo und damit wieder die „Haupstrecke“.
Das der Zug so schnell kam war ja mal nett. Denn wir standen direkt am Gleis der Nebenbahn wo in geschätzten 30min ein Regio nach Foggia vorbei gekommen wäre. Da hätte man irgendwann wechseln „müssen“, und wenn dann der Güterzug ...
David und ich schauten uns an, es war klar, wir fahren dem Zug hinterher. Wir gingen davon aus das er im Bahnhof noch was stehen bleibt, und schnell sind die Züge ja auch nicht gerade.
Aber da haben wir die Rechnung ohne den Stress vom Capo Statione gemacht. Es schiehn als gab er den beiden Lokführern den Befehl so schnell wie möglich nach Foggia zu kommen, denn der Zug sass uns sichtbar im Nacken als wir die Superstrada erreichten.
Äh, wohin? Die Brücke die wir anpeilten war unerreichbar. Wir waren zwar vor dem Zug da, aber man kommt von der Superstrada nicht runter und Parken ist genau da auch nicht.
So parkten wir etwas verzweifelt an der Brücke kurz vor Candela und spurteten über ein Feld rüber zur Bahn.
Gut konnte man bei der ersten Brücke nicht anhalten, denn als der Zug da durch fuhr war es dunkel. Bei uns aber war es Sonnig ... die tiefen Wolken liessen Candela in diesen Minuten in Ruhe.
Die beiden Loks auf dem Weg zurück nach Foggia. Bei Candela reichte es uns gerade so nach einem Spurt über das Feld für ein Bild.
Den Zug weiter zu verfolgen bzw. Weiter vor zu fahren lohnte sich nicht. Die Strecke dreht hinter Candela noch mehr und Licht wäre nicht mal mehr vernünftig auf der Seite.
Nach dem kurzen Stress folgte der gemütliche Teil. Wir hatten eh nichts vor und stellten uns einfach auf die Brücke bei Candela ins Feld. Da wollten wir einfach stehen und schauen was passiert auf den Gleisen. Wir nahmen unser Mittagessen mit und genossen es in der Sonne. Viel los war auf der Strasse nicht und so konnten wir ungestört speisen.
Wir waren noch nicht mal ganz fertig mit Essen als der nächste Regio auftauchte. Er kommt wieder aus Potenza und fährt nach Foggia.
Die Wolken lösten sich nach dem Mittag wieder deutlich auf und die Gefahr von Wolkenschäden wurden immer kleiner. Das gefiel uns! Der Fahrplan passte aber weniger. Es war noch nicht mal 13 Uhr und das nächste Regio Rad sollte sich erst um 15 Uhr bewegen. „Praktischerweise“ dann aber gleich von beiden Seiten. Um 15:07/11 kreuzen sich zwei Regios in Rocchetta Scalo.
Wie wir so warteten und nichts kam schmiedeten wir einen Plan für die beiden Regios. Die wollten wir weiter vorne bei Candela Fotografieren. Frage wie immer: wie wechselt man ohne das man einen Güterzug verpasst? Wir wollten mal 15min vor dem Regio los .. der Güterzug wird ja kaum so kurz vor knapp vor dem Regio kommen wenn man den ganzen Nachmittag freie Strecke hätte für ihn – wenn dann noch einer kommt.
Unsere Deadline war gerade abgelaufen als wir zum Auto sind gegen 14:40 Uhr. Da erhaschte ich durch ein paar Büsche hinten in Candela aus dem Augenwinkel etwas sich bewegendes weisses. Da war vorher aber nichts? Es sah nach dem Regio aus mit Doppel Aln. Na prima, unser Fahrplan liess uns gerade im Stich!
Aber falsch, was kam stammt zwar auch von Fiat, hat aber kein Platz für Personen ... ein Lokzug kam. Ah, Güterzug mit ohne Last.
Kurz vor dem Regio kam doch noch ein „Güterzug“, wenn auch ohne Last. Da gibt es wohl im Werk noch etwas zu holen.
