Als Multimillionär durch das Jahr 1385 - Teil 10
Von Neel Bechtiger
Doshanbeh: 30. Farvardin 1395Guten Morgen im Grand Hotel Khoramabad, Erik, wäre wieder mal etwas für dich. Ich habe mir schon ernsthaft überlegt beim Direktor vorstellig zu werden und für die Namensänderung zu werben, dass würde sich auch im Reiseführer bedeutend besser machen als dieser doch beliebig wirkende Name.
Wir wollten um 7:15 Uhr raus, bei so einer schiefen Zeit wundert es aber nicht das wir es nicht hinbekommen haben. Das lag nicht an den (un)bequemen Betten, sondern einfach am etwas fehlenden Schlaf in den letzten Nächten. Ausserdem war die Aussicht auf die nächste Nacht derart mies das in unseren Köpfen irgendwie nichts aufstehen wollte. Aber das Wetter draussen motivierte, es war wieder perfekt, wie schon gestern. Bei Allah, jetzt wo wir fahren wird das Wetter so schön ... aber darüber sollte man besser nicht denken, ist halt so.
Wir gingen mit etwa 15min Verspätung runter zu Rezeption, David war noch nicht dabei, das Abendessen gestern war nicht nur geschmacklich von von der letzten Sorte ... da konnte der Burgerbrater noch so ein freundlicher Mann sein, es war einfach nur schlecht – und David zollte dem nochmal Tribut.
So haben wir ein etwas falsches Bild von Khoramabad bekommen, Hotel und Essen waren zweifelhaft, für ein nächstes mal machen wir es besser und wir geben der Stadt in den Bergen noch eine zweite Chance - denn ich bin sicher sie kann auch ganz anders!
Das Check-Out zog sich etwas hin, was daran lag das die gute Fee des Hauses einfach nicht verstehen wollte das wir ohne Frühstück abreisen. Aber das stetige deuten ihrerseits in Richtung Frühstücksraum mochte unsere Entscheidung auch nicht umdrehen, denn wenn das Frühstück so ist wie der Rest, nein, wir beliessen es dabei.
Was kostet der Bunker eigentlich? Das wussten wir noch gar nicht und als die Zahl auf dem Taschenrechner erschien lachte ich innerlich laut auf. Wenn wir den Preis vorher gewusst hätten, dann hätten wir gewusst was uns erwartet. Es wirft ein neues Bild auf die gebotene Leistung ... denn bei dem Preis ist alles äusserst Fair :-). Da bei Preis wäre übrigens, das Hotel erstmals in Grand Hotel umbenannt, auch noch viel Luft nach oben liebes Management.
Und die gute Frau die uns immer zum Frühstück bewegen wollte brachte dann noch ein packen Brot fürs mitnehmen, dass war dann nett und dieser (alte) Sonnenschein zauberte ein Lächeln auf unsere Lippen. Herzlich!
Das Auto stand unten und in der Düne war es bitterkalt, der Regen gestern Abend hatte alles wieder abgekühlt, bis zum Schnee fehlten nur noch wenige Gräder. Khoramabad liegt dann doch wieder auf 2500 M.ü.M.
Wir fuhren aus der Stadt raus und bogen am Stadtrand rechts ab in Richtung Sephid Dasht. Dieser Ort im Tal an der Bahn ist von Khoramabad innert ca. 75min zu erreichen. Die Strasse ist gut ausgebaut und windet sich von den 2500 Metern bis auf 1100 ins Tal hinab, ein 70er Schnitt liegt aber trotzdem drin und so waren wir kurz vor 9 Uhr unten im Tal.
Von 2500m drehten wir auf der Strasse bis auf 1100 Meter hinunter. Sepid Dasht liegt da unten im Tal.
In Sephid Dasht liegt in einem etwas breiteren Talabschnitt am Zusammenfluss zweier Flüsse. Die Bahn dreht im Ort zwei grosse Schlaufen, wobei der Bahnhof auf der obersten Ebene liegt. Diese Schlaufen wollten wir heute unter anderem anschauen.
