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Tere tulemast Eesti - Teil 3

Von

Sonntag, 15.05.2016



Eigentlich wäre ich ja mal gerne in Richtung Tartu aufgebrochen. Doch der Wetterbericht meint "ne, ne, dat lass man stecken, eh!". Gut, da er gestern mit seiner Vorhersage auch richtig war, nämlich mit der, dass in der Ecke um Narva bis Nachmittag die Sonne scheint, glaub ich ihm ausnahmsweise auch heute und mache mich auf den Weg nach Osten. Damit steht zu befürchten dass es ein recht ruhiger Tag werden wird, denn ob heute am Sonntag der sowieso schon spärliche Güterverkehr überhaupt rollt ist mal sehr zu bezweifeln. Bleiben der Regio nach Narva und zurück und der Schnellzug. Irgendwie alles sehr repitativ. Aber besser wie im Dunkeln stehen und sich die Seele aus dem Leib ärgern. Außerdem, was fährt Richtung Tartu? Gut, auch ein paar Regios. Aber immer nur Stadler? Da lieber hoffen, dass GoRail heute mal eine andere TEP70 auf Reisen schickt. Zwar vom Anblick her gleich, aber der Nummernsammler in mir würde sich freuen. Und die Stelle in Vaivara könnte man bei der Gelegenheit ja auch nochmal probieren. Zudem, Vaivara! Wenn ich was aus dem gestrigen Tag gelernt habe, dann das, dass der Hafen von Sillamae durchaus für Verkehr sorgen kann. Und wenn dem so ist, dann liefe der eben zwischen Narva und Vaivara. Also doch keine gar so schlechten Aussichten!

Der frühmorgendliche Blick aus dem Fenster bestätigt schon mal die Prognose und die Tendenz gen Osten. Hier in Rakvere ist alles dicht, nicht weit östlich dagegen strahlt der Himmel blau. Na gut, blaugrau, denn eine dünne Schleicherschicht hängt am Firmament. Aber damit kann ich gut leben.

Mal kucken was in Sachen Frühstück geboten ist. Gestern wurde ich ja nicht gefragt, ob ich wieder eher Essen will. Wenn jetzt nichts da steht, dann könnte ich gleich dem Personenzug entgegen fahren, bis dahin wo Sonne ist. Ist schon fertig gedeckt, dann wäre es fies nicht zu erscheinen. Wenn man schon extra eher für mich angefangen hat.

Alles steht bereit als ich um kurz nach halb acht im Frühstücksraum aufschlage. Also brav hingesetzt und gegessen. Man will ja schließlich nicht unhöflich sein. Und eine Stadlerbüchs mehr oder weniger? Was spielt das für eine Rolle im großen Weltgefüge.

So roll ich dann kurz nach acht vom Hof gen Osten, der Sonne entgegen, die sich schon wenige Kilometer hinter Rakvere zeigt. Leer ist's auf den Straßen und ich kann die Fahrt genießen, inkl. eines kleinen Zwischenstopps zwecks Blick über die Ostsee. Da bis zur Durchfahrt von Regio und Schnellzug in Vaivara noch genügend Zeit ist, mach ich etwas Stellenkunde. Wer weiß, kommt man doch nochmal her und dann....

Erste Station Püssi. Dort startet, glaubt man dem Bildfahrplan, am späten Nachmittag der Nahgüterzug. Fragt sich nur warum! Denn außer einem Anschlussgleis, welches zudem noch gekappt ist, kann ich nichts anderes erkennen. Dafür gibt es an der westlichen Einfahrt ein schönes Motiv mit Fabrikgebäude im Hintergrund. Fehlt nur der Zug.

Nächster Halt Kohtla-Nomme. Laut Karte ein ordentlicher Bahnhof mit einem ganzen Netz aus Anschlussbahnen drum herum. Zudem habe ich gestern vom Auto aus an diversen Industrieanlagen auch Kesselwagen herum stehen sehen. Vor meinem geistigen Auge taucht schon eine abgestellte Werklok im Bahnhof auf. Vielleicht ja eine Tamara oder ihre kleinere, weil vierachsige, Schwester? Aber nichts, außer man freut sich über eine abgestellte Reihe Kesselwagen. Dann weiter nach Vaivara. Wird langsam auch Zeit.

Hin zur Stelle verirrt sich auch noch mein Navi. Erst will es nicht über die Hauptstraße, weil es ja eine gaaaanz tolle Abkürzung kennt. Da weiß es nicht mehr weiter, will das ich im Kreis fahre *hä?* und zu guter Letzt ist es so verstört, dass es mich fast "anfleht", wieder zurück zur Hauptstraße zu fahren. So ja nun nicht Kamerad! Dann schalten wir mal um auf instinktive Navigation, und siehe da, nur drei Minuten später stehe ich am Fuß der alten Brückenrampe. Rucksack geschultert, hoch gelaufen und mit Buch in die Sonne gesetzt bis es auf den Schienen zu rollen beginnt. Ganz relaxed, ohne dabei ständig in den Himmel schauen zu müssen, denn dort gibt’s heute nur Blau. Kann auch ganz schön sein! *grins*



Heute ist wieder der vierteilige 2404 im Einsatz. Als Zug 220 ist er von Tallinn nach Narva an der russischen Grenze unterwegs. Im Hintergrund links und rechts gehen Anschlussgleise von der Hauptbahn ab, wobei das rechte zum Hafen von Sillamae führt.





Kurz nach Vaivara wird, wie ich seit gestern weiß, mit dem Schnellzug aus Moskau gekreuzt. Es dauert also nicht allzulange und das grell leuchtende Spitzenlicht kündigt das Näherkommen desselbigen an.