So konnten wir gemütlichst weiter ohne Angst haben zu müssen von einem Güterzug veralbert zu werden. Wir bestiegen unseren Hügel wie geplant und blickten auf die freie Strecke beidseits des Hügels. Das gefiel uns!
Der Regio von Foggia tauchte aber nicht auf, dafür dann 20min später im Plan der Zug nach Foggia. Und da leuchtete es verdächtig silbern über die Fläche. Oha, hier wird also auch schon mit Neubaukrempel gefahren ... es Polt.
Bei Candela fährt der Nachmittägliche Personenzug von Potenza nach Foggia durch die Abendsonne. Das es hier auch schon einbrüche von Polentriebwagen gibt wussten wir ja mal nicht. Aber die Farben sind ja auch nicht so schlecht.
Gekreuzt wurde direkt im Bahnhof von Candela, denn kaum 5min später kam der Gegenzug aus dem Bahnhof gebrummt.
Die Stellen hatten wir herzallerliebst erledigt. Also zurück zur Brücke für die letzten 30min licht. Das die beiden Loks mit Güterwagen zurück kommen in der Zeit war natürlich sehr unwahrscheinlich, aber wenn man es nicht probiert ....
Im kühlen Wind dick eingepackt standen wir auf der Brücke und schauten der Sonne dann zu wie sie langsam dem Bergrücken näher kam. Etwa 5min vor Licht aus war dann das BÜ-Überwachungssignal vor uns plötzlich grün. Es sprang zurück auf rot und nichts geschah. Wollte man uns jetzt zum Tagesabschluss noch veralbern?
Neein ... der Zug brauchte einfach sehr lange vom BÜ bis zu uns ... :-)
Gemeinhin als Büchsenlicht bezeichnet man die Sonne kurz vor dem Untergang. Aber wir nahmen auch dieses Licht dankend mit. Die Industrie hinten ist die Industriezone wo dieser Zug gerade her kommt.
Das war doch ein schöner Abschluss! Wir konnten jetzt sowieso nichts mehr tun, das Licht war weg und Foggia wäre unser Ziel. Wir haben kurz noch überlegt ob wir in Melfi übernachten wollen, der nächsten Stadt an der Strecke nach Potenza. Es wäre von dem Standpunkt bei Candela aus näher als Foggia. Aber wir gingen mal davon aus das der Güterverkehr morgen ähnlich läuft, so wollten wir bei Foggia starten mit dem Güterzug. So schied Melfi aus.
Reserviert haben wir aber nichts, wir kennen ja ein Hotel und heute früh beim Auschecken meinte man schon es wären noch Zimmer zu haben heute Abend.
Wir fuhren also zurück nach Foggia und betrieben noch ewas (sinnlose) Streckenkunde. Aber die Zeit musste ja irgendwie rumgebracht werden, vor 20 Uhr gäbe es eh nichts zu beissen und es war ja gerade erst 16 Uhr durch ;).
Auf der Fahrt nach Norden holten wir ohne eile den Güterzug wieder ein, das gab uns für Morgen die Sicherheit um eine Verfolgung erfolgreich starten zu können. Man ist auch mit bummeln schneller als die Züge.
In Foggia tankten wir eben auf und gingen ins Hotel. Der reichlich verwirrte Herr in der Lobby gab uns den Schlüssel für ein „kleines Zimmer“ und verstand nicht so recht warum wir wieder da sind, und ohne Reservierung.
Wir machten uns nur ganz kurz frisch und liefen dann zum nahe gelegenen Bahnhof. Da gaben wir uns über 40min das volle Programm Staatsbahn. Ein Frecciaargento nach Rom machte Kopf, ein Frecciabiana nach Lecce kam vorbei und ein IC nach Bologna. Viel Verkehr hier ... und schöne Fahrzeuge!
Zum Essen besuchten wir ein Italienisches Lokal in der Stadt. Irgendwie waren wir Blind. Denn von alleine sahen wir nichts. Erst mit unterstützung von Yelp ploppten die Restaurants auf, aber dann an jeder Ecke :-).
Es gab wieder Prima und Secondi Piatti und überfressen wie das letzte mal stolperten wir nach zwei guten Bier zurück zum Hotel.
Gute Nacht!