Das kann man irgendwie nicht erklären. Mit dieser kleinen Skizze wird es besser sichtbar. Rot die Strasse(n), grau die Bahn.
Unsere erste Stelle lag auf der Nordostseite des Dorfes auf der gegenüberliegenden Flussseite, von da aus hat man einen Ausblick auf die erste Kehre für Züge Flussaufwärts. Stehen konnte man bestimmt, das war sicher, aber wie viel Aufwand damit verbunden ist sahen wir erst vor Ort. Wir schauten einen Steilen Berghang hinauf und kratzten uns am Kopf. Und dann mussten wir die Hand schon wieder runter nehmen um Ali zu Grüssen der seine drei Kühe gerade entlang der Strasse an uns vorbei trieb und natürlich nicht ungegrüsst und ohne Hände zu Schütteln vorbei gehen konnte.
Der steile Hang wurde in Angriff genommen und hoch gestiefelt, zum Glück war er relativ trocken und daher gut begehbar, die Regenfälle von Gestern Abend waren aufgesogen oder verflogen. Der Ausblick von einem Felsen runter war wahrlich prächtig. Nur die Aussicht auf eine grüne GM mit schwarzen E-Wagen trübten ein bisschen. Es sind die Momente wo man bunte Kistenzüge oder verkehrsrote Regios herbeiwünscht. Wobei, Verkehrsrote Regios gibts ja hier, einfach nicht um diese Uhrzeit ;).
Wir waren gegen 9:40 Uhr auf dem Felsen und hatten die Bahn sicherlich schon 45min im Blick seit wir in den Kehren über dem Ort den Bahnhof erblickten. Geschehen ist nichts in dieser Zeit, kein Zug, nur eine Draisine die mal Talaufwärts aus dem Bahnhof brauste.
Wir sassen in die wärmende Sonne und assen unser Brot und den Kuchen den wir gestern Abend noch gekauft haben, Staubtrocken alles, aber lecker. Und dann nahm ich das Buch hervor das ich mühselig mit hinauf geschleppt habe und begann zu Lesen ... nur damit zwei Seiten später ein Zug auftauchte. Argh, es sind doch nur mehr 10 Seiten, ich wurde gestern schon ständig unterbrochen ;).
Die Befürchtung bezüglich der Zugfarbe traf leider zu, der Zug ist nicht ganz so visibel wie man es sich wünscht, aber hey, das ist meckern auf hohem Niveau. Wenn man weiss was hier Nachts an Personenzüge durchgeht und was Tagsüber (nämlich gar nichts) ist es schon schade, denn eine weisse Wagenschlange ... aber lassen wir das.
Uns hielt nichts mehr auf dem Felsen und wir kletterten wieder zum Auto. Ali war nicht mehr da und ehe er uns hätte entdecken können fuhren wir davon. Eine zweite Stelle für den Vormittag hatte ich mir gestern Abend rausgeguckt und wir kamen dank der schnellen Zugfahrt schneller hin als erwartet. Etwas Talabwärts gleich eine Talbiegung hinter dem Ort passt die Sonne wieder und es führt sogar ein Strässle hin - das leider viel tiefer ist als die Bahn. Und das hiess erneut: Klettern. Wir parkten direkt am kleinen Örtchen und liefen auf den Aussichtsberg zu dessen Füssen das Dorf liegt. Und so bekamen wir dann beste Unterhaltung. Iranisches Dorfleben live und in Farbe. Es ist ein komplett anderes Leben als man es in den Städten sieht. Die Leute interessiert es wohl kaum was im fernen Teheran für Atomdeals ausgehandelt werden, sie wollen einfach ein vernünftiges Leben. Und es scheint uns das sie es auch haben und der Iranische Staat kein so schlechter Vater ist wie er bei uns in den Medien dargestellt wird. Denn es hat nichts von einem Armenviertel, es sind einfache Lehmbauten, jeder hat ein paar Ziegen und etwas Land. Vor der ein oder anderen Hütte steht ein Moped und es ist sauber und aufgeräumt.