Glück muss der Mensch haben. Nach drei Tagen hat man bei GoRail endlich die Maschinen getauscht. Und so bringt heute TEP70-0236 die Garnitur der RZD in die estnische Hauptstadt.






Nachschuss auf den Moskau-Zug. Neben alten und neuen Wagen läuft auch ein Speisewagen mit.






Soweit so gut, das ist doch nun mal ein schöner Tagesstart. Zwei Sonnenbilder, damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet als ich vorgestern die Wetterprognose gesehen hab. Was stand da doch noch gleich? Den ganzen Tag dichte Bewölkung mit Regen? Ich glaub ich sollte dringend Meteorologe werden! Wobei, dass mit dem Wahrsagen ist so eine Sache, denn auch ich könnte jetzt gut eine Glaskugel brauchen. Weil, bis auf den Personenzug zurück nach Tallinn in zwei Stunden und dem Schnellzug heute Abend gegen das Licht, steht nun nichts mehr auf dem Plan. Wenigstens wenn man davon ausgeht, dass es in Sachen Güterverkehr heute noch mauer ist also sonst.

Gut, ich habe hier in der Ecke die Stelle von gestern, und einen Bahnübergang zwischen dort und hier. Den will ich mal ausprobieren. Ganz gemütlich ein paar Zeilen schreiben und auf den P-Zug warten. Klingt ja jetzt erstmal auch nicht so verkehrt.

Plätzchen gesucht, Auto ausgerichtet damit ich möglichst im Schatten sitze, Notebook geschnappt und ...... blubbert da nicht was im Wald zur rechten? Und rollt da nicht was? Ne, letzteres kann auch der Wind sein der heftig geht und einen narrt. Aber das blubbern, das bleibt irgendwie! Hm, lieber mal raus stellen! Es wird doch nicht? Es kann doch nicht? Doch......




Mit dem langen Vorbau voraus schiebt sich 1515 aus dem Wald. Am Haken einen Güterzug, der allem Anschein nach für den nahen Hafen in Sillamae bestimmt ist.





Ach nö, warum immer mit der langen Schnauze voraus! *hm* Fang ich jetzt auch schon so das maulen an? *grins* Lieber nicht! Zu frisch ist noch die Erinnerung an gestern als prompt nach dem Ausruf "ne, wieder kein Güterzug sondern nur so ne Stadler Kiste" die Wolken vor die Sonne zogen und mit einer kurzen Ausnahme nie wieder gehen wollten. Also Mund halten und abdrücken.

Schön! Mit einem Güterzug hätte ich jetzt nicht gerechnet. Aber die andere Richtung wäre besser gewesen, wegen Frontlicht und so. Egal, man will ja nicht zu mäklig sein. Ich schaue der Fuhre nach, die unendlich langsam die Steigung hinunter rollt und dann in die Ablenkung geht. Wie gedacht, Fuhre für den Hafen.

Keine Viertelstunde später, ich habe mich gerade vom "Schrecken" erholt und wieder ins Auto gesetzt, erbebt der Wald erneut durch deutliche Auspuffschläge. Diesmal scheinen sie aber irgendwie andere zu sein. Erbeben ist auch zu reißerisch ausgedrückt. Vernehmlich, aber leiser würde es deutlich beschreiben. Schon keimt Hoffnung auf. Doch noch eine 2TE116? Auch wenn ich es mir nicht wirklich vorstellen kann, denn was sollten die hier noch fahren. Aber vielleicht laufen die von Coal Train ja noch? Weiter hinten hat es doch mal unübersehbar aus mächtigen Schloten geraucht und irgendwie hing die Luft in der Region voller Verbrennungsgeruch. Wäre natürlich jetzt noch der Hammer und das Sahnehäubchen auf den bisherigen Tag.

Gespannt schaue ich in den Wald, da wo die Strecke einen Bogen macht und sehe, wie sich wieder ein Ami um die Kurve schiebt, und wieder mit langem Vorbau voraus. Dasch isch etz aba scho irgendwie blöd, nich..... Bleibt wieder nur Quer stellen und damit abschneiden des Zuges. Aber was hilfts?




Nur kurz nach der nach dem ersten Zug kommt 1544 mit dem zweiten Zugteil daher. Wieder sind es durchweg russische Wagen.






Was mag da nur drin sein? Getreide?





Warum fährt man die beiden Teile nicht zusammen? Und warum kommen die Loks immer mit der langen Schnauze voraus? Letzteres ist leicht zu beantworten. Weil sie so in Narva stehen und nur dort gedreht werden können. Aber warum sollte man das auf diesem kurzen Stück tun, denn auf der Rückfahrt ständen sie ja dann wieder verkehrt. Für die Sache mit den zwei Teilen kann ich nur Vermutungen anstellen. Vielleicht sind die Gleise in Vaivara nicht lange genug für einen kompletten Zug, was ich aber bezweifel. Oder man macht es einfach, weil man kann. Verkehr ist eh keiner und Trassen für zwei sind somit genügend vorhanden.

Unten im Bahnhof ist mittlerweile rege Rangiertätigkeit ausgebrochen. Ein drittes Spitzenlicht und ein Blick durchs Tele verraten nämlich, zwischenzeitlich ist die Lok der Hafenbahn angekommen und hat einen Kesselzug gebracht. Vielleicht ist man ja heute so schnell wie gestern und dann krieg ich gleich noch ein Bild mit Lok richtig rum und Frontlicht. Hui! Das wäre doch was. Oder eigentlich gleich mit zwei Loks vorne dran. Denn die werden doch nicht eine Leer voraus schicken! Oder? *blubber, blubber, blubber*




Warum auch immer. Statt zusammen mit 1544 vor dem Kesselzug zurück nach Narva zu fahren, kommt 1515 alleine die Rampe herauf.





