Von den sanften Hügeln Moldawiens zu den Höhen der Karpaten - Teil 1
Von Christof Hofbauer
Mittwoch, 8.Mai 2013 - München - ChisinauTradition, Tradition!!! …… Nicht nur Milchmann Tevje im Musical Anatevka beschwört sie, nein auch bei uns scheint sich langsam so etwas wie eine Tradition zu bilden! Bereits zum dritten Mal in Folge ging unsere Frühjahrs-Auftakt-Tour an die „russische Breitspur“ und um gleich auch geografisch beim oben zitierten Musikstück zu bleiben, der Weg führte uns dabei in die Ukraine.
O.k. „wir“ war an diesem Mittwoch etwas übertrieben, denn während der Rest der Truppe, genauer David, Nil und Pascal bereits seit Ende April über die Krim und durch die ukrainische Ebene tingelten, hatten mich bis gestern die Arbeit und mein Schreibtischen nicht losgelassen.
Mein Weg führte mich auch nicht direkt in die Ukraine, als Treffpunkt hatten wir Chisinau ausgemacht, denn wir wollten uns einige Tage in Moldawien umsehen, bevor sich am Samstag Pascal berufsbedingt ausklinken und den Heimflug von eben dort antreten musste. Der Rest der Truppe, mit mir quasi wieder aufgefüllt, sollte dann die Karpaten unsicher machen, so der Plan!
Mit Vorfreude und wachsender Spannung gings an diesem Morgen zum Flughafen. Ich war, wie immer, etwas knapp dran und so geriet tanken, Leihwagen abgeben und einchecken etwas zum hektischen Akt. Erst recht wenn dann noch die Besonderheiten des Münchner Flughafens dazu kommen, die ein Reisen über diesen Airport immer wieder „angenehm“ machen: Mietwagenabgabe an einem zentralen Abgabepunkt an dem weit und breit kein Vertreter der entsprechenden Autovermietung zu sehen ist. Zusammen mit gut 20 anderen wartete ich eine Viertelstunde recht ratslos auf das Erscheinen eines Mitarbeiters zwecks Wagenübergabe. Es ist ja nicht so, dass es Menschen an einem Flughafen eilige haben könnten, oder? *grins* Dann lies ich den Wagen einfach in der Schlange stehen und machte mich vom Acker. Zweites Highlight war die Sicherheitskontrolle. Sauber aufgeteilt nach „EU-Bürgern“ und „alle Passports“ standen zwei Schlangen, die vor dem einzigen geöffneten Schalter dann doch wieder zusammenkamen, vor der Passkontrolle. Dort gings allerdings nicht mehr weiter, denn ein traditionell gekleideter Bayer mit japanischer Frau und Kindern konnte einen Einreisestempel nicht vorweisen, was zu einem langanhaltenden Disput führte, dessen Wortwahl im Verlauf der Auseinandersetzung immer deftiger wurde! Ganz unterhaltsam, aber nicht zielfördernd, wenn man zum Flieger muss. Irgendwann trödelte ein zweiter Beamter herbei, begann mäßig motiviert mit der Kontrolle der Ausweispapiere und es ging zögerlich voran. Na gut, so verringerte sich der Aufenthalt im Abflugbereich auf wenige Minuten des stumpfsinnigen herumsitzens….auch ein Vorteil.
Also ab in den Flieger von Carpatair, einer Fluggesellschaft die mir vor Buchung völlig unbekannt war und die sich auch später nur dadurch in mein Gedächtnis eingeprägt hat, dass eine ihrer Maschinen in Rom über die Landebahn hinaus geriet und dort in einer Wiese stecken blieb. Gute Voraussetzungen, oder?
Der Flug mit den kleinen Propellermaschinen war dann aber weitestgehend recht angenehm und bequem, der Service der einzigen Stewardess war nett und freundlich und der Umstieg auf dem „Großflughafen“ Timisoara problemlos.
Diese kleinen Propellermaschinen setzt Carpatair auf der Route München – Timisoara – Chisinau ein. Etwas laut, mit wenig Raum für Handgepäck, dafür aber mit bequemen Sitzen und enormer Beinfreiheit.