Diesmal konnte ich mein Buch endlich fertig lesen, denn es geschah etwa eine Stunde nichts. Wobei wir äussert entspannt warteten. Denn nach etwa 10min an der Stelle rollte oben im Bahnhof ein Zug ein der stehen blieb. Das deutete dann glasklar auf eine Kreuzung hin, und der eine der da steht kommt dann ja auch noch. Bevor aber etwas grosses kam rauschte die Ambulanz vorbei. Tatsache und ungelogen, ein Schienenhobel der Ambulanz.
Aber warum auch nicht? Der Schienenweg ist in diesem abgelegenen Tal mit Abstand der schnellste Weg um in eine Stadt zu kommen - für Sephi Dasht mag es jetzt gerade nicht zutreffen, aber für alle anderen Käffer die keine befestigte Strasse haben sehr wohl.
Als die Ambulanz vermutlich im nächsten Bahnhof war startete da ein Zug der dann eben bei uns auftauchte. Grün und grau. Da hatte der Gegenzug mehr zu bieten, nämlich eine grau / gelbe Lok - an zweiter Stelle. Huhmmm. David und ich eilten für diesen Zug ins Tal hinab und dann drüben wieder rauf. Der Zug kam dann ums Arschlecken zu früh (tschuldigung für die Ausdrucksweise).
Der Weg auf dem wir uns befanden ging noch weiter ins Tal hinein und wir probierten einfach mal wie weit man kommt. Auf dem Luftbild wird das Tal da hinten wieder deutlich breiter und offener, was etwas andere Blicke ermöglichen könnte. Zwei Züge später, beide haben wir mit viel Glück sofort erwischt als wir uns jeweils gestellt hatten, waren wir in diesem Abschnitt bedient. Wir haben dabei eine kleine Siedlung verwirrt ... es sind Gegenden in die sich nur seeehr selten ein Tourist verirrt.
Und wieder wurde in Sepid Dasth gekreuzt, denn kurz darauf kam der nächste Zug nach Süden durchgerollt.
Es war bereits 13 Uhr durch und wir hatten heute früh ja wieder mal mit viel Glück alles mitgenommen an Zugverkehr was das Tal zu bieten hat, nicht ein Zug ist uns in den Rücken gefahren, und das dürfte dann weiter gehen.
Bis hierhin und nicht weiter. Da endete die für unsere Düne befahrbare Strasse. Um weiter zu kommen wäre dann etwas Geländegängigeres von Nöten.
Die frischen Temperaturen die am frühen Morgen noch geherrscht hatten mochte die starke Aprilsonne vertreiben und es war um die Zeit angenehm warm, bzw. sogar heiss. Bis wir gegen 16 Uhr in die Kehren von Sepid Dasht fahren wollten - wir hatten da einen Termin mit DB Regio Lorestan - fuhren wir in den offenen Talabschnitt den wir erst über den Dreckweg anfahren wollten. Der Dreckweg war aber unbefahrbar für unsere Düne, dann halt hinten rum mit etwa 20km Umweg (für 2km Luftlinie). In den kleinen Ort Chamsangar mit Bahnhof führt sogar eine Asphaltstrasse, was uns positiv überraschte. Und da sage noch jemand das Tal ist unzugänglich, zumindest in diesen Abschnitten stimmt das so nicht wirklich - weiter Südlich aber durchaus ;).
Wir fuhren auch diese Strasse bis ans Ende, und diese endet dann am Ortsrand. Ohne Moped kommt man da nicht weiter. Aber wir wollten auch gar nicht weiter. Denn die wenigen Kilometer waren schon schön genug. Unser Plan kam uns dazu zwar in die Quere, aber wir wissens fürs nächste mal. Die Landschaft im breiten Talgrund ist sanft Hügelig, die Bahn folgt dem darin meandernden Flusslauf.