Es gibt Momente, da stellt man am besten das Denken ein. Und genau das tue ich jetzt. Oder nicht ganz. Denn es bleibt die Frage, wann kommt der Kesselzug mit der 1544. Idealerweise vor dem Personenzug aus Narva. Zeit wäre noch genug, also wenn er jetzt die nächste halbe Stunde los fahren würde. Mir wäre es recht, hätte er dann nämlich noch Frontlicht. Doch es tritt wieder Stille auf den Schienen ein, denn während sich die Hafenlok mit einem Zugteil auf dem Weg macht, heute sind sie aber schnell, steht die 1544 mit Lampe aus im Vorfeld. Da tut sich also erstmal nichts. Hätte Vaivara eine Bahnhofskneipe, wäre die Pause ja jetzt noch irgendwie logisch *grins* Aber so. Und so kommt es wie es kommen muss, erst kommt Stadler von Osten....




2404 als Zug 225 auf dem Weg wieder zurück nach Tallinn.





....dann lange nichts. Gerade mal so lange bis die Sonne raus gedreht hat, und erst dann setzt sich der Kesselzug schwer in Bewegung. Unendlich langsam erklimmt er die Steigung, die gleich nach der letzten Bahnhofsweiche beginnt. Mehr wie 30 - 40 km/h werden es wohl nicht sein, mit denen er sich heranschiebt, während neben mir die Schienen anfangen zu singen.




Nur mühsam kommt 1544 mit dem Kesselzug in Fahrt.






Der rechts sichtbare Traktor ist auf dem Acker deutlich schneller als die Diesellok, die die lange Schlange Kesselwagen die Steigung herauf wuchtet.






Trotz der enormen Anstrengung ist die Maschine aber relativ leise. Anderer Schalldämpfer?





Wie man sieht, hat auch 1544 noch ihr Glocke.






Es sind die Wagen von Gestern, die 1544 da am Haken hat. Und so wie die Getreidewagen (?), die eben vorbeigerollt sind und die ich auch gestern gesehen hab, sind sie in Russland zugelassen. Der Hafen von Sillamae scheint wohl noch etwas Verkehr zu generieren. Wenn auch in bescheidenem Ausmaß. Würde aber auch die drei GM-Diesel erklären, die in Narva standen. Für die paar Güterzüge die noch unterwegs sind wär‘s nämlich ein bisschen zuviel Reserve. Die Loks sind anscheinen für den Pendelverkehr Narva-Vaivara da.

Noch immer rollt die schier endlose Wagenschlange in gemächlichem Tempo an mir vorbei, obwohl ein gut Teil jetzt schon über dem Brechpunkt der Steigung ist. Irgendwie drängt sich mir der Verdacht auf, dass die 1500er mit ihren 2850 kW für manch der gefahrenen Leistungen etwas untermotorisiert sind. Stand nicht auch mal im Netz eine Meldung, dass man sie gerne loswerden und durch 2TE116 ersetzen möchte? Dürfte sich ja jetzt erledigt haben. Für den noch vorhandenen Verkehr reichen die Loks völlig und wenn‘s halt nur langsam geht, egal, es ist ja genug "Platz" auf den Schienen. Ob man für eine Zugleistung über 30 km nun 20-30 Minuten braucht oder 40-50 Minuten. Wen stört‘s?

Zudem stehen mit den vielen abgestellten Loks wahrscheinlich Ersatzteile auf Jahre hinaus kostenlos und griffbereit zur Verfügung.

Für mich soll‘s das jetzt hier mal gewesen sein. Ich schau nochmal vor nach Vaivara, ob vielleicht noch die Lok von der Hafenbahn da ist mit dem zweiten Zugteil. Sieht zwar von hier aus nicht so aus, aber sicher ist sicher.

Nein, der Bahnhof ist leer. Und so schnell steht auch nichts mehr am Zettel. Also wenigstens nichts fest planbares. Aber da war doch vor Tagen noch der Kesselzug am Abend. Der könnte ja mal wieder irgendwann kommen, oder? Und da ich nach viel schreiben und lesen, ach ja, fotografiert habe ich ja zwischendrin auch mal, gerade einen leichten Durchhänger habe und zur Lethargie neige, beschließe ich hier stehen zu bleiben. Die Durchfahrt durch die Brückenruine find ich ja auch ganz nett.

Erstmal hab ich Durst. Also neues Wasser aus dem Kofferraum geholt. Gott sei Dank eine andere Sorte als die, die ich gestern mit aufs Zimmer genommen habe. Ich weiß zwar nicht nach was die schmeckte, aber das sie scheußlich schmeckte, dass weiß ich mit Sicherheit!

Flasche auf und einen herzhaften Schluck genommen *uäääh* Was ist denn das wieder? Sind die Esten etwa alles Masochisten? Zumindest was das Wasser angeht, denn das Bier ist äußerst süffig! Auch diese Plörre schmeckt nach irgendwas, nur nicht nach gut. Dem Etikett entnehme ich mit meinen eingeschränkten Sprachkenntnissen, dass es mit Silber versetzt ist! Mit Silber? Bin ich quasi jetzt innen wertvoller als mein Geldbeutel! Warum um alles in der Welt macht man Silber ins Wasser? Anscheinend ist der Hersteller aber ganz stolz drauf, so oft und plakativ es auf der Flasche erwähnt ist. Nur ich hab‘s halt erst jetzt gesehen. Zu spät! Klarer Auftrag für heute Abend: Trinkbares Wasser kaufen!!!

Kopf schüttelnd schnappe ich mir eine Flasche klebrige Cola aus Beständen und verziehe mich wieder in den Schatten im Wageninneren. So döse ich die nächste knappe Stunde vor mich hin, durch nichts zu motivieren und durch nichts zu begeistern als durch das elektronische Bimmeln des Bahnübergangs. Der schweigt sich aber erwartungsgemäß aus und so werfe ich doch mühsam mein Hirn wieder an und stelle die entscheidende Frage: "Was jetzt?" Antwort: Schnellzug! Aber der kommt hier nirgends im Licht. Stadler? Aber da ist es auch noch ordentlich hin.

