Betrunkene Finnen und verregnete Trolle 12: Bye bye Dovrefjell!
Von David Gubler
Dienstag, 20.09.2016Wir hatten gestern entschieden, das Morgenprogramm an der Åndalsnes-Strecke nochmal durchzuziehen, in der Hoffnung, die erste Morgenstelle doch noch gescheit umzusetzen. Entsprechend weckte uns der Wecker wieder um halb sieben. Aufräumen, fertig machen, das Zimmer war schon bezahlt.
Der obligatorische Blick zum Himmel liess die Stimmung etwas sinken (wobei, weit sinken konnte sie so früh morgens noch nicht), gab es doch eine dicke, durchgehende Hochnebeldecke. Wobei, Hochnebel bedeutet häufig, dass es darüber keine Wolken hat; und der Nebel hatte ja nun eine gute Stunde Zeit, sich aufzulösen.
Die Frühstücks-Schokomilch gab es, wie gestern, an der nächsten Tanke. Die anschliessende Fahrt zur Fotostelle hinter Bjorli zog sich hin; man unterschätzt die Distanzen hier irgendwie gerne. Trotzt der langen Fahrt tat sich am Himmel nichts; die Hochnebeldecke war dicht. Oder doch nicht? An der Fotostelle angekommen war ganz hinten am Berg was helles zu sehen…
Das Problem war allerdings, dass die Sonne erst gerade so über die Berge kam, und noch keine Zeit hatte, so richtig gut reinzubraten. Entsprechend besserte sich die Situation bis zum ersten Talent aus Åndalsnes kaum. Das kennen wir doch von gestern (Bild von Huerz).
Da hätten wir gleich ausschlafen können, sowas in der Art haben wir gestern schon fabriziert…
Der Güterzug war noch eine Stunde hin, und unsere Hoffnungen stiegen leicht, als sich am Himmel langsam etwas tat. Langsam.
Eine Viertelstunde vor dem Güterzug war zwar schon einiges Blau am Himmel zu sehen, jedoch nicht dort, wo die Sonne her gekommen wäre. Fünf Minuten vor dem Zug wurde es das erste Mal an der Fotostelle etwas heller. Zwei Minute vor dem Zug war die Fotostelle das erste Mal gut ausgeleuchtet. Eine Minute vor dem Zug war das Licht wieder abgesifft.
Als der Zug dann ziemlich pünktlich kam, drückte die Sonne wieder etwas durch. Nicht gerade das, was wir uns unter „gut ausgeleuchtet“ vorstellen, aber die Stimmung ist trotzdem gar nicht übel.
Hat sich die Übung jetzt gelohnt oder nicht? Möge das der Leser entscheiden…
Jedenfalls wollten wir nun den ganzen Weg wieder zurück, da nun ein Güterzug von Trondheim her anstand, und natürlich auch der soeben fotografierte Zug in Dombås umgespannt wurde und seine Reise nach Schweden fortsetzen würde. Fürs Fjell würde es sowieso nicht reichen, aber bei Dovre kannte ich da noch eine Stelle vom letzten Besuch mit Nil. Ist doch immer wieder gut, wenn man die Gegend schon mal ausgekundschaftet hat…
Auf der Fahrt dorthin beäugten wir kritisch die Wettersituation. Zwar waren zwischendurch immer mal wieder längere helle Abschnitte auszumachen, aber dort, wo sich der Nebel gelichtet hatte, kam eine ziemlich dichte „richtige“ Bewölkungsschicht zum Vorschein. Uh-oh. Meteoblue hatte doch für heute super Wetter vorhergesagt, was ist denn das nun wieder?
In Dombås guckten wir kurz im Bahnhof vorbei, ob denn der Zug schon dort war; Ja, war er, die beiden T44 wurden gerade abgekuppelt. Als weitere Traktion stand eine Traxx bereit, und, zu unserem Erstaunen, eine weitere T44 - Diese war wohl weniger mit Traktionsaufgaben betraut, sondern wurde wohl einmal mehr überführt.
In Dovre angekommen sah die Situation zwar grundsätzlich eher schlecht aus, ein blaues Loch setzte sich jedoch an unserer Fotostelle fest - man kann auch mal Glück haben! Nach wenigen Minuten kam auch der Green Cargo-Güterzug aus Åndalsnes vorbei, perfekt!
Auch der CargoNet-Zug aus Trondheim war gemäss Live-Karte schon in der Nähe (etwas vorzeitig), und entsprechend tauchte er bald auf. Das war wohl die Leistung, die vor sieben Jahren noch von CargoLink gefahren wurde; es waren jedenfalls eine ganze Menge AutoLink-Wagen dabei.
Weiter ging es mit dem ersten Personenzug aus Trondheim; dieser war jedoch einige Minuten zu spät. Unterdessen hatte sich das blaue Loch verabschiedet (schön wars mir dir), und so wurde das leider kein Erfolg mehr (Bild von Huerz).
Es sollten nun zwei weitere Güterzüge aus Trondheim folgen. Ich wollte umbedingt die Hügel-Stelle in Hjerkinn machen, während Huerz darauf tendierte, erst noch den nächsten BM 73 aus Oslo bei Kongsvoll nachzuschiessen und erst dann auf den Hügel zu kommen, mit dem Risiko, einen der beiden Güterzüge (oder gar beide) zu verpassen.
