Chile 2012 - Tag 8: Tocopilla - Calama
Von David Gubler
27.4.2012: Tocopilla - CalamaIch hatte erneut eine nicht so tolle Nacht, dafür konnte ich meinem Zimmerkamaraden ausgiebig beim Holz sägen zuhören. Immerhin, im Gegensatz zur letzten Nacht piepste kein Auto alle paar Minuten (die Nissan Terrano haben bisschen einen Schaden, wenn man z.B. bei geschlossenem Auto erneut den Schliessen-Knopf am Schlüssel betätigt o.ä. piepst die Kiste plötzlich komisch) - Die Autos waren direkt neben unserem Zimmer abgestellt, und es gab ein klitzekleines "Nicht-Fenster" rüber zur Garage.
Wie gestern schon ausgeführt, hätte ich den heutigen Vormittag gerne nochmal an der Strecke verbracht, und den einen oder anderen Meeresblick fotografiert. Der Blick zur Haustüre raus verhiess aber nichts gutes: Der Himmel war total wolkenverhangen. Anscheinend ist dies hier eher die Normalsituation als jenes Wetter, welches wir gestern hatten... Die Streckenbilder konnte ich also guten Gewissens streichen.
Dafür waren wir bei der SQM im Depot angemeldet, was offenbar eine recht einmalige Sache war. Wir sollten uns allerdings erst um 9:30 dort treffen und daher hatten wir erst noch etwas Zeit, um die 8:30-Leistung mit Boxcabs zu fotografieren. Wettermässig war zwar nicht viel zu wollen, aber wir hatten nichts zu verpassen. Das Resultat ist (zumindest bei meiner bescheidenen Bearbeitung) nicht so überzeugend, aber immerhin seht ihr, dass es auf dieser Eisenbahn durchaus noch weitere tolle Fotostellen gäbe.
Bahnübergang ausgangs Tocopilla. Die Sonnenuntergangsbilder am Abend entstanden auch hier. Die Gestelle im Hintergrund dienten wohl mal als Sicherung gegen herunterfallende Stromleitungen o.ä.
Die Kurve, welche wir gestern morgen fotografierten, aber kein Licht auf dem Zug hatten. Da gäbs auch noch diverses Potential für Variationen
Anschliessend gings zurück nach Tocopilla und direkt zum Depotgelände. Nach kurzer Zeit wurden wir herein gelassen, und auf dem Gelände herum geführt. Zunächst ging es zur Lokabstellgruppe, wo der Hobel Nr. 15, die Neubauloks E653, E652 und E651 und die Boxcabs 604 und 603 standen. Zunächst hob aber ein Mitarbeiter für uns die Stromabnehmer - Per Stange!
Da fehlt wohl Druckluft: Panto heben per Isolierstange
Lok-Abstellgruppe der SQM
Anschliessend wurden die beiden Boxcabs noch etwas rangiert und auf ein anderes Gleis gestellt. Während wir das Ganze beobachteten, war am Funk eine rege Diskussion über die "autorización" im Gange; wie es scheint, waren da nicht ganz alle damit einverstanden, dass da 20 Leute auf dem Werksgelände herum laufen und Fotos machen...
Anschliessend konnten wir noch einen Blick in eine Werkstatt-Halle (welche aber eher als Lager benutzt wurde) werfen; darin war Boxcab 606 als Ersatzteilspender vorzufinden, ansonsten war da nicht viel interessantes auszumachen.
Boxcab 606 dient als Ersatzteilspender
Nun konnten wir noch etwas einem weiteren Hobel beim Rangieren zusehen, und damit war die Führung auch bereits wieder vorbei. Die Fragerunde gestaltete sich eher schwierig, da kein Eisenbahner anwesend war, der Englisch konnte. Ich versuchte dennoch die Frage zu klären, ob die Loks Strom zurückspeisen können: Verständigungsprobleme vorbehalten ist das bei den alten Loks der Fall, bei den Neuen aber nicht! Musste wohl günstig sein... Gerade die SQM, welche mit vollen Zügen talwärts und mit leeren Zügen bergwärts fährt, und das auch noch gleichzeitig, müsste doch eigentlich von Rekuperation profitieren, und evtl. sogar quasi mit "Null-Strom" betrieben werden können...
