Trains Down Under - Teil 16: Dramen am Arthur's Pass
Von Pascal Zingg
Samstag 8.8.2015 Christchurch – Arthur’s PassWeil ich in dieser Nacht schlecht schlafen konnte, holte ich irgendwann mein Handy hervor und begann zu serven. Dabei schaute ich aus dem Fenster und rieb mir verwundert die Augen: Schneite es etwa? Ich erhob mich aus dem Bett und schaute in den Innenhof des Hotels und sah tatsächlich verschneite Pflanzen. Natürlich hielt der Schnee nicht bis zum Morgen und so fuhren wir an diesem Morgen nichts ahnend Richtung Arthur’s Pass. Kaum hatten wir Springfield verlassen, lag etwas Schnee neben der Strasse, so wirklich schlimm sahs aber nicht aus. Trotzdem standen zwei Kilometer weiter die Autos einfach da und die Fahrer montierten Schneeketten. Gubi hielt das für reichlich übertrieben, da es aber ein Obligatorium für Ketten gab, montierten auch wir unsere Ketten. Alsbald wurde auch klar, wieso es die Ketten brauchte, so richtig sauber gepflügt war die Strasse nämlich nicht. Im Gegenteil auf gewissen Abschnitten, war überhaupt kein Räumfahrzeug durchgefahren.
Trotz einiger Reserve erreichten wir Cass nur wenige Minuten vor dem Zug. Wir stellten uns auf, doch der Zug kam nicht. Nach 45 Minuten des Wartens wurde uns derweil klar, dass der Zug vorzeitig verkehrt war. Nichts desto trotz wollte Gubi noch einen Weg suchen der zur Cass River Bridge führte. Er kam jedoch schnell wieder zurück und erzählte von einigen Schildern, die das Betreten des Geländes verboten. Dies weil es von der Uni Canterbury für Forschungszwecke genutzt wird. Da der Kohlenzug am Wochenende nicht fuhr, stellten wir uns die Frage, wies denn nun weitergehen sollte. Da der Tranz Alpine nach Christchurch erst um 16 Uhr auf dem Pass ist gab es derweil nur eine Möglichkeit, wir mussten auf der anderen Seite runter. Als wir jedoch am Pass ankamen stellten wir fest, dass wir für die Talfahrt erneut Ketten brauchten. Da wir diese schon demontiert hatten, liessen wir die Idee mit der Westrampe sausen. Stattdessen widmeten wir uns den Keas, die gerade damit beschäftigt waren Körner aus dem Split zu picken, den man hier gestreut hat. Die Keas sind recht witzige Gesellen, zwar wollten sie sich erst nicht richtig fotografieren lassen, als ihnen dann aber einige andere Touristen mit der Handykamera nahekamen, wurden sie neugierig und gingen gar auf die Menschen zu.
Nach dem Keashooting ging es weiter ins Informationszentrum auf dem Pass. Weil Gubi noch eine Wanderkarte für die Region brauchte, schien dies die richtige Anlaufstation zu sein. Die nette Dame war wohl froh, dass überhaupt jemand sie besuchte. Gar nicht verlegen, fragte sie mich, ob wir hier nur gestrandet seinen, oder ob wir hier tatsächlich sein wollten. Es war natürlich die zweite Option. Gubi nutzte die Gelegenheit zu fragen, wie denn das mit dem Gelände der Uni Canterbury aussah. Die gute Dame packte das Telefon und rief die Uni Canterbury in Cass an. Tatsächlich nahm jemand ab und meinte, wir sollten einfach am Morgen kurz vorbeischauen, dann wäre das schon gut. Die Dame von der Information fragte darauf schnippisch, ob man denn auch Kaffee und Kuchen für uns bereit hatte. Wir bedankten uns derweil und kauften zwei Wanderkarten, sowie einen Reiseführer zur Midland Line. Anschliessend suchten wir uns Stellen die wenigstens genug Seitenlicht hatten um den Tranz Alpine nach Christchurch abzulichten. Weil dabei das Wetter aufriss, entschieden wir uns auch noch ein paar Landschaftsaufnahmen zu machen.
Um 15:30 Uhr waren wir schliesslich wieder am Passbahnhof. Hier versuchten wir etwas zwischen Tunnel und Bahnhof zu basteln. Schliesslich hatte der Zug auf diesem Abschnitt noch eine Schlusslok, die man Nachschiessen konnte. Während Gubi beim Tunnelportal stand, bastelte ich etwas weiter vorne.