Im Bahnhof von Chamsangar der aufgrund der Lage im breiten Tal auch mehr Platz in Anspruch nehmen darf, stand neben einer ganzen Reihe abgestellter Wagen auch der Regio bereit, mit Hobel, 3 Bn, dem ewig langem Gepäckwagen und dem .. Wasauchimmerwagen.
Der Regio stand leider so blöd abgestellt das nur ein Handybild von der Nase präsentiert werden kann.
Um heraus zu finden wann die Kiste fährt wurden wir beim Bahnhofspersonal vorstellig. Wir wurden eingeladen uns alles anzusehen.
Das ist "unser" Regio, den wir gegen 16 Uhr in Sepid Dasht machen wollen. Genau der, der aber gestern nur wenige Kilometer weiter Nördlich schon über eine Stunde Verspätung hatte auf unsere Berechnung. Wann fährt er also wirklich los? Neue Fahrzeiten? Wir fragten am Bahnhof einfach nach und die Info gefiel uns. Um 15:30 Uhr soll er fahren, was dann mit 16 Uhr in Sepid Dasht passt.
Da wir heute Abend noch etwas vor hatten waren wir auf eine mehr oder weniger pünktliche Abfahrt angewiesen. Um 22:30 Uhr müssen wir das Auto in Teheran am Flughafen abgeben, 500km Strecke liegen vor uns und Osmand sagt knappe 6 Stunden fahrt vorraus. Wer rechnet merkt, 16 Uhr ist eigentlich schon zu spät, aber Osmand dürfte genug Reserve haben die wir rausfahren, alleine schon auf der Nebenstrasse bis Khoramabad.
Wir sagten uns: Die 16 Uhr Regios nehmen wir mit, dann fahren wir, und wenn wir halt 30min zu spät abgeben, tja dann geben wir halt 30min zu spät ab.
Wir fuhren an eine Stelle vor Chamsagar die vom Auto aus gut zu erreichen war und sassen die Stunde bis wir nach Sepid Dasht fahren mussten ab. Es hätte sehrsehr gerne ein Zug kommen dürfen, vor allem der Blick nach Süden war atemberaubend, aber es kam nichts, ausser einer Draisine – mitnehmen!
Als die Zeit drückte fuhren wir nach Sephid Dasht und waren um 15:30 Uhr mit viel Reserve da. Dank der Kehre kann man Züge nach Norden und Süden vom mehr oder weniger selben Standort aus Fotografieren. Und nicht irgendwie sondern richtig gut, man muss sich echt nicht entscheiden. Der Standort liegt noch oberhalb des Dorfes so ziemlich direkt an der Strasse. Das ich so etwas auf meine alten Tage noch erlebe ... kein Aufwand für ALLES ;).
Wir standen da oben und schauten zum Himmel, oha, die ersten Quellwolken drückten von Westen her rein, aber alles keine Gefahr für uns, nur Fluseln und die sind schnell. Es war 15:40 Uhr als im Bahnhof ein Südwärts fahrender Güterzug einfuhr. Und das war ja mal nett, selbst wenn der Regio nach Süden zu spät sein sollte könnten wir die Stellen mit Südfahrern machen, dann mit dem Güterzug. Und da er nicht weiter fuhr würde der Regio nach Dorud wohl auch kommen. Perfekt irgendwie oder?
Der Regio kam dann wirklich auch und wir hatten endlich ein Bild das man herzeigen kann von Bn im Iran. Nur das Spassbild in der obersten Ebene ging aufgrund der Wolken nicht, ein Flusel zog vor die Sonne und blieb da beständig. Neeein, geh weg!
Der Regio nach Süden war noch nicht da und es kam auch nicht (hatten wir ja irgendwie befürchtet), denn der Güterzug setzte sich langsam und ächzend in Bewegung. Blick zum Himmel – aus der Flusel (der einzigen weit und Breit) ist eine veritable Quellwolke geworden und sie sabberte rum. Der erste Schuss auf den Güterzug, Gottlob der Hauptblick, klappte gerade so, Bild Nr. 2 (uh die Stelle tut weh) und auch Bild Nr. 3 (da hatten wir den Regio schon, darum nicht schlimm) gingen aber im Schatten ab. Und wollt ihr raten wie lange es dauerte bis die Wolke die sich über 3min Stationär am Himmel hielt verzogen war? Genau, nur einige Sekunden.