Der Landanflug auf Chisinau bereitete mich auch gleich mal auf die Straßen in Moldawien vor! Es rüttelte, schüttelte und die Maschine bockte das es eine Freude war. Auf meine sms ans Abholteam „ganz schön holprig die Luft hier in diesem Moldawien“ kam von Pascal auch prompt die Antwort „ganz schön holprig die Straßen in diesem Moldawien“ zurück, verbunden mit dem Hinweis, dass man sich ebenfalls im „Anflug“ auf den Flughafen befände. Super, klappt ja wunderbar! ……. Angst dass ich vergessen würde und alleine am Flughafen stehen müsste? Nö, hab ich mir nie gemacht. Schließlich hatte ich ja die Rückfahrkarten im Rucksack *grins*.
Jaja, auch wir reisen gerne mal mit dem Zug. Die drei anderen hatten dies bereits auf der Route Zürich – Odessa getan, bevor sie den Leihwagen übernahmen. Zurück sollte es dann von L’viv aus in Richtung München gehen.
Jetzt aber erst mal durch die Passkontrolle, Gepäck geschnappt und raus vors Gebäude. Nachdem ich gut 30 Angebote „Taxi, Taxi“ höflich abgelehnt hatte, war auch schon der Vorplatz erreicht und der Abholdienst rollte gerade an. So konnte ich ohne Pause und zur Verblüffung der umstehenden „Taxi, Taxi“ – Anbieter in einen ukrainischen SUV mit nun gar nicht ukrainisch aussehenden Insassen klettern. Die Tour konnte losgehen.
Allgemeine Begrüßung, Tankstopp mit Eis für die Hand und schon wurde ich in Richtung der ersten Fotostelle geschauckelt. So ein Quereinstieg in eine Tour ist ja immer so eine Sache. Während die andren schon voll im Thema sind, muss man erst rein kommen und weiß nicht so recht, was kommt. So landete ich dann auch an einem Bahnübergang südlich von Chisinau mit dem Hinweis, dass wir hier auf den Moskau-Zug warten würden und der Information, dass wohl die von mir u.a. für Moldawien gemachten Fahrpläne nicht stimmen würden. Toll!
Diese Vermutung erhärtete sich immer mehr, als vom Schnellzug auch eine halbe Stunde nach der errechneten Durchfahrtszeit nichts zu sehen war. Man müsste dem ganzen wohl abends im Hotel mal nachgehen.
Langweilig wurde die Wartezeit aber trotzdem nicht, prasselten doch nun die ersten Geschichten aus den letzten eineinhalb Wochen Tour auf mich ein. Es gab viel Interessantes und viel zum Lachen und schließlich ließ sich auch mit dumpfen Wummern der Schnellzug vernehmen. Es war soweit, mein erstes Moldawien-Eisenbahnbild entstand.
3TE10M-1297 schleppt mit markantem Wummern den Schnellzug 65 „Moskau-Chisinau“ bei Bulbouca in Richtung Zielbahnhof.
Im Gegensatz zu seinen Brüdern, nimmt dieses Schnellzugpaar den Weg südlich von Chisinau über Transnistrien.
Nun standen zwei Möglichkeiten zur Auswahl: Hummel mit Regio oder MODERN! Die Hummel lief wohl heute ausnahmsweise zwischen Chisinau und Bender und war von den anderen Dreien, alle keine ausgewiesenen Fans dieses tschechischen Fabrikats, bereits abgelichtet worden. Mit MODERN, sollte im Verlauf der Tour zum geflügelten Wort werden, waren die Umbautriebwagen der Reihe D1M gemeint. Von diesen aus alten D1 umgebauten Fahrzeugen sahen wir in den nächsten Tagen zwei Stück im Einsatz.
Zu meinem Leidwesen entschied sich die Mehrheit für MODERN und da dieser, laut unseren Unterlagen, an geraden Tagen in den Süden unterwegs sein sollte, wechselten wir an die Strecke in Richtung Basarabeasca.