Anschliessend machten wir uns definitiv auf den Weg nach Calama. Naja, fast. Zuerst wollte ich jetzt auch mal unsere Nissan Terrano-Büchse fahren - Als Nicht-Auto-Besitzer ist es immer etwas schwierig, die Fahrpraxis zu behalten; das letzte mal kurz Auto gefahren war ich im Oktober 2011 in Marokko, also vor einem halben Jahr... Das ging die Hauptstrasse hoch auch ganz gut, allerdings stellte ich fest, dass die Kiste keine Power hatte; sobald es etwas bergauf ging, war unterhalb 2500/min und oberhalb 3000/min nichts mehr zu wollen. Im flachen Abschnitt kam uns der Boxcab-Zug entgegen, und wir wollten uns an einer Fotostelle aufstellen, da gabs für mich das erste Problem: Beim Parkieren versenkte ich die Kiste in losem Kies (dank 4WD nicht so ein Problem) und hatte meine liebe Mühe mit dem Einschätzen der Fahrzeuggrösse (rückwärts parkieren) und dem Low Range-Getriebe. Witzig war auch, dass bei diesen Autos der Motor noch für ca. 30 Sekunden weiter lief, nachdem man den Schlüssel abgezogen hatte! Sprich, man musste beim Aussteigen den Gang rausnehmen und dafür die Handbremse anziehen (genau das Gegenteil von dem, was ich normalerweise mache), sonst machte die Kiste einen Satz nach vorne oder rollte davon... Zu allem Übel war die Handbremse auch noch keine normale Handbremse, sondern ein Hebel zum gerade raus ziehen. Zum Lösen musste man diesen nach rechts drehen, rein schieben und erst dann zurück drehen - oh man, was genau haben denn diese Jungs gekifft? Und last but not least blieb das Licht an, wenn man den Schlüssel raus nahm, und das ohne, dass die Kiste gepiepst hätte oder so, sprich, das ging dann auch noch jedes mal vergessen (bis Ende der Ferien hatte ich dann wenigstens gut jedes zweite Mal das Licht auch ausgemacht). Immerhin, das hält geistig fit, wenn nicht alles so einfach funktioniert ;)
Wo war ich? Genau, beim Zug, der runter kam. Das Bild war leider recht unattraktiv, da es nach wie vor finster war (und wir das in sehr ähnlicher Form gestern schon hatten, mit Licht und so); auch ein zweites Bild weiter unten war total unnötig. Danach brachen wir aber ab, und fuhren weiter in Richtung Calama. Wir kamen aber wiederum nicht weit; hinter Barriles kam uns wieder der Hobel 25 mit einem beladenen Nitratzug entgegen. Und wir hatten sogar sowas ähnliches wie Sonne!
Hobel 25 mit beladenem Nitratzug kurz vor Barriles
Nun ging die Reise aber rasch weiter. Unterwegs waren wir der Meinung, weit weg einen Zug in einem Industriegleis zu sehen, fanden diesen aber nicht. Nach einer knappen Stunde kamen wir in Maria Elena an, und schauten uns die Strecken an, welche in den Ort hinein und wieder raus führen. Früher muss es hier ein umfangreiches elektrifiziertes Netz gegeben haben, mit Doppelspurstrecken und so! Davon war aber nur noch ein einziges Diesel-Gleis vorhanden.
Der ehemalige Personenbahnhof Maria Elena
Nach einem Mittagessen in einem kleinen Restaurant (das Fleisch war, wie üblich, "chilenisch" zubereitet), ging es weiter in Richtung Calama. Die Landschaft war recht spektakulär, aber häufig mit Hochspannungsleitungen verunstaltet. Dafür wurde das Wetter nach und nach besser.