Aber in der Position zu jammern sind wir irgendwie nicht, auch wenn das schon etwas schmerzte am Schluss, denn es wäre einfach nicht nötig gewesen, nein wäre es nicht. Punkt!
Auf den Regio nach Süden warten konnten wir nicht, auch wenn wir es gerne getan hätten aufgrund der Wolkenschäden. Aber wir mussten los, es war schon 16:20 Uhr durch.
Als wir aus dem Tal hinaus fuhren blickten wir hinter den hohen Bergflanken die uns die Sicht nach Westen verwehrt hatten auf eine Wolkenfront die wie gestern schnell näher zog und das ganze Tal bald in Schatten hüllen würde. Schon erstaunlich was aus Quellwolken alles entstehen kann, gut wer weiss was da sonst noch aus dem Irak rüber zieht (der ist nämlich Luftlinie kaum 200km weit weg) ;).
Auf der Strasse nach Khoramabad brachten wir die vom Navi prognostizierte Ankunft am Flughafen um 30min runter und unterschritten dabei auch die geforderte Zeit von 22:30 Uhr. Und so konnten wir es ganz entspannt angehen lassen. Denn je weiter wir fuhren desto mehr schwindeten die Minuten.
Wir hatten damit gerechnet, denn über alles gesehen fährt man wenn man auf den Hauptstrassen und Autobahnen nicht trödelt ein 90er Schnitt, inkl. Tanken. Und so war es am Schluss auch, auch wenn wir fürs Tanken fast 15min Zeit verbrauchten.
Bis Arak, grüsst die grünen Männchen vom Schwerwasserreaktor, fuhren wir stetig neben den Wolken her. Dann drehten wir aber die Richtung und fuhren gerade aus mitten in eine schwarze Wand hinein.
Und noch ein „Werner LKW“, hat nicht der Meister Röhrich so eine Kiste? ;) Was übrigens mal noch auftauchte in den Antworten auf meinen Bericht. Beide Mercdes Modelle die wir hier sehen werden im Iran noch heute neu gebaut!
Der Regen peitschte an die Windschutzscheibe und der Scheibenwischer schmierte das Wasser nur mehr hin und her. Die Gummis sind wohl noch die originalen von anno dazumals, wirklich viel sah ich nicht mehr. Hm, mit schlechter Sicht im Regen am letzten Tag des Urlaubs zurück fahren - kommt mir doch irgendwie bekannt vor :-).
Bis Qom war es stockdunkle Nacht und dann kam der ganz entspannte Teil, eine Dreispurige Autobahn direkt zum Flughafen, für LKW's gesperrt und auf 120km/h frei. Das alles beleuchtet mit wenig Verkehr. Also mit Tempomat, Spurassistent und Abstandhalter könnte man sich schlafen legen. Man ist aber auch angehalten die 120km/h nicht zu überschreiten. Denn ungelogen - alle paar Kilometer wird gemessen. Durch fixe Geräte oder durch Polizei am Strassenrand. Das hält die Iraner nicht davon ab zu fahren wie die letzten Menschen .... wie sage ich so schön: Das benehmen eines Volkes lässt sich am verhalten auf der Strasse messen. Und geht mal in euch, dass stimmt ziemlich genau? :-) Ob nun Norwegen, China oder die Schweiz, es passt (Ausnahmen gibts natürlich immer).
Wir fuhren am Flughafen vor und mussten erst mal etwas basteln bis wir am Hotel waren, inkl. rückwärts eine Autobahneinfahrt runter und solche Spässe, aber es war eh überhaupt nichts los.
Es war 22 Uhr, wir wollten daher erst das Hotel klar machen und dann den Wagen abgeben, wir müssen um 5 wieder raus, da machen solche Zeitoptimierungsaktionen sehr viel Sinn, imfall :-).