Nachdem ich verzweifelt mit dem Schließmechanismus unseres Auto gekämpft hatte, man kann ihn nämlich mit der Fernbedienung verriegeln, muss dann aber ganz schnell vor ihm „davonlaufen“ ansonsten sperrt er sich wieder von selber auf, gesellte ich mich auch in den Schatten einer Fabrikruine und wartete geduldig auf MODERN.
Vergebens, denn nichts tat sich auf den Schienen vor uns. So ein Mist! Sollten tatsächlich die ganzen Unterlagen nicht mehr stimmen? Also auf zum nächsten und letzten Programmpunkt des heutigen Tages. Ein Zug nach Süden, bestehend aus Lok und Wagen, sowie einem D1 am Zugschluss. Nach langem Suchen und holpern über ausgefahrene Sandwege fanden wir eine Außenkurve, die zu dieser späten Stunde noch im Licht lag.
Langsam kommt Zug 6010 die Steigung von Chisinau herauf gekrochen. Geführt von einer Sektion der TE10M schiebt hinten D1-700 kräftig nach.
Schon toll diese Zugzusammenstellung und eindrücklich das Geräuscherlebnis von angestrengt abreitender Lok und Triebwagen!
Für uns hieß es jetzt Hotel beziehen, wobei das Finden nicht ganz so einfach war, duschen und ab ins Restaurant. Das dortige leckere Essen wurde mit dem ein oder anderen Bier und vielen Geschichten als Beilage vertilgt und dann gings in die Falle. Schließlich war morgen ein früher Aufbruch geplant, sollte doch der „Rumäne“ nördlich von Chisinau erlegt werden.
Donnerstag, 9.Mai 2013 - Chisinau – Ocnita – Chisinau
Nach soviel Text für den ersten Tag gibt’s für den heutigen endlich viele Eisenbahnbilder! Versprochen! *grins*
Früh gings raus an diesem Morgen, sollte doch der Schnellzug aus Bukarest mit seiner blauen Zuglok nördlich von Chisinau verewigt werden. Der Himmel blau, die Luft frisch und alle gut drauf, so kann ein Fototag beginnen. Pascal hatte gestern noch eine Nachtschicht eingelegt und im Netz herausgefunden, dass die Moldawische Bahn tatsächlich zwischenzeitlich den Fahrplan verändert hat. Neben gestrichenen Zügen, so den MODERN in den Süden auf den wir gestern vergeblich gewartet hatten, gabs neue Relationen und teils drastisch veränderte Fahrzeiten. Der Bukarest-Zug war aber noch in der alten Fahrplanlage unterwegs und so konnten wir unseren Plan umsetzen ihn noch nördlich von Rassvet vom Hang herunter zu fotografieren.
Eine Einzelsektion der 3TE10M-1249 bringt den 106 Bukarest – Chisinau in Richtung Zielbahnhof.
Zwar ist der Schnellzug in diesem Abschnitt nicht gerade langsam unterwegs, trotzdem wollten wir versuchen ihn in Bucovat nochmal abzulichten. Eng wars, aber es gelang buchstäblich mit einer Punktlandung…..wir da, Auto „an die Leitplanke gequetscht“, raus und Schuss!
Einige Kilometer weiter südlich hat Zug 106 gerade den Bahnhof von Bucovat durchfahren.
Guter Anfang! Jetzt erst mal tanken, Proviant nachfüllen und dann weiter in Richtung Norden. Als finales Ziel des Tages war Ocnita bzw. das Dnister-Tal vorgesehen. Dort lockte der Moskau-Zug und die Hoffnung auf eine 2TE10L.
Zuerst gabs aber jede Menge Tagesprogramm. Als nächstes stand der Regionalzug nach Chisinau an, eine D1 Leistung. Dafür wollten wir uns bei Cornesti aufstellen. Doch soweit kamen wir gar nicht, denn kaum hatten wir den Bahnhof von Sipoteni in Sichtweite sahen wir dort einen MODERN ausfahren. Also schnell zurück und unterhalb des Ortes aufgestellt.