Der Schnellzug könnte am Damm bei Tapa gehen. Hab ich zwar schon, aber bei "naja-Licht" und mit TEP70-0237. Heute läuft wahrscheinlich auch wieder Richtung Narva die 0236. Grund genug für einen zweiten Versuch. Doch Hirn und ich sind zu spät in die Gänge gekommen. Genau 24 Minuten zu spät! Errechnete Ankuftszeit vor Ort 17:39 Uhr. Abfahrtszeit in Tapa 17:16 Uhr. Man muss jetzt kein Rechengenie sein um zu merken: "Das wird nix mehr!" 23 Minuten bei knapp 100 km über Landstraße herausfahren? Unmöglich! Trotzdem fahre ich los, denn erstens, man weiß ja nie, und zweitens, ich hätte da evtl. eine Alternative. Lichttechnisch noch problematischer wie Tapa, aber mit Querschuss könnte es gehen. Und da die in Kaarli liegt, also kurz hinter Rakvere in Richtung Narva, reicht die Zeit dort locker. Zudem, wenn jetzt gerade ein Güterzug gen Westen unterwegs wäre, z.B. besagter Kessel, würde ich den nicht mal verpassen!

Vor Ort stellt sich die Lage etwas schwieriger dar wie gedacht. Der Damm ist verbuscht und ich weiß nicht ob der Zug so in die Lücken passt, dass es passt. Auch steht die Sonne jetzt schon verdammt schräg. Das man an den angedachten Standort nicht kommt, weil man dazu durch ein frisch angesätes Feld latschen würde, ist dann fast auch schon egal. Während ich noch so suche passiert ein 2300er die Szenerie.




Seine Identität verbergend rollt ein 2300er als Zug 222 in Richtung russischer Grenze.





Der hat wunderbar zwischen die Büsche rein gepasst. Ob das beim Schnellzug auch so geht. Ich fürchte nämlich das ganze Blickfeld ist nicht breit genug. Eine doofe Einschätzung die mir noch Ärger bringen wird. Vorerst schaue ich aber nach einem anderen Standort zum Querschießen. Bahnübergang? Alles mit Schildern und Masten vollgestellt. Zudem wäre es fast komplett Gegenlicht und für Streiflicht steht die Sonne noch viel zu hoch. Weiter hinten ist die Strecke komplett verwachsen. Also wieder rauf auf den Hügel, Auto an den Rand der Schotterpiste gequetscht, gewartet und drei-, vier-, fünfmal angehalten, gemessen, und dann doch verkackt......




TEP70-236 diesmal wieder auf dem Weg nach Narva. Die silbern-rote Garnitur der RZD-Schnellzugwagen macht sich in der grünen Landschaft schon gut.





Während der Zug im Sucher auftaucht scheint er kein Ende zu nehmen. Da kommt bei mir die Angst auf, ihn hinten einfach abzuschneiden. Darum beim Durchdrücken schnell noch ein bisschen weiter aufgezogen ...... und schon ist es passiert. Genau da wo ich die Pause gemacht habe, wäre der ideale Auslösezeitpunkt gewesen. Die Lok schön im Bild und das Ende des letzten Wagens sichtbar zwischen den Büschen. Kleinigkeiten? Aber die machen es halt manchmal aus.

Zug durch, nicht mehr zu ändern, aber fuchsen tuts mich doch. Der Rest des Fototages ist nun schnell erzählt. Ich platzier mich unten am Bahnübergang. Die Sonne steht zwar fast achsig, aber für einen Nasenschuss würde es gut gehen. Dazu die Löwenzahnwiese daneben, könnte gefallen. Und außerdem, groß woanders hin zu ötteln bringt es jetzt eh nicht mehr. Die Wahrscheinlichkeit, dass noch etwas kommt ist zu gering und hier in der Nähe auch nichts was den Aufwand des Umstellens rentieren würde. Wie gesagt, im Stillen hoffe ich immer noch auf den Kesselzug. Die Zeit würde passen. Und jetzt weiß ich auch worauf der gewartet hatte, als ich ihn am Donnerstag im Bahnhof von Rakvere fotografierte. Auf die Kreuzung der beiden Personenzüge.




Kilometerstein bei Kaarli.


Es ist schon nach sieben als ich einen Schlussstrich unter den heutigen Fototag ziehe. Die Sonne ist mittlerweile "drüben" und auf den Stadler zu warten bringt es nicht mehr. Die andere Seite des Bahnübergangs ist nicht fotogen bzw. gar nicht umsetzbar. Außerdem hab ich schlicht keine Lust mehr. Bleibt nur noch Wasser holen und ein Bahnhofsguck. Für Wasser fahr ich bei Statoil ran. Gut gelegen, gleich am Ortseingang hat man alles was man braucht. Doch halt, was steht denn da in der Theke? Borjomie? Gruseliges Heilwasser aus Georgien, das seine gesundheitsfördernde Wirkung damit zu bestätigen sucht, dass es grauenhaft schmeckt. Getreu dem Motto, dass nur bittere Medizin wirkt.




Borjomie Wasser aus Georgien bei einer "norwegischen Tanke" in Estland.





Ist schon irgendwie witzig, hier diese Flaschen stehen zu sehen. Warum? Heute vor genau einem Jahr sind wir nämlich in Georgien, dem Heimatland dieses Wässerlies, auf eine gut einwöchige Tour gegangen. Und da habe ich auch zum ersten, und hoffentlich letzten Mal, einen geschmacklichen Zusammenstoß mit dieser "Köstlichkeit" erlitten.