Einquartiert haben wir uns im IBIS, dem einzigen Hotel einer Westlichen Kette im ganzen Land - eröffnet nur wenigen Wochen nach dem die Sanktionen gelockert wurden im Winter 2015/16 - Französische Unternehmen ... man muss ja nur mal auf die Strasse schauen und man merkt wie fest die hier die Hände mit im Spiel haben.
Das Hotel liegt direkt am Flughafen und ist durch eine Fussgängerbrücke mit ihm verbunden. An diese Brücke wird in naher Zukunft auf der Bahnhof der Flughafenbahn angeschlossen, der aber wie die Strecke noch im Bau ist.
Wir waren um 22:31 Uhr am Europcar Schalter im Flughafen und trafen auf einen vermeintlich unfreundlich und lustlosen Irani. Er nahm das Auto ab, fand nichts mehr, und wurde dann plötzlich sehr freundlich. Kilometerstand vom Auto? Das wir uns nach ein paar Tagen von der Kilometerbegrenzung „freigekauft“ haben ist bei ihm nicht angekommen. Ein Telefonanruf (um diese Zeit?) brachte aber auch die Gewissheit – alles gut, wir hatten freie Kilometer. Und dieses freikaufen im Nachhinein hat sich gelohnt, 2500km wären dabei gewesen, 3750 haben wir gemacht. Auch wenn der zusätzliche Kilometer "nur" 20 Cent ist, mit den 130 EUR die wir jetzt noch hinlegen mussten für das freikaufen fuhren wir besser. Die Aktion mit „in die Berge, aus den Bergen in die Berge“ hat ganz schön Kilometer gefressen. Aber genau deshalb sollte man freie Kilometer haben, denn man weiss nie was passiert. Auch im Iran nicht :-).
Wir verabschiedeten uns von der Wanderdüne ... sie hat uns gute Dienste erwiesen. Es ist kein tolles Auto, aber zweckmässig und wir hätten mit einem grösseren Auto nicht mehr machen können! Dank der grossen Bodenfreiheit kommt man mit ihm praktisch überall hin - ausser Sand, den mag er nicht. Das Komfortpaket könnte man das nächste mal noch Buchen ... :-D.
Und wir können mit Stolz behaupten nach 10 Tagen Iranischen Strassen: Das Auto hat keinen Kratzer mehr als vorher, und wieder einmal hätten wir die „full insurcance“ nicht gebracht.
Wir winkten hinterher und liefen rüber zum Ibis. Assen eine Kleinigkeit zum Abendbrot (nein, kein Burger sondern Cesar Salat) Dusche --> Rucksack zusammenräumen --> Bett.
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Seshhanbeh: 31. Farvardin 1395
Es war 04:30 Uhr als mein Wecker klingelte, Daniel war schon unter der Dusche und ich rieb mir die Augen. Das war dann mal eine ganz blöde Schlafphase in der mich der Wecker erwischt hat. Ich hatte wunderbar geschlafen, wie ein Stein. Da hat auch der Fernseher nicht gestört den man nicht ausschalten kann --> mol super Patent.
Blick aus dem Zimmer rüber zum Flughafen. Da ist schon wieder ein Betrieb ... die Europäer fliegen alle über Nacht nach Teheran und zurück. So ist der Betrieb zwischen 2 und 5 fast am grössten.
Wir machten uns ganz kurz frisch und liefen um 4:45 Uhr wie geplant runter zur Rezeption. Unser Flug geht 6:50 Uhr und eigentlich empfiehlt Iran Air 3 Stunden am Flughafen einzuplanen. Aber was will man da so lange? Denn Gross ist der Imam Khomenei Airport nicht und soooo lange können die Schlangen gar nicht sein das 2h nicht reichen würden, selbst wenn das Boarding eine Stunde vor Abflug beginnt. 2h reichen, müssen einfach, weil war ja jetzt eh so :-).