D1M 001 ist als M 802 in Richtung Chisinau unterwegs.
Hm, den hatten wir nun auch nicht auf dem Zettel! Es wir dringend Zeit, dass wir unseren Fahrplan abändern, sonst werden wir noch die ein oder andere Überraschung erleben! *grins*
Endlich in Cornesti angekommen gabs am Ortseingang erst einmal die zweite Garnitur des MODERN und dann für mich den ersten einzelfahrenden D1
Auf dem Weg nach Chisinau brummt D1 800 als Zug 6028 vorbei am kleinen Ort Cornesti.
Schon urige Fahrzeuge diese Triebwagen, einfach aus einer anderen Zeit und somit ganz mein Geschmack!
Mittlerweile hatten wir uns wieder auf den Weg gemacht und uns in Richtung Bumbata verschoben. Sicherlich einem der bekanntesten Fotopunkte in ganz Moldawien. Entlang der hier stark ansteigenden, doppelgleisig ausgebauten Strecke lassen sich jede Menge Motive und Ausblicke finden. Einige davon haben wir in den Tagen die wir in Moldawien verbracht hatten, ausprobiert. Erst mal hieß es aber den Haltepunkt suchen. Gar nicht so einfach bei den verschlungenen Sandwegen. Somit dauerte es einige Zeit, bot aber die Gelegenheit, moldawisches Landleben zu studieren. Es ist immer wieder eindrücklich, wie doch die Lebensumstände in vielen europäischen Ländern so ganz und gar von den zu Hause selbstverständlichen abweichen.
Wasserversorgung durch Brunnen? In Moldawien eher die Regel denn die Ausnahme, sobald man in die ländlichen Gebiete fährt.
Wir lassen unser Auto oberhalb des Haltepunkts stehen und gehen hinüber zum Gegenhang. Zeit haben wir reichlich, denn auch hier gilt, wie überall in Moldawien: Schöne Strecken mit vielen möglichen Fotopunkten……aber viel zu wenig Züge die fahren! Wenigstens aus der Sicht des Fotografen! Mit Ratschen vergeht die Zeit und endlich schiebt sich 6025 nach Ungheni oberhalb von uns aus der Kurve. Mittlerweile haben sich im etwas links von uns gelegenen Haltepunkt jede Menge Reisende versammelt, die auf den Triebwagen warten.
D1 753 war an diesem Tag für den Zug 6025 Chisinau – Ungheni eingeteilt.
So, nun haben wir wieder viel, sehr viel Zeit. Doch irgendwie scheint die Ecke für Fotografen gemacht. Gleich neben dem Haltepunkt am Gleis steht ein einzelner Baum, in dessen Schatten es sich gut dösen, lesen oder einfach relaxen lässt, ohne dass die Gefahr besteht dabei etwas zu übersehen. Und während Pascal diesen beschaulichen Ort ganz und gar verschmäht und lieber weiter oberhalb durch die Sonne läuft, verlasse ich diesen lauschigen Platz nur um einige Bilder von der Umgebung zu machen.
Blick auf den Ort Bumbata
Ob die Strecke bei der Beschaffenheit des Dammes und der Gleislage bei uns noch als befahrbar eingestuft würde? Deutlich hat sich hier der Untergrund gesenkt.
Während ich wieder in Richtung Baum marschiere fällt mir ein leises, beständiges Wummern auf. Zu gleichmäßig und zu tief um von einem Straßenfahrzeug zu kommen. Da wird doch nicht, meno ausgerechnet aus der Sonne und dann an dieser Stelle, da wird doch nicht ein Güterzug die Rampe herauf kommen? Dem geringen Tempo nach in dem sich das Wummern nähert, hängt da ganz schön was am Haken, sorry, an der Kupplung. Aber trotz der Langsamkeit des Zuges, für einen Wechsel auf den Gegenhang, von wo man bei dem Sonnenstand wenigstens noch etwas zaubern könnte, reichts nicht mehr. Also rein in den Einschnitt, dem Zug entgegen und ein Gegenlichtbild geschossen. Hat ja irgendwie bei uns auch schon Tradition, 2TE10 vor Güterzügen im Gegenlicht zu fotografieren (siehe Baltikum-Bericht vom letzten Jahr).