Einigermassen zufrieden mit dem Resultat, fuhren wir zu Waimakariri Brücke, wo wir den Zug nochmals machen wollten. Dort angekommen, mussten wir jedoch feststellen, dass das Licht derart in der Achse war, dass es mit einem weiteren Bild nicht funktionieren konnte. Natürlich versuchten wir es trotzdem, aber eben brauchbares kam an diesem Abend nicht mehr heraus. So kehrten wir denn mit nur einem Bahnbild zurück zum Pass wo wir die Nacht verbrachten und darauf hofften, dass das gute Wetter noch eine Weile halten würde.
Sonntag 9.8.2015 Arthur’s Pass – Christchurch
Da wir nun wussten, wie es an die Stelle an der Cass River Bridge ging und der Schnee der Landschaft einen magischen Touch gab, musste es am Sonntag Morgen nur noch mit dem Wetter klappen. Freudig stellten wir beim Aufstehen fest, dass das Wetter über Nacht gehalten hatte. Voller Tatendrang fuhren wir deshalb durch das Winterwunderland am Arthur’s Pass. Dabei wurde uns aber schnell klar, dass der Waimakariri sehr viel Nebel produzierte. Obwohl Cass selber nicht am Waimakariri liegt, hatte es auch dort eine dicke Nebelschicht. Wir liefen trotzdem zur Forschungsstation und wurden dort vorstellig. Die nette Professorin meinte, wir hätten Glück, denn meist sei im Winter niemand dort oben. Des weiteren erklärte sie die Schilder. Diese seien vor allem zur Abschreckung von Jägern, gegen Wanderer habe allerdings niemand etwas führte sie weiter an. So machten wir uns denn auf den Weg in Richtung Cass River Bridge. Die Gerüchte, dass dieser Weg sogar fahrbar sei, zerschlugen sich spätestens, als der Weg ein erstes Mal im Bach verschwand. Schliesslich schien er ganz aufzuhören und wir kämpften uns durchs Gestrüpp, das mit zig tausend Dornen und Stacheln ausgestatet war, „Lex Wilderness“ eben. Gubis prognostizierte Zeit von rund 30 Minuten überboten wir deutlich. Ja, es sollte gar knapp werden für den Zug. Mit letzter Kraft schafften wir es schliesslich doch noch an die Stelle. Zu unserer Zufriedenheit, hatte sich der Nebel beinahe gelichtet und es gab ¾ Licht auf der Brücke.
Ich schaute auf die Uhr und stellte fest, dass wir 20 Minuten vor der Planzeit waren. Somit konnten wir den Zug auch erlegen, wenn er wieder vorzeitig war. „Er kann sich ruhig ein bisschen Zeit lassen, dann löst sich der Nebel noch ein bisschen besser auf“, meinte Gubi. Nun kurz nach der Planzeit zog eine Wolke vor die Sonne, dies hatte den Effekt, dass der Nebel wieder dichter wurde und der Zug (er hatte ca. +20) mit Keinlicht und Schleier kam ...
Enttäuscht ging es zurück zum Auto, diesmal jedoch etwas weniger beschwerlich, denn auf dem Rückweg hatten wir den Weg wiedergefunden. Genervt fuhren wir runter zum Lake Brunner, wo wir erst zum abgestellten Kohlezug fuhren. Dieser stand äusserst unfotogen genau in der Achse der Sonne. Dann stellten wir uns für den Tranz Alpine. Selbstverständlich fanden wir keine Stelle mit Frontlicht. Immerhin konnte sich das zweite Bild beim Bahnübergang zwischen Moana und Jacksons sehen lassen.
Alsbald wars das dann aber mit der Sonne. Der Zug hatte die Verspätung inzwischen auf 30 Minuten ausgebaut. So fuhren wir noch zum Bahnhof von Otira, wo wir zuschauten, wie der Lokführer gewechselt wurde. Die Verspätung schien dabei niemanden zu stören. Im Gegenteil die Barfrau aus dem Kaffeewagen hatte noch die Mousse eine zu rauchen und den neuen Lokführer zu fragen, ob er einen Tee wolle. Als der Zug weg war, wechselten wir noch einige Worte mit dem Lokführer, der hier Feierabend hatte. Anschliessend ging es über den Pass nach Springfield, wo wir das Gefühl hatten, es könnte noch ein gutes Dämmerungsbild geben. Dies war jedoch nicht der Fall.