Der Gute Mann an der Rezeption war zur Gänze unmotiviert und die Kommunikation war wirklich mühsam. Wir mussten noch bezahlen und wir wollten unsere Rial versetzen. Wir rechneten damit genug zu haben, aber es reichte eben gerade nicht. Es fehlten 500'000, 12 EUR. Nicht schlecht häh, da hatten wir ganz gut Geld gewechselt :-). Die Differenz bezahlten wir in USD. Was jetzt schnell klingt dauerte 15min, weil er ewig brauchte uns den Betrag in USD zu nennen und dann alles fünf mal nachzählte. Und nebenbei noch eine Indische Gruppe bediente. Wenn er sich nur auf uns konzentriert hätte wären wir in 2min durch gewesen ... aber was solls, Zeit genug.
Wir liefen rüber zum Flughafen und standen sofort in die erste Reihe an. Sicherheitskontrolle vor dem Check-In Bereich. Auch wenn die sehr schlampig erfolgte verloren wir die ersten 25min unseres Polsters. Es war genau EINE Kontrollline geöffnet. Sorgen machten wir uns aber keine, auch wenn die Leute von Flügen die nach unserem gehen schon am drängeln waren "sorry, we are late" - nix da! Hier wird brav gewartet. Es war 6:40 Uhr bis wir durch waren, etwas über eine Stunde bis Abflug, easy. Wir erwarteten beim Check-In eine Schlange, waren aber ganz alleine. Die Dame meinte dann noch "you are very late" jaja, wissen wir, tut uns ja Leid :-).
Jetzt wissen wir auch warum man 3h vor Abflug am Flughafen da sein muss, damit man sich die Zeit in blöden Schlangen um die Ohren schlagen kann.
Den Rucksack waren wir los, die nächste Schlange folgte postwendend, die Passkontrolle. 20min nach unserem Flug geht der IranAir Flug nach Mumbai und ein Teil dieses Fliegers stand gerade an der Passkontrolle. Jesses gott, wie habe ich gesagt, am benehmen eines Volkes auf der Strasse? Ich erweitere: Am benehmen eines Volkes vor der Passkontrolle kann man auch schliessen ...! Was diese grosse Reisegruppe an den zwei geöffneten Schaltern für Ausländer abzogen war einfach nur allerfeinstes Kino. Wäre man nicht mitten drin gewesen hätte man laut gelacht und sich amüsiert. Mitten drin kostete es aber Nerven und Gelassenheit. Das war nichts für klaustrophoben. Warum die Inder an einer Kontrolle drängeln verstehe ich nicht. Das hat nichts mit dem aktiven anstehen wie am Skilift zu tun, sondern nur mit drängeln, freches und gewissenloses drängeln. Da wird ein batzen Pässe nach vorne gereicht damit sich die Leute dann hinterher drücken - die Pässe sind ja jetzt vorne. Da wird aufgerückt bis zum geht nicht mehr. Ich hätte nur meinen Kopf drehen und die Zunge raushalten müssen und ich hätte verschiedenste Inder ablecken können. Man wird begrabscht, Hände und Gepäck sind am Arsch, in der Seite und am Rücken. Also wenn ich meine Schlussfolgerung von oben konsequent zu Ende denke weiss ich warum das Auto fahren in Indiens Städten die Hölle sein muss :).
Wir waren durch und liefen weiter in Richtung Gate, das bereits aufgelistet war, Gate 21, direkt hinter der nächsten Sicherheitskontrolle. Diesmal Handgepäck - aber die war genau so schlampert wie die erste. Flüssigkeiten? Egal, Gürtel, achba, hat ja jeder an ...
Und alles anstehen und kontrolliert werden hat dann so lange gedauert das wir kaum 5min sassen als wir schon gebeten wurden. Gate 23 wäre dann unseres. Gut, das erklärt warum am eigentlich kommunizierten Gate 21 kein Flieger stand ... am Gate 23 aber übrigens auch nicht. Aber Busfahren - kann man machen (also nur zum Flieger, nicht nach Milano).
Ahm, die Handvoll Leute die da am Gate standen ... sollte das alles sein nach Milano?