Gespannt warten wir was um die Kurve kommt! Es ist lang, grün und hat mehr wie zwei Abgasfahnen! Kurz keimt eine Hoffnung auf: Eine 3TE10 wirklich 3-teilig? Nööö, auf den zweiten Blick wird klar, mit 3TE10 lagen wir richtig, es sind aber zwei Doppelloks die da auf uns zu geschlichen kommen.
Der Versuch aus den miserablen Lichtverhältnissen noch etwas annähernd gescheites zu machen. 3TE10M-0019 und 3TE10M-0152 mühen sich die lange Steigung bei Bumbata herauf.
Welch eine Geräuschkulisse! Es vermittelt uns ein Gefühl der Kraftanstrengung, als die beiden Maschinen an uns vorbei dröhnen, den ellenlangen Güterzug die Rampe hinauf zerrend.
Ganz locker können wir dem Güterzug entlang wieder zu unserem Baum zurücklaufen, ohne dass das Ende der Wagenschlange uns erreicht. So gibt es noch einen eindrucksvollen Nachschuss.
Auf dem rechts hinten neben dem Güterzug sichtbaren Hang hätte man stehen sollen. Dann wäre der Güterzug deutlich besser abzulichten gewesen.
Lange ist das Wummern der beiden schwer arbeitenden Doppelloks zu hören. Schon beeindruckend so ein doppeltes Doppel-Erdbeben, wenn es unter Last alles geben muss.
Nicht lange nachdem die letzten Güterwagen in den Kurven oben am Berg verschwunden sind, wird es auch schon hinterm Hügelkamm wieder lebendig. Deutlich vernehmbar kämpft sich der Moskau-Schnellzug die Steigung herauf, um wenig später oben am Hang durchs anschließende Gefälle gerollt zu kommen.
Knick im Damm ergibt Knick im Zugverband! Mit dem langen Schnellzug 47 „Chisinau – Moskau“ kommt 3TE10M-1041 das Gefälle in Bumbata herunter gerollt.
Immer wieder sensationell was im Osten für Fernverkehrszüge unterwegs sind. Davon kann man als leidgeplagter Oberpfälzer Eisenbahnfotograf, der sich freut wenn der ALEX mal länger ist als 4 Wagen, nur träumen. *grins*
Jetzt heißt es Aufbruch. Vielleicht können wir ja noch den Gegenzug oberhalb von Ungheni ablichten! Können wir natürlich nicht!!! Alleine das schon schier endlose Gehoppel durch Bumbata frisst einen großen Teil unserer Zeitreserven, bringt aber immerhin weitere Einblicke ins Leben in der moldawischen Provinz.
Ziehbrunnen in Bumbata
Die Straßenverhältnisse auf den folgenden Kilometern tun ihr übriges und so sind wir, als wir wieder Schienen sichten, einfach zu spät dran. Kennt ihr den kleinen Zeitfraß? Hört ihr sein knabbernd nagendes Geräusch? *grchgrchgrch* Er wird uns auf dieser Tour noch öfters begegnen! Ooooh jaaaa!
Egal, die Gelegenheit sich der Mission des Nachmittags zu widmen: Den 2TE10L !!!
Hier in Moldawien sollen noch letzte Exemplare dieser mittlerweile mehr als seltenen Spezies aktiv sein. Verlässliche Informationen gibt’s zwar nicht, aber immerhin Sichtungen und Vermutungen. So soll eine Maschine recht regelmäßig einen Güterzug aus der Ukraine nach Ocnita bringen. Und zwar nach dem abendlichen Schnellzug aus Moskau. Die anderen drei haben dafür auch schon eine Stelle im Kopf. Hm, ich will es ihnen glauben, haben sie doch eineinhalb Tage Wissensvorsprung in diesem Land! Und wieder wird mir bewusst, dass ich noch nicht richtig in der Tour bin.
