Balkantour 2009 - Tag 16: Tuzla - Doboj
Von Pascal Zingg
Montag 20.07.2009: Tuzla - Doboj(Text: Neel Bechtinger; Fotos: Pascal Zingg, David Gubler, Neel Bechtinger)
Heute früh beim Aufstehen befürchtete ich Schlimmes, denn für Pascal wollten wir uns heute mal um die Dampfloks in der Gegend kümmern, die bei einigen Minen und Werken noch verwendet werden. Da wir aber nur spärliche Informationen hatten und die Loks teilweise nur einmal am Tag aus dem Werk kamen, liefen wir Gefahr dies zu verpassen. So habe ich beim Frühstück nicht so recht daran geglaubt, dass es klappen würde. Pascal dagegen war morgens natürlich guter Dinge, und so liefen wir gegen acht Uhr gemütlich zum Frühstück. Dieses gab es im grossen Esssaal im Erdgeschoss, dem klimatisierten Teil des Hotels. Das Buffet war den vier Sternen schon eher angemessen, im Gegensatz zu unserem Zimmer. Es gab alles, was das Herz begehrte. Nach dem Durchfressen gings wieder rauf aufs Zimmer. Unterwegs stellten wir fest, dass im dritten Stock offenbar schon alles renoviert war, im Gegensatz zu unserem Stock. Und doch haben wir denselben fürstlichen Preis bezahlen müssen...
Den Morgen wollten wir an der Strecke gegen Norden nach Brčko verbringen. Ein Regio von dort nach Tuzla hatte es uns angetan, und so sollte eine Verfolgung bis Tuzla den Tag einleiten. Am Vorabend hatten wir im Internet, welches man in der Lobby empfing, die Fahrzeiten der Regios raus geschrieben (oder es zumindest versucht). HAFAS, der Fahrplan der Bosnier und der Aushangfahrplan in Tuzla hatten alle andere Zeiten, immerhin aber alles im gleichen Zeitraum. Hauptsache der Zug kam. Da die ZFBH keine Triebwagen hatte, musste der Regio mit einer 661 bespannt sein, was auch nicht verkehrt war. Nach dem Bezahlen verliessen wir das Hotel und drehten zuerst noch eine Runde zu einer Kohlemine südlich von Tuzla, bei welcher auch eine Dampflok in Betrieb hätte sein sollen. Davon sahen wir aber nichts, und machten uns deshalb in Richtung Norden auf, um am Taleingang den Regio in Empfang zu nehmen. Für die etwa 30 Kilometer lange Strecke brauchte der Zug eine gute Stunde, wir waren also mit dem Auto sicher schneller. Kaum waren wir aus dem Kuchen um Tuzla herum raus, kam uns ein Güterzug mit 661 entgegen. Eigentlich wäre der ideal gewesen, wir wollten uns aber erst mal um den Regio kümmern. Nach etwas Suchen fanden wir ein gemütliches Plätzchen im Schatten und warteten da auf den Regio. Wir waren etwa um halb zwölf da und erwarteten diesen etwa um zwölf Uhr. Der Regio tauchte zwar nicht auf, aber immerhin kam eine leere Lok von hinten, wohl jene vom Güterzug nach Tuzla.
Statt dem erwarteten Regio kam eine leerfahrende 661 der ZFBH
Die weitere Wartezeit verging sehr langsam. Kurz bevor wir gehen wollten, um 13:20, begann es hinter der Ecke zu röhren. Es war natürlich nicht der Regio, dafür ein Güterzug. Egal, den wollten wir nun verfolgen, wobei er wohl etwas schneller als der Regio war. Gross war der Unterschied aber nicht, denn der Güterzug musste bei jedem Bahnhof abbremsen. Grund dafür war, dass sämtliche Einfahrt-Vorsignale der Bahnhöfe halt zeigten; zumeist waren gar die Seilzüge demontiert, die Signale wohl in dieser Position verschraubt. Den Güterzug konnen wir nach der ersten Stelle nun hinter Srebrenik, bei Tinja, bei Sicki Brod, von der Strassenbrücke vor Mramor und zuletzt von der Hauptstrassenbrücke bei Tuzla erlegen, wobei letzteres nur mässig gelang, da der Zug abschnittsweise doch recht fix unterwegs war.
Das Resultat unserer ersten Verfolgungsjagd des Tages sind die Bilder dieses leeren Kohlezuges.
Unser nächstes Ziel war nun klar, der Bahnhof von Lokavac. Dort sollte täglich um etwa 15 Uhr eine Dampflok aus dem Werk Sikulje einen vollen Zug bringen und einen leeren wieder zurücknehmen. Auf dem Weg nach Lukavac kamen wir am Sodawerk vorbei. Dort waren die Arbeiter gerade damit beschäftigt, hinter rotem Absperrband nichts zu tun. Auf einem Transparent war „Generalj Streiki“ (oder so) zu lesen... ob das für die Dampflokbilder etwas Gutes bedeuten würde? Wie auch immer, wir trafen zwei Minuten später, am Bahnübergang von Lokavac, auf eine kleine Dampflok vom Sodawerk, die mit Rangierarbeiten beschäftigt war.
Die kleine 62er vom Sodawerk am Rangieren.
Der Bahnübergang ging kurz auf und schloss sich gleich wieder, es kam der Kohlezug, den wir verfolgt hatten.
Der schon bekannte Kohlenzug fährt in Lukavac ein.