Also die Reihen der Flaschen durchgeschaut und beherzt zum Evian gegriffen. Zwar nicht originell, aber wer weiß was ich ansonsten noch in der Flasche gehabt hätte. Dazu noch ein Bounty und ein Twixx für morgen unterwegs oder doch zwei. Nein, dann ist's am Ende wieder zuviel und schade ums Geld. Ach ja, Geld, ich spekuliere aufs Wechselgeld. Eine Bekannte sammelt Euronen aus allen Ländern. Nur so zum Spaß. Und der will ich welche mitbringen. Passt ja ganz gut. Also ran an die Kasse, alles wird eingescant und weiß spontan, ich hätte doch noch ein Twixx mitnehmen sollen! € 4,99 ..... blöder geht's nimmer. Drei Fünfer bekomm ich auf meinen 20er raus, und einen Cent. Das ergibt keine Mitbringsel.... Sorry!




Blick in die Innenstadt des abendlichen Rakvere.




Im Hotel dann Abendessen. Heute zur Feier des Tages sogar mit Nachspeise! Was nützt das schlechte Leben. Und die Rechnung zahlt eh die Kreditkarte. *grins*






Montag, 16.05.2016



Das Frühstück heute Morgen möchte mir anscheinend den Abschied leicht machen. Etwas eigenartig war es ja schon die ganzen Tage, aber als "ich ess morgens fast alles" Mensch konnte man immer noch eine reichhaltige, wenn auch "exotische" Zusammenstellung finden. Auch an die Tatsache, dass die Müslischüssel direkt hinter der Platte mit dem Lachs platziert war und einem so der Duft des Meeres, wenn auch von Tag zu Tag der eines immer entfernteren Meeres, in die Nase zog, während man seine süßen Flocken aus der Schüssel löffelte, konnte man sich mit einem Schmunzeln gewöhnen. Heute zeigt es sich aber so, als seien alle guten Bekannten zum Abschied erschienen. So sind der gebratene Schinken und ich praktisch schon Freunde geworden, und wir freuen uns, uns ein letztes Mal zu sehen, auch wenn er sich etwas schamhaft in einem Haufen zusammen mit Würstchen und undefinierbaren, frittierten Bällchen versteckt, umkrenzt von Eibrocken, die in der Nachbarschüssel keinen Platz mehr gefunden haben. Nur die alltägliche Wärme mit der er mich morgendlich steht‘s begrüßt hat, hat ihm nicht gut getan, ähnelt mittlerweile doch seine Konsistenz heute eher der von Dörrfleisch. Trotzdem, Freunde lässt man nicht hängen, und so lade ich die letzten verbliebenen Fetzen auf meinen Teller, zusammen mit anderen unbedenklich zu verzehrenden Veteranen längst vergangener Frühstücksschlachten. Nur die Schüssel mit Dosenerbsen, deren Sinn auf einem Frühstücksbuffett mir auch nach vier Tagen noch nicht wirklich klar werden will, lasse ich links liegen bzw. stehen.

Jetzt kann ich den missmutigen Blick der Dame verstehen, die vor mir den Frühstückraum verlassen hat. Ich glaube, sie mochte auch keine Erbsen zum Frühstück. *grins*

Um aber jetzt am frühen Morgen keine falschen Vorstellungen aufkommen zu lassen, das Hotel an sich war klasse, das Zimmer toll, der Preis ganz o.k., im Gegensatz zum Abendessen. Hier kann man bei einer kleinen Auswahl sehr, sehr gut speisen. Allerdings sind hier die Preise und die überschaubaren Portionen ein kleiner Wehrmutstropfen. Obwohl, satt wurde ich immer und man muss sich ja nicht nur der Völlerei hingeben.

Nun aber los. Heute heißt es wieder Koffer packen, denn abends geht's ab Tallin via Frankfurt wieder nach München. Wenn, ja wenn denn nicht wieder etwas ganz anders läuft, wie beim Hinflug. Obwohl, so einen Direktflug mit einer halben Stunde eher da könnt ich mir schon gefallen lassen!

Draußen ist es kalt, rund 10°C zeigt das Thermometer, nass und leicht windig. Und oben am Himmel? Alles grau in grau. Muss aber nichts heißen, die letzten Tage gingen ja auch durchweg so an. Obwohl diesmal sind alle Wetterberichte ziemlich pessimistisch. Nur in der Ecke um Tartu sollte es etwas Sonne geben. Na dann fahren wir doch da hin. Auch wenn es schmerzt, dass mir so das gestern gefundene Motiv in Püssi durch die Lappen geht. Ob ich wohl mal wieder hierher komme um es umzusetzen? Wenn sich in diesem Land eisenbahntechnisch nichts ändert, wohl eher nicht. Wobei, so in Kombi mit Finnland, wie schon mal angedacht.....

Zügig geht es Richtung Südosten. Weiter hinten am Horizont werden die Wolken tatsächlich heller. Sollte sich doch etwas ergeben. So ein, zwei, drei Sonnenbilder und ich wäre, glaub ich, für heute schon zufrieden. Vorher aber erst noch ein Fotostopp abseits der Bahn.




Hier hat man Störche so richtig lieb! Extra für Adebar hat man den Kamin eines längst verfallenen und abgetragenen Gebäudes stehen lassen. Was heißt stehen lassen? Nein, man hat das brüchige Mauerwerk extra noch mit Seilen und Bändern verstärkt! Das ist wahre Tierliebe.