Auf dem Weg nach Ocnita wollen wir aber erstmal in Balti vorbeischauen. Schließlich sind die Doppelloks dort zu Hause, was die Chance ergibt, eventuell schon mal die eine oder andere im abgestellten Zustand abzulichten. So quasi als warm up für die Streckenaufnahme.
Problem ist nur, dass es in Balti zwei Bahnhöfe gibt und wir keine Ahnung haben, welcher der richtige ist. Pascal versucht das während der Fahrt mittels Landkarte am Laptop zu ergründen. Da er sich mit dem Ergebnis seiner Nachforschungen aber nicht ganz so sicher ist beschließen wir, es mit der Methode try-and-error zu versuchen und prompt …… errorn wir ganz gewaltig und landen nach einigem hin und her am falschen Ort. Auch diese Hoppelei über die gewohnt guten Straßen hat außer Zeitverlust nicht viel gebracht und so brechen wir ab, verschieben die Suche auf später und trösten uns an der nächsten Tankstelle mit einem Eis! Eisenbahnfreunde sind halt doch wie große Kinder! Soooo leicht zu trösten: „Komm hier hast ein Eis!“
Irgendwie endlos ist jetzt der Weg Richtung Ukraine. Nicht wirklich, nimmt man die Kilometer in gerader Linie, doch das mit der geraden Linie ist ja das Problem. Man fährt durch das ständige zickzack beim Umkurven der Schlaglöcher locker die doppelte Distanz. Endlich in Ocnita angekommen stürmen wir zum Bahnhof. Eigentlich müsste dort der Diesel stehen und auf seinen Einsatz in Richtung Ukraine warten. Doch bis auf ein paar Güterwagen und einem D1 ists leer hier. Ist das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen. Ist sie schon in Richtung Ukraine unterwegs oder gar nicht da, weil es heute keinen Güterzug gibt? Fragen die wir uns stellen, während wir den aus der Abstellung in den Bahnhof einrückenden D1 fotografieren.
D1 736 schiebt sich langsam Richtung Hausbahnsteig von Ocnita.
Für uns gibt es hier weiter nichts mehr zu holen, also ab zur Fotostelle. Auf dem Weg dorthin sehen wir so einige nette Plätze, die man auch mal ins Fotoprogramm aufnehmen könnte. Aber wir wollen weiter. Auf abenteuerlichen Wegen geht es zum Friedhof von Verejeni und von dort zu Fuß durch eine recht zwielichtige Ecke des Ortes hin zu einem Hang oberhalb des Dnister. Dort lässt es sich gemütlich auf den Zug warten.
Lesend im Gras liegen, den ortsansässigen Jugendlichen zuschauen, die als Partypeople auf dem Weg hinunter zu einer improvisierten „Techno-Session“ am Fluß sind oder den Blick über den Fluß hinüber in die Ukraine schweifen lassen, so verbringt jeder die Zeit bis zur Zugdurchfahrt wie es ihm am besten gefällt.
Und endlich kündigt sich auch der Schnellzug aus Moskau an. Grummeld und rauchend zieht der schwere Diesel die lange Wagenschlange entlang des Flusses auf uns zu.
Im weichen Abendlicht schlängelt sich der Zug 48 Moskau – Chisinau durch das Tal des Dnisters. Gleich muss 3TE10M-0151 alles geben, um ihn über die Steigung aus dem Flußtal heraus und hoch nach Ocnita zu bringen.
Die Spannung steigt, denn nun sollte eigentlich der Güterzug mit der 2TE10L bald folgen. Schnell nochmal versucht die üppige Vegetation unten am Gleis etwas zu stutzen. Dabei aber immer die Ohren in den Wind haltend, und auf das Grummeln eines Diesel hoffend.
Doch es grummelt nichts und wir müssen uns von Minute zu Minute mehr eingestehen, dass es wohl an diesem Tag nichts wird. Gewissheit verschafft uns dann endgültig der talwärts rollende Zug 47 nach Moskau.