Die Fahrt übers Fjell zeigte aber einmal mehr, dass die Meteoblue-Prognose total daneben war - der Nebel war zwar weg, dafür gab es eine durchgehende Wolkendecke. Inzwischen hatte Meteoblue die Prognose auch auf fünf Sonnenstunden für Hjerkinn runter korrigiert. Nicht, dass wir das geglaubt hätten…
Huerz lud mich in Hjerkinn aus und ich kraxelte den Hügel von vorgestern hoch. Kaum oben kam schon der BM 73 vorbei, aber leider im Fast-Kein-Licht - auch der kurze Halt am Bahnhof half da nicht. Huerz dagegen hatte wenigstens halbwegs Licht.
Da der erste Güterzug eine halbe Stunde Verspätung hatte, reichte es Huerz problemlos, auch zu meinem Hügel hoch zu kommen. Sogar das Wetter machte Anstalten sich zu bessern, aber auch nur so ein bisschen, mit kurzen sonnigen Abschnitten.
Der längste sonnige Abschnitt kam dann zwei Minuten vor dem ersten Zug, die ganze Gegend war wunderschön ausgeleuchtet - bis sich im blauen Loch (!) ein gemeiner, nein, richtig fieser Schleier breit machte, und das schöne Herbstlicht zu Muslicht verkommen liess. Dass das heute hier nicht klappt war ja abzusehen, aber der doofe Schleier wäre jetzt trotzdem nicht nötig gewesen.
Beim zweiten Zug sah es noch düsterer aus; es war ebenfalls eine CargoNet-Leistung mit Traxx (Bild von Huerz).
Wir streiften noch kurz die Frage, weshalb die Züge denn so kurz sind; kamen dann aber zur Erkenntnis, dass sie das eigentlich nicht sind - 24 (halbe) Tragwagen mit bis zu 40 Tonnen pro Tragwagen ergibt unter Umständen ein Zuggewicht von 600-800 Tonnen, was für eine einzelne Traxx bei den hiesigen Steigungen nicht wenig ist.
Eigentlich hatten wir nun vor, das Bild mit dem blauem BM 73 zu wiederholen, in der Hoffnung, dass heute ein Roter kommt. Bei der aktuellen schlechten Wettersituation konnte das jedoch irgendwie nur in Frust enden, und entschieden uns deswegen, die Flucht nach Vorne anzutreten und uns auf den Weg in Richtung Saltfjell zu machen.
Kaum hatten wir das Fjell verlassen, mussten wir feststellen, dass das Wetter aufklarte, ja richtig gut wurde! Wieso eigentlich wieder da, wo wir nicht waren?!? (ok, das war in den letzten Tagen auch schon umgekehrt…)
Aber wenn das Wetter schon so schön ist, dann können wir ja doch den BM 73 aus Trondheim irgendwo verwursten. Die Stellensuche gestaltete sich zwar schwierig, aber am Schluss landeten wir doch bei einer akzeptablen Fotostelle südlich von Oppdal; dort, wo wir am Samstag schon auf Stellensuche rum gekurvt sind.
Passt!
So langsam wollten wir aber doch noch Kilometer machen auf unserem Weg nach Norden. Das Ziel des Tages war Steinkjer, gut 100 km nördlich von Trondheim.
Die Fahrt zog sich hin, das Rumgegurke mit 60 bis 80 km/h auf sehr gut ausgebauten Strassen war für Huerz sehr ermüdend. Irgendwann stand dann der nächste Regiontog aus Trondheim an, vermutlich wieder ein einzelner BM 73. Hinter Soknedal kurvten wir etwas in den Hügeln herum auf der Suche nach einer Fotostelle, wurden aber nicht fündig - immerhin sorgte der „Ausflug“ für etwas Abwechslung in der öden Fahrerei.
Nun wollten wir eigentlich durchziehen bis nach Steinkjer, blieben aber bei der Kirche von Melhus hängen, da diese sich schön im Abendlicht präsentierte, mit der Bahnstrecke direkt davor. Hier befanden wir uns nun im Bereich des Vorortsverkehrs von Trondheim, deshalb konnte es nicht lange dauern, bis irgendwas vorbei kam. Und tatsächlich, wir hatten den Zugang zum Feld noch nicht gefunden, da kam schon ein BM 92 vorbei gerauscht.
Aber kein Problem, in einer halben Stunde kommt der Nächste. Zunächst wollte aber noch das Gestrüpp bezwungen werden, denn den richtigen Zugang fanden wir partout nicht. Dafür war das Getreidefeld zum Glück frisch geerntet, sonst hätten wir das Bild wohl ausfallen lassen müssen, denn wir standen schlussendlich mitten im Feld.
Ein BM 92 kam mit ein paar Minuten Verspätung vorbei.
Dabei hupte weiter hinten schon der nächste Zug. Da die Hupe gleich tönte, erwarteten wir erneut einen BM 92; stattdessen kam aber, eher überraschend, ein Talent. Allerdings war das Wetter mal wieder abgesifft; ein dickes Schmodder-Band hatte es auf uns abgesehen (Bild von Huerz).
Nun ging aber wirklich schnurstracks nach Steinkjer - aber nicht ohne, dass sich Huerz unterwegs göttlich über gewisse norwegische Autofahrer aufregen konnte, die mit dem Einhalten von Geschwindigkeiten offenkundig überfordert waren…
Schlussendlich schafften wir es doch noch ins Hotel, Nachtessen gab es zeiteffizient am Hotel-Büffet (da dieses inbegriffen war relativierte sich auch der hohe Zimmerpreis etwas) und lieber früher als später gingen wir ins Bett, da morgen eine weitere grosse Etappe per Auto anstand. Na dann, gute Nacht.