So, nun aber wieder der Sonne entgegen. Denn tatsächlich, weiter vorne zeigen sich einige blaue Löcher zwischen weißen Wolken. "Skandinavischer Himmel" eben. Gut für Wolkenlotto. Blöd nur, wenn hier auf den Strecken fast nix mehr fährt. Irgendwie bin ich planlos heute Morgen. Gestern Abend im Zimmer habe ich mir noch gedacht, schau noch in den Fahrplan, nicht das dir was vor der Nase weg fährt. Irgendwie wollten meine Augendeckel aber nicht mehr offen bleiben, und nach drei Kurzausflügen in die Welt der Träume hab ich mich dann endgültig ergeben und bin unter die Decke gekrochen. Ohne Plan!

Daher heißt es jetzt an der ersten Stelle die Möglich ist, rechts rein in den Wald und hin zur Bahn. Mal schauen ob was geht! Und siehe da, am Bahnübergang angekommen, es geht was! Nein, noch besser, es FÄHRT was. Beim Blick nach links schau ich nämlich in das liebliche Antlitz einer Stadler Kiste die geschwind heran rollt. Drei Meter zurück gesetzt, gut das der Foto schon parat liegt, wenigstens das hab ich richtig professionell gemacht, raus aufs Trittbrett und gib ihm.....




Vierteiler 2428 als Zug 013 auf dem Weg von Tartu nach Tallinn. Aufgenommen an einem Bahnübergang bei Räistvere.





Na das hätte ja jetzt ordentlich schief gehen können. Aber manchmal braucht man halt auch ein bisschen Glück, und Timing, und ein Sonnenloch zur rechten Zeit, und..... Hab ich damit mein Glück für heute schon ausgereizt? *bibber* Ich hoffe mal nicht und setze mich fürs erste hier fest. Warum? Na die Stelle ist mit dem vielen Grün inkl. Löwenzahn doch ganz nett, geht bedingt auf beide Seiten und außerdem ist das "Immergrün" in Richtung Süden dunkel. Kann jetzt heißen, dass es für den P-Zug noch so steht solange er noch im nächsten Block ist, oder dass von Süden her ein Güterzug nach kommt, oder das es kaputt ist, oder das in fünf Stunden ein Güterzug von Süden her nach kommt, aber man hat‘s halt schon mal gestellt..... Man denke nur an vorgestern, als man für den Schnellzug auch eine gute Stunde vorher die Trasse klar gemacht hat.

Rund eine halbe Stunde steh ich hier, dann mach ich mich wieder auf den Weg nach Tartu. Nur wenige Kilometer Fahrt später dämmert mir die Erkenntnis, dass das was ich da mache eigentlich Blödsinn ist. Warum? Ganz einfach, bis Tartu ist es noch eine Stunde, von dort zurück nach Tallinn knappe drei, mein Flieger geht um 18.00 Uhr. Irgendwie war ich immer auf 19.00 Uhr. Gut das ich nochmal geschaut habe. Das gäbe in Tartu nur einmal schnell auf dem Bahnhof schauen ob was rum steht und dann wieder weg. Bisschen wenig Nutzen für die ganze Fahrerei. Und da das Wetter mit den blauen Löchern eh gen Norden zieht, warum dann nicht zurück nach Tapa. Dort sollte es für den Schnellzug reichen. Und vielleicht geht ja an der Doppelspur auch noch was. Also kehrt Marsch!




Im Süden Schwedens? Nein, mitnichten! Wir sind immer noch in Estland! Von den Gebäuden her sicherlich das skandinavischte der drei baltischen Staaten.





Quer über Land führt der Weg, vorbei an einer Radarkontrolle mitten im Nichts. Man sollte sich nie sicher fühlen. Zeitig genug an der Stelle kann ich mich noch ein bisschen in Sachen Variationen umschauen. Ein Bild 1:1 möchte ich nun doch nicht machen. Etwas weiter hinten gibt es auf der anderen Seite ein kleines Häuschen mit verwachsenen Garten. Das könnte doch ganz nett aussehen. Leider zwingt der Bewuchs entlang des Bahndamms etwas zum Weitwinkeln. Wäre aber nicht so schlimm. Doof ist nur, dass Schnellzug und Sonne ihren Fahrplan auf die Sekunde genau abgestimmt haben.

Chrissi gegen Wolken 1:1 ! *grmbl* Warum kommen nur immer die Schweizer Plastikbüchsen bei Licht und das spannende im Dunkeln! *urgs*

Aber grundsätzlich gefällts mir hier. Ich glaub, ich schlag Wurzeln. Mittels Navi die spätestes Abfahrtszeit gen Flughafen gecheckt, dann Notebook raus und geschrieben. Irgendwann wird schon was kommen. Spätestens dann wieder der Stadler.....bestimmt mit Licht.

Fast zwei Stunden sind vergangen und ich hab die Hoffnung schon fast aufgegeben. Beiläufig schweift der Blick immer von links nach rechts und zurück ..... halt rechts? Helle Lampen? Leise schleicht sich doch da glatt ein Güterzug heran! Himmel, wo sind jetzt die Autoschlüssel, ich muss ja wieder ein Stück vor, gerade waren sie doch noch da, ah, Hosentasche. Ins Schloss gesteckt, umgedreht, Gang rein und vor. Gut das die hier so langsam fahren! Tschüss Sonne! Wie jetzt? Tschüss Sonne?!?!? Darf jetzt nicht wahr sein, oder? Gerade saß ich noch eine Viertelstunde im Hellen und jetzt wird‘s finster wie die Nacht!




Auf leisen Sohlen kommt 1516 aus Richtung Narva gerollt.





Noch etwas dunkler wäre jetzt "Nacht" gewesen. *grmbl* Die Tour hört anscheinend so auf, wie sie angefangen hat. Die eh schon raren Güterzüge kommen brav im Dunkeln. Bleibt jetzt nur noch der Personenzug aus Narva. Danach hab ich längstens noch eine halbe Stunde bevor ich mich vom Acker machen muss gen Flughafen. Unwahrscheinlich, dass sich in diesem Zeitfenster noch was bewegt.