Und während auf der gegenüberliegenden Flussseite Burger Tiere ….. Entschuldigung: Kühe ….. nach Hause getrieben werden und die Sonne hintern dem Hügel verschwindet, packen auch wir etwas enttäuscht zusammen und machen uns auf den Weg nach Hause.
Alle Rindviecher müssen nach Hause in den Stall! Das gilt auch für uns! Doch während die Kühe am gegenüberliegenden Ufer heute Nacht in der Ukraine die Augen zu machen, geht’s für uns zurück in die moldawische Hauptstadt.
Wie man es auch dreht und wendet, rund 280 km sind in Moldawien eine verdammt lange Strecke. Und erst recht in der Nacht! Und so heißt es jetzt auch nicht mehr trödeln, sondern im Schweinsgalopp ab durch die Mitte. Vorbei am moldawischen Grenzbahnhof in dem der Schnellzug von eben steht, rauf auf die Hauptstraße und Kilometer gespult. Gut das unser Fahrer etwas sportlich unterwegs ist, so haben wir wenigstens noch die Chance, einigermaßen bei Zeiten im Hotel bzw. beim Essen zu sein.
Kurz vor Chisinau wird unser zügiger Ritt aber gebremst. Vor uns biegt ein Polizeiauto auf die Straße ein, löscht alle verräterischen Lichter und schleicht mit 60 km/h dahin. Bald kommt was kommen muss, aus der Schlange, die sich hinter uns gebildet hat, schert ein besonders sportlicher aus, nimmt alle Fahrzeuge vor ihm im Sturm, auch uns, und erkennt zu spät, wer da vorne dran fährt. Sein halbherzig vorgetragener Bremsversuch, als er im Bereich einer durchgezogenen links neben dem Polizeiauto auftaucht, rettet ihn nun auch nicht mehr. Vorbei ists mit der Dunkelheit, grell flammen die Lichter auf dem Auto der Ordnungsmacht auf und ab geht’s auf den Seitenstreifen. Tja, es gibt halt Tage da verliert man und es gibt Tage, da gewinnen die anderen.
Da es nun mittlerweile bereits recht spät geworden ist und die anderen dem Essen im Hotel etwas misstrauen, verstehe ich gar nicht, bringt David den Vorschlag „fast-food“. Und da sich im Auto nur wenig Widerstand regt, landen wir beim McDonald. Aber nicht ohne vorher mit einem pompösen Feuerwerk begrüßt zu werden! Nicht schlecht der Service hier für Touristen! Könnte ich mich daran gewöhnen! *grins* Gut, gut! Das Feuerwerk war nicht wegen uns. Man feiert das Ende des 2.Weltkriegs. Schön wars aber trotzdem anzuschauen.
Beim Burgerbrater stehen endlose Schlangen vor dem Tresen. Irgendwie laufen dabei immer zwei vor einer Kasse zusammen. So kommen wir nicht richtig vorwärts. Erst recht, da Pascal zu höflich ist und immer nur zaghaft vorrückt. Auf meinem Hinweis, er solle doch beim nächsten Mal energischer zu Werke gehen, bekomme ich von rechts die Ansage: „Keine Angst, wir drängeln uns schon nicht vor!“ Eine blonde junge Frau steht neben mir und grinst mich an. Schnell kommen wir ins Gespräch und ich erfahre unter anderem, dass sie in Salzburg lebt und zur Zeit zu Hause auf Urlaub ist. Jaja, so schließt man internationale Kontakte.
Im Hotel wird dann noch kurz der nächste Tag besprochen. Los gehen solls mit dem Odessa-Zug, was ein frühes Aufstehen automatisch voraussetzt, und schon liegen wir in den Betten und hören dem nächtlichen Konzert der streunenden Hunde zu.
War da nicht noch was? ……… Na klar!!! Ganz schnell einschlafen, dass Nil von meinem Geschnarche gestört wird und ich nicht von seinem!!! Also dann *gchgrchgchgr….* ….. ich glaub es hat geklappt *grins* Dann bis morgen!