Daniel Fragte in einer Reihe heute Früh mal noch was wohl für Leute vom Iran nach Milano reisen? Eine Mischung aus Irani und Italiener? Dass gibt eine ganz ... lustige Mischung. Aber nichts da, die Antwort ist eindeutig: NIEMAND. Einfach niemand fliegt von Teheran nach Milano. Also auch nicht ganz richtig, 1/3 Bus voll war es dann schon, und das alles in einen A310.
Guuut, sehr gut. Denn so hat jeder hier eine Mittelreihe zum hinlegen. Die 5 Stunden vergingen so gemüüütlichst.
Wir fliegen irgendwo wohl gerade über die Westtürkei, das Essen ist lange her und ich hätte wieder ein Hüngerli. Aber das sparen wir uns auf für später, denn wir haben da noch etwas vor Heute bevor wir daheim sind ;). Wie wir genau heim kommen müssen wir dann schauen. Bus bis Lugano? Über Milano Centrale? Oder doch mit der S-Bahn direkt? Hach, wir schauen einfach.
Wir flogen über den Balkan und drehten südlich der Alpen auf den Kurs nach Milano.
Im Bordunterhaltungssystem wurde die Route und die aktuelle Position angezeigt. Das diese Karte alt ist merkte man daran das Jugoslawien noch existierte und ein grosses Land war – nichts mit neuen Grenzen. Gut, der Flieger ist auch schon 30 Jahre alt ... :-)
Jugoslawien lebt! Das zeigt aber wie alt die Kiste ist ... die Software stammt noch von damals (der Monitor eher nicht ;))
Wir setzten in Milano bei Sonnenschein auf der Piste auf, wir waren pünktlich und schauten auf die Uhr. Wenn das Gepäck schnell kommt dann könnten wir den Bus nach Lugano gerade erreichen und uns die Fahrt mit dem Zug und Umsteigen in Milano CLE ersparen.
Die Koffer kamen und kamen nicht ... und kamen nicht und kamen nicht. Als sie dann endlich da waren hetzten wir durch das Flughafengebäude um nur 2min vor der Planmässigen Abfahrt des Busses an seinem Platz zu stehen. Prima Punktlandung!
Der Bus, der vielleicht mit 10 Reisenden besetzt war am Schluss, brachte auf den Bahnhofsplatz von Lugano. Die Verbindung ist echt praktisch ... denn die Eisenbahn kriegt es nicht gebacken eine vernünftige Verbindung in die Schweiz zu bieten. Es gibt zwar ein paar mal am Tag TILO über Luino nach Bellinzona ... aber da war um Stunden nichts als wir da waren. Und über den Centrale dauerts einfach ewig. Ausserdem braucht man dann für den blöden EC wieder Reservierung ... alles nichts für spontane. Da hilft der Bus, für so wenige Reisende vielleicht auch besser als ein ganzer Zut. Auch wenn sich das in Zukunft ja ändern soll, die Verbindungen zum Flughafen mit der Bahn direkt in die Schweiz sollen ausgebaut werden. Man wartet gespannt.
In Lugano liessen wir einen ICN Takt sausen und setzten uns in die Bahnhofswirtschaft. Wir hatten HUNGER, auf ein Schweineschnitzel und und Durst auf Bier. Alles was im Iran halt eben verboten ist .... Hihihih.
ESSEN! Nichts gegen die Iranische Küche, aber so ein Schnitzel und ein Bier ist eben doch auch nichts verkehrtes.
Als der Bauch voll war setzten wir uns rüber in den ICN und fuhren mit ihm über den Gotthard nach Zürich ... nach Uster. Und fertig.
In Zürich stand am Nebengleis noch 11161, ihreszeichens die letzte grüne BoBo bei SBB P. Ein Bild gab es daher noch ... man will ja nicht so sein nur weil man aus dem Iran zurück kommt.
Das erste daheim war dann eine Dusche und der Rasierapparat wurde zur Hand genommen. Der „Iran Bart“ durfte wieder ab, sonst krieg ich dann mecker :-).