Auch der Personenzug im Trüben. 2312 ist es diesmal, der den Regionalzug aus Narva kommend bildet.





Jetzt nochmal zum Bahnhof. Wäre doch gelacht, wenn da nicht noch ein Sonnenbild heraus springen würde. Außerdem möchte ich die PET-Flaschen abgeben. Sollte noch ein bisschen estnische Kleingeld dabei raus springen. Ihr wisst schon, für die Münzensammler. Doch kaum bieg ich in Tapa um die Ecke, sehe ich vorne am Bahnübergang Kesselwagen vorbei rollen. Hui, noch ein Güterzug. Diesmal nach Osten. Also Kurzwende und Gas, Gas, Gas.

Aber egal wie ich mich beeile, vor dem Blickzeichen schaff ich es nicht zum Bahnübergang. Und da ich im Gegensatz zum meinem estnischen Gegenüber ein ganz braver bin, warte ich geduldig. Eigentlich auch egal, denn das Licht passt hier überhaupt nicht mehr. Kommt voll von hinten. Macht nichts, ich habe eh die Brücke bei Kadrina im Sinn. Wäre nur schön gewesen etwas Vorsprung zu haben. Sollte aber auch so reichen. So hab ich wenigstens die Gelegenheit den Zug genau zu betrachten. Recht bunte Mischung! Vorne ein Kran dann dahinter, Mooooment, sind das Kästen von Talgo Wagen? Tatsächlich! Dahinter dann eine illustre Zusammenstellung von gedeckten und offen Wagen, am Ende eine Reihe Kessel. Was für ein Zug! Und was für ein Abschlussbild für die Tour! Wenn‘s denn was wird.

Kaum ist der letzte Wagen durch und das Blicklicht aus, geb ich meinem Bronko die Sporen. Hei, wie der flitzt. Immer im Rahmen des erlaubten, aber genau an der Kante dessen. Zwischendrin sichte ich die Fuhre mal kurz durch den Wald. Könnte noch spannend werden, sollte aber klappen. Abbiegen im Flug, noch ein kurzer Sprint, dann bis an die Treppe gefahren, hinauf gehastet, über Leitplanke und Straße, da steh ich nun und kann nicht anders. (Wolken-)Gott stehe mir bei!

Doch der hat mich heute auf dem Kieker. Wahrscheinlich zürnt er mir noch, weil ich ihn heute Morgen so plump überlistet habe und er mir ein ungeplantes Sonnenbild spendieren musste. Minuten die zu Stunden werden stehe ich in der Sonne, während von hinten schon der Diesel hämmert, dann ist die Kante der nächsten Wolke da, aber sie schiebt sich entlang der Sonne, wenige Meter trennen Licht von Dunkel. Licht an der Strecke, Dunkel 20 m weiter links. Bange Blicke gehen nach oben. Fast ist das letzte Zipfelchen erreicht, dann ist es egal, dann kommt es blau. Und dann passierts! Der Zug schiebt sich langsam um die Ecke und die letzte dunkelgraue Fluse der Wolke vor die Sonne. Ich hab‘s auf der Kamera nachgesehen, lumpige, poblige, versch...... 32 Sekunden trennen mich vom Glück und einem *bäng-Bild*, dem i-Tüpfelchen, einem absoluten Highlight und krönenden Abschluss der Tour.

Ich geb‘s zu, ich flippe gerade aus. Statt Veitstanz vor Freude, eher Tobsuchtanfall. Es ist nicht nur wegen dem Ami, obwohl ein Bild mit Sonne schon noch schön gewesen wäre, es ist, quasi als Potenzierung ins Unendliche, der Zug der hinten dran hängt!!! Einmalig, unwiederholbar, ein Sahnestück. Ich bin sowas von geladen, tobe rum, obwohl ich weiß das es nichts hilft und bin ehrlich gesagt froh gerade alleine zu sein! Ich fühle mich einfach nur noch betrogen!




Wenn schon böse, dann schon richtig böse. Dunkle Lok, dunkle erste Wagen, dahinter alles hell. Es hätte so schön sein können, 1545 mit ihrer tollen Fuhre aus allerlei Fahrzeugen inkl. aufgeladenen Talgo-Chassis.





Und bevor die Mahner und Gutmenschen jetzt die Finger heben und beginnen mich zu tadeln. Ja, ich weiß, es ist nur ein Hobby, ein Zeitvertreib, eine Passion. Aber ich betreibe sie mit Leidenschaft. Und dazu gehört Freude über ein gelungenes Bild ebenso dazu wie die Enttäuschung wenn es nicht läuft. Wer ohne Emotionen einfach Fotostellen abarbeitet oder wer sich beim Schreiben der Berichte emotionslos gibt, da das doch viel cooler rüber kommt, der soll das tun. Für mich hat Eisenbahn fotografieren immer etwas von Jagen. Jagen nach Seltenheiten, Raritäten und schönen Motiven. Das macht mir Freude, oder wie in diesem Fall, unendlichen Frust! Ich stehe dazu.