Montag 10.8.2015 Christchurch – Freienbach
Die Rückreise ist relativ schnell erzählt. Ich verabschiedete mich noch im Airport Motel von Gubi und wünschte ihm viel Erfolg für die nächsten Tage. Er blieb noch bis Ende Woche, ehe er direkt nach China weiterflog. Anschliessend ging es mit dem Airportshuttle an den Flughafen. Es folgte ein ewig langer Flug nach Singapur. Das Bordkino war mal wieder unterste Kanone. Werden eigentlich keine neuen Blockbuster mehr produziert? Trotzdem wollte ich den Flug aber nicht verpennen, dies hätte mir nur ein weiteres Jetlag beschert. So nutzte ich meine Akkuleistung um diesen Bericht zu schreiben und verblödete die weitere Zeit mit heiterem Nichtstun. Endlich in Singapur durfte ich dann weitere fünf Stunden totschlagen. Ich setzte mich deshalb in die Internetlounge, lud meine Batterien und liess die vergangenen fünf Wochen nochmals Revue passieren und zog mein persönliches Fazit der Reise.
Australien
The Great Southern Island weiss vor allem mit ihrer Fahrzeugvielfalt zu brillieren. Eine erneute Durchsicht der Bilder zeigt nochmals eindrücklich, wie viele verschiedene Baureihen wir gesehen haben. Dies ist Teilweise auch der Tatsache geschuldet, dass es drei verschiedene Spurweiten gibt. Auf der anderen Seite scheinen aber auch alle Privatbahnen eigene Loktypen zu besitzen. So toll die Züge, so mittelmässig ist die Landschaft. Topografisch wäre zwar durchaus Potential vorhanden, durch das Australienproblem (Wald und Zäune) wird dieses Potential aber nur selten ausgenutzt. Wer sich auf den gängigen Portalen (Railpictures, Flickr) informiert, kann die fotogenen Abschnitte sehr schnell eingrenzen. Abseits dieser Abschnitte findet man derweil fast keine Stellen. Enttäuscht waren wir derweil vom Verkehr. Dass sich der Personenverkehr in Grenzen halten würde schien uns logisch. Dass daneben aber nur sehr wenig Güterverkehr produziert wird, hätten wir nicht erwartet. Gepaart mir dem teilweise unbefriedigenden Wetter war dies der Hauptgrund warum die Ausbeute in Australien im Schnitt bei zwei bis drei guten Bildern pro Tag lag.
Neuseeland
Neuseeland ist landschaftlich einiges spektakulärer als Australien. Ich würde die Südinsel als Hosentaschenkanda bezeichnen. Die hohen Berge und die naturbelassenen Flusstäler erinnerten mich stark an das Land mit dem Ahornblatt. Im Gegensatz zu Kanda gibt es in Neuseeland aber nur wenig Wald, was sich wiederum positiv auf die Stellensuche auswirkt. Das Problem mit den Zäunen ist jedoch auch in Neuseeland vorhanden. Viele potentielle Stellen können auf Grund dieser Zäune nicht umgesetzt werden. Diese Einschränkung ist jedoch nicht so gewaltig, wie der fehlende Verkehr. Sowohl auf der Main North Line, als auch auf der Midlandline konnten wir maximal zwei Zugpaare ausmachen, die im Licht kamen. Da diese Züge auf der MNL auch noch in den Randzeiten kamen, war es schwierig die vorhandenen Stellen um Kaikoura geeignet umzusetzen. Das nächste Mal würde ich deshalb eher im Sommer nach Neuseeland fahren, dann würden die Züge rund um Kaikoura wesentlich besser im Licht kommen. Trotz dieser Einschränkungen will ich jedoch nicht jammern, schliesslich sind auch so einige wirklich sehr schöne Bilder entstanden. Viel mehr wurde der Wunsch geweckt dort noch einmal hinzufahren. Schliesslich gibt es ja auch noch eine Nordinsel zu entdecken ...
Immer noch voller Gedanken bestieg ich schliesslich meinen Flieger nach Zürich. Mein Plan bis Singapur durchzuhalten ging dabei voll auf. Nun war ich so müde, dass ich den Grossteil des Fluges verschlief. Als ich am Morgen in Zürich landete war ich somit gleich wieder im Rhythmus.