Bei einem kleinen Zwischenhalt wurde ich richtig kreativ (... indem ich das nachgemacht habe, was zuvor schon 10 Leute fotografiert hatten ;) ). Das längste schnurgerade Stück (wobei ich nicht sagen kann, ob es sich um jenes vom Foto handelt) ist 27 Kilometer lang.
Irgendwo zwischen Maria Elena und Calama
Ebenfalls interessant an der Fahrt nach Calama war, dass man das Gefühl hatte, man fahre in der Ebene; diese stieg jedoch permanent an, so dass wir schlussendlich gegenüber Barriles über 1000 Meter höher waren (Calama liegt auf 2200 Metern über Meer). Calama ist eine veritable Stadt mit knapp 180'000 Einwohnern, einem halbwegs vernünftigen Flughafen, Umfahrungsstrasse, gescheiten Hotels und so - Und das, obwohl sich die Stadt mitten in der Wüste befindet, und das Ende der Welt nur ein paar Täler weiter beginnt (aber dort würden wir erst morgen hinfahren). Allerdings wird sie von einem kleinen Fluss (oder eher Bach) durchflossen, der ein klein wenig Vegetation und Landwirtschaft erlaubt.
In Calama fuhren wir erst mal zum Hotel, um das Gepäck los zu werden (ziemlich nobler Schuppen, das Agua del Desierto), und darauf zum Bahnhof, in der Hoffnung zu erfahren, was so fährt. Während unsere Reiseleitung mit den Eisenbahnern am diskutieren war, konnten wir ein paar Bilder vom dortigen Bahnareal machen (allerdings durften wir uns nicht vom Wärterhäuschen entfernen).
Drehscheibe im Bahnhofsareal von Calama
Die gute Nachricht war, dass in ca. 35 Minuten ein Zug kommen sollte. Wir stellten uns, mehr schlecht als recht, am dortigen Bahnübergang auf, während Andere verschiedene Varianten ausprobierten. Man darf sich von der Zeitangabe natürlich nicht verwirren lassen: Das waren selbstverständlich chilenische 35 Minuten, also eigentlich das Doppelte. Eine knappe Stunde später kam plötzlich unser Guide gerannt. Ich ahnte schon Böses, aber er wollte uns nur mitteilen, dass wir nun plötzlich ins Bahnareal rein durften, was wir auch taten, da es dort eine deutlich besser Variante für die Umsetzung des erwarteten Zuges gab. Zunächst machten wir aber noch ein Bild des Schildes zur Unfallverhütung...
Text in etwa: Vooorsicht, Weiche! 1. Aufpassen, 2. Weiche betätigen, 3. Weichenzunge prüfen. Eine gut gestellte Weiche vermeidet Entgleistungen.
Es dauerte nun aber nur wenige Minuten, bis wir wieder aus dem Bahnhofsareal raus gewunken wurden - schade. Irgendwer konnte sich da wohl nicht so richtig entscheiden. Der Zug kam bald, pünktlich 70 Minuten nach der Ankündigung. Ein dummer Lieferwagen machte die sowieso nicht so tolle Stelle dann aber noch unbrauchbarer, so dass bei mir nur ein Murks raus kam.
"Neufundländer" EMD GR12UM 1421 und zwei weitere Maschinen durchfahren den Bahnhof Calama
Anschliessend brachen wir die Übung ab, weil das Licht nur noch schlechter wurde und nun länger kein Zug mehr kommen konnte. Zurück im Hotel gabs erst mal eine Dusche und anschliessend für (fast) alle einen Pisco Sauer (mit genug Alkohol, was auf nüchternen Magen evtl. auch etwas aufgrund der Höhe dann doch spürbar war). Mein anschliessendes Nachtessen im Hotel-Restaurant bestand aus einem Caesar-Salat, der eigentlich auch ganz gut gewesen wäre, wenn er denn nicht irgendwie nach Fisch geschmeckt hätte... zwar eine kreative Kombination, aber doch nicht so ganz nach meinem Geschmack.