Die schlechte Laune hält auch an als ich mich umziehe. Denn nun geht's auf direktem Weg zum Flughafen. Etwa drei ist es jetzt und in drei Stunden geht mein Flug. Das Navi meint, ich bin um 16.43 Uhr da. Zwischendrin muss ich aber noch tanken, das Auto ausräumen und abstellen, zum Flughafen laufen, einchecken und die Sicherheitskontrolle hinter mich bringen. Ein durchaus sportliches Programm, was mich von meinem Frust etwas ablenkt. Zudem leitet mich das Navi mal wieder auf eine falsche Straße. Einen Zubringer zur Europastraße, den es nicht mehr gibt. Das und eine Endlosbaustelle mit 30 km/h, die ich aber leicht überschreiten, kosten zusätzlich Zeit und Nerven. Etwas hole ich mit einem clever eingebauten Tankstopp wieder raus, denn schon im Stadtgebiet von Tallinn, in der ein ebensolcher Verkehrsplaner sitzt, wie sie auf der ganzen Welt vorkommen, nämlich so einer, der eine ausgesprochene Allergie für "Grüne Wellen auf Hauptdurchgangstraße hat“, nutze ich eine solche Rotphase um schnell die gleich nebenan befindliche Tankstelle zu entern. Ein gut geplanter Boxenstopp, bei dem ich gleich meinen Kofferraum entrümpele und alles schon am richtigen Platz verpacke. Und beim losfahren ist die Ampel von eben grün. 4 Minuten hat das ganze gedauert, inkl. einer gesparten Rotphase, und nun bin ich wieder gut in der Zeit. Ganz ehrlich, manchmal habe ich wirklich gute Ideen. Bin stolz auf mich. 10 vor fünf Roll ich auf den Parkplatz der Autovermietung. Alles raus, nochmal kontrolliert und los geht‘s zum Schlüssel abgeben. Läuft genauso easy wie das abholen. Schlüssel und Papiere hingelegt, beiderseits freundliches Nicken und dann eilt klein Chrissi zum Lufthansa Schalter, vorbei an einer endlosen Schlange vor der Sicherheitskontrolle. Ich bin also noch nicht durch. Letztendlich geht auch das zügig von statten und da sich das Boarding verzögert, muss ich sogar vor dem Gate noch 20 Minuten stehen. Na, habe ich das nicht mal wieder fein hin bekommen? Jetzt sind wir irgendwo über Polen, auf halber Strecke nach Frankfurt. Dort heißt es nochmal flinke Füße kriegen bei einer dreiviertel Stunde Umsteigezeit. Dann der Hüpfer nach München, in die Zweitwohnung fahren und Gute Nacht. Morgen früh sitze ich wieder am Schreibtisch. Um einige Erfahrungen und schöne Tage in Estland reicher. Wäre da heute nicht dieser letzte Zug gewesen, mir wäre nach im Kreis grinsen!


Epilog

Meine Freunde und Bekannten wissen was jetzt kommt, denn zu ihrem Leidwesen haben sie den Satz aus meinem Mund schon zu oft gehört: "Wäre man nur schon vor einigen Jahren hier gewesen. Was da noch alles gefahren ist!"

Mal wieder zu spät! Das trifft auch auf Estland zu. Der Güterverkehr ist nur mehr ein Schatten seiner selbst. Im Schnitt habe ich an den vier Tagen 2-3 Güterzüge pro Tag (!) gesehen. Gut, meist habe ich mich an der Strecke zwischen Tapa und Narva herum getrieben. Aber auch der Tag zwischen Tallinn und Tapa, also dem Abschnitt auf dem "alles läuft", brachte auch kein anderes Ergebnis. Reine Ölzüge sind mir nur drei vor die Linse gefahren. Einmal die Hin- und Rückleistung nach Sillamae und einmal der nie wieder aufgetauchte in Rakvere. Ansonsten führten nur die gemischten Güterzüge Kesselwagen mit. Was nach Tartu läuft kann ich nicht sagen. Die paar Stunden sind sicherlich nicht repräsentativ. Aber hier spricht auch wieder Tag 1 eine deutliche Sprache.

Bezeichnend ist, wie bereits erwähnt, dass man mittlerweile mehr Personenzüge erwischt als Güterzüge. Ein glaub ich einmaliges Phänomen im Baltikum. Wie lange das die EVR durchhält?

Von den "anderen Privaten" im Güterverkehr war gar nichts zu sehen. Keine Lok, kein Zug, sprich keine 2TE116. Was hätten sie auch fahren sollen, wenn der Öl-Verkehr fehlt.

In Sachen Baureihen ist es damit sehr überschaubar. Die TEP70 von GoRail, die allgegenwärtigen Stadler aller Spielarten und die Amis von EVR. Hat man Glück so verirrt sich auch mal ein Exot auf die Gleise, so wie bei mir die Hummel von Edelraudetee. Oder man hängt sich in Narva über den Zaun und erwischt was von der RZD.

Man muss sich also auf lange Wartezeiten an den Schienen einstellen und auf wenige Fixpunkte. Trotzdem fand ich es schön und sehr entspannend. Gelegentliche Wutanfälle ausdrücklich ausgenommen. Man kann mit etwas suchen auch das ein oder andere nette Motiv finden, was weg ist vom Standardbild "den Schienen entlang am Bahnübergang im Wald".

Das Reisen ist unproblematisch, die Straßen meist gut, auch die Schotterpisten. Trotzdem ist es für letztere praktisch einen zumindest leicht geländegängigen Untersatz zu haben.

Zum Abschluss noch die Frage ob es sich rentiert hat. Ja, ich finde schon. Allerdings bin ich auch mit der Erwartung hin gefahren, dass sich nach den letzten Veränderungen nicht mehr viel bewegt auf den Schienen. Aber die, gerade im Frühling, so unglaublich grüne Landschaft, der Reiz des Nordens und die Ruhe die über diesem Fleckchen Erde liegt, machen es auch in den Pausen sehr angenehm.

Ob ich nochmal hin fahre? Einige Motive hätte ich da schon noch offen und anderen Ecken würde ich mich auch gerne noch widmen. Doch nur Estland, das ist mir wahrscheinlich zu wenig Fleisch. Denn was rollt, habe ich jetzt schon gesehen. Sollten aber wieder andere Fahrzeuge am Start sein, dann kann ich es mir gut vorstellen. Oder in Verbindung mit Finnland. Quasi so im Vorbeigehen.