Wenig später war der Bahnübergang erneut geschlossen, diesmal wieder für die kleine Dampflok, die mit einem mächtigen Zug auf die Hauptstrecke gegen Tuzla raus fuhr. Wir standen auf einer rostigen Überführung hinter dem Bahnhof, die wohl nicht mehr richtig genutzt wurde, denn der Bahnübergang war wohl auch bei geschlossenen Schranken sicherer als die Überführung...
Die 62 verlässt mit ihrem Zug den Bahnhof von Lukavac.
Der Herr von Stellwerk hatte nichts gegen unser Tun, er winkte freundlich. Besonders gesprächig war er aber nicht. Als nächstes schauten wir nach, ob die 33er der Kohlegrube noch dort war. Als wir die Pforte des Werkes erreichten, sahen wir sie ohne Zug rumstehe, Wir erwarteten deshalb, dass sie noch umsetzen würde. Da das Licht nicht recht passen wollte, blieben wir vorne auf öffentlichem Grund, wir wollten es ja nicht drauf ankommen lassen. Nun bewegte sich aber um die Lok etwas und nicht weniger als neun leere Busse fuhren zum Werk und stellten sich in einer Reihe auf: Schichtwechsel! Als die Busse wieder abfuhren, kam ein Lada von hinten und hielt an. Ein Herr stieg aus und versuchte, mit uns zu kommunizieren. Es schien irgendwie um Papier und Foto zu gehen. Genehmigung? Oder was? Er deutete, dass wir ihm folgen sollten, und so fuhren wir ihm ins Werk nach. Wir sollten die Dampflok fotografieren und uns anschliessend abmelden. Wir waren etwas perplex, taten aber natürlich gerne was er von uns „verlangte“. Wir bekamen einen Wachmann zugeteilt und liefen zur Lok, die in diesem Moment umsetzte und an den Zug drückte. Der Lokführer kam noch für einen Schwatz vorbei, aber leider verstanden wir uns wieder nicht, nur über Bier konnten wir sprechen ;)
Die 33er geht an den Zug.
Wir deuteten, dass wir zum Bahnhof wollten um die Lok da zu fotografieren, und wurden entlassen. Nach dem Hinterlassen eines Trinkgeldes, das wie immer nur widerwillig angenommen wurde, fuhren wir zum Bahnhof. Der Übergabezug der Staatsbahn stand bereits da und die 661 hatte sich schon in ein Gleis daneben gesetzt. Der Dampfzug kam, die Lok fuhr auf dem Hauptstreckengleis an uns vorbei, die 661 setzte sich dahinter und dann fuhren beide Loks vor ihre Züge. Klingt unspektakulär, war es auch, sah aber schööön aus :)
Umsetzen in Lukavac: Zuerst kam die 33er, dann die 661, anschliessend gingen beide Loks an den jeweils anderen Zug.
Um den Dampfzug zurück ins Werk mehrfach erlegen zu können, trennten wir uns. Es kamen drei schöne Fotos dabei heraus. Dies nicht zuletzt wegen der passenden Sicherungstechnik, dem idealen Sonnenstand und der nun richtig stehenden Lok.
Die 33er bringt den leeren Kohlezug zurück ins Werk.
Das Urlaubsziel „Dampflok in Bosnien“ konnte nun mit einem dicken Hacken abgehakt werden. Das nächste Ziel war Doboj, 50 Kilometer gegen Westen. Dort liegt der Betriebsmittelpunkt der ZRS, aber auch die ZFBH fährt diesen Bahnhof und die Strecke nach Süden an. Es war also etwas los, und landschaftlich war die Ecke auch nicht schlecht, wobei wir nicht so recht wussten, ob fototechnisch tatsächlich was ging. Als Taxi nach Doboj krallten wir uns einen der zwei täglichen Regios mit ehemaligen SZ/FS-Triebwagen der Reihe 813/814. Bei Tuzla mit „dem Einzigen“ im Bild (in Anlehnung an „das Alte“ und „das Neue“ Kohlekraftwerk im Kosovo) gabs einen Nachschuss. Weiter ging es nach Lukavac, Dubosnica und Suvo Poljebis, und unerwartet früh waren wir in Doboj.
Der 813/814 auf seinem Weg von Tuzla nach Doboj
In Doboj angekommen fanden wir den Bahnhof ohne suchen zu müssen. Kursbuch gab es aber auch hier keines, und auch der Aushangfahrplan war bedingt nützlich, denn er war in Kyrillisch, womit wir so unsere Mühe hatten :) Mit viel Phantasie liessen sich jedoch immerhin die Ortsnahmen erraten. Wir schauten nun dem Triebwagen noch etwas zu, sowie dem EC von Budapest nach Sarajevo, der mit ziemlich genau einer Stunde Verspätung im Bahnhof umgespannt wurde, von der einen Staatsbahn auf die andere!
Das Hotel, das wir besuchen wollten, hatten wir bereits im Internet gefunden und fanden es auch ohne grosse Umwege. Der Preis war gut, das Zimmer auch, und ebenfalls das angebaute Restaurant, das wir am Abend gleich noch testeten. Das Zimmer sei aber nur für eine Nacht frei, was uns seltsam erschien, denn gerade viele Gäste hatte es nicht. Das brachte uns zur Theorie, dass wir vielleicht nicht so ganz der gewünschten Klientel entsprachen, und sie sich die Option offen halten wollten, uns nach einer Nacht loszuwerden...
Tag 17: Doboj - Doboj
Tag 15: Nis - Tuzla