Balkantour 2009 - Tag 10: Fushë Kosovë - Fushë Kosovë
Von Pascal Zingg
Dienstag 14.7.2009: Fushë Kosovë – Fushë Kosovë(Text: Neel Bechtinger; Fotos: Pascal Zingg, David Gubler, Neel Bechtinger)
Der heutige Tag begann etwas anders als die letzten paar, denn wir schliefen weder aus, noch erlegten wir die Morgenzüge im Bahnhof von Fushë Kosovë. Trotzdem mussten wir schon um sieben Uhr aufstehen und um viertel nach das Hotel zu verlassen, denn das erste Ziel war Obiliq, wo anscheinend zwischen acht und neun Uhr die Übergabe eines Kohlezuges stattfinden sollte. Da wir den direkten Weg nicht kannten, waren wir uns etwas unsicher, wie lange die Fahrt dorthin dauern würde. Wir vermuteten zwar, dass es eine direkte Strasse geben würde, diese war aber weder angeschrieben noch auf der Karte zu finden. So zogen wir die „offizielle“ Variante via „Mörderkreisel“ vor. Obwohl das Werk nur etwa sechs Kilometer vom Hotel entfernt lag, fuhren wir so eine doppelt so lange Strecke mit Ehrenrunde über Prishtinë. Der Verkehr lief nicht schlecht und so waren wir gegen 7:50 am Bahnhof. Nach dem Parken ging es erstmal zum Bahnhofsvorstand, um zu fragen, wann denn etwas kommen würde. Dieser konnte zwar weder Deutsch noch Englisch, hatte aber einen Kollegen, der ein paar Brocken Englisch sprach. Die beiden erklärten uns, dass der Zug so gegen neun Uhr aus dem Werk kommen sollte. Wir waren also noch viel zu früh und hatten eine zeitliche Lücke zu füllen.
In der Hoffnung, dass der Zug nach Pejë noch immer mit NOHAB bespannt war, fuhren wir über die lustige Strasse nach Bardh und schossen da NOHAB 005 mit dem hübschen Zwei-Wagen-Zug im letzten Frontlicht in dieser Gegend.
Der Regio nach Pejë verlässt Bardh
Auf dem Weg zurück nach Obiliq kamen wir noch an einem nicht ganz definierbaren Bus vorbei, er stammte sicher aus dem deutschsprachigen Raum, vermutlich aus der Schweiz, aber aus den Farben und Logos wurden wir nicht schlau (im Nachhinein fanden wir heraus, dass es ein Bus der Auto AG Liestal war).
Ein ehemaliger Liestaler Bus
Zurück in Obiliq ging die Warterei wieder los. Wir setzten uns in den Schatten und harrten der Dinge, die da kommen mochten. Plötzlich kam der eine Eisenbahner zu uns rüber und deutete, dass in fünf Minuten der Zug aus dem Werk hier sei. Da die Kohlemine keine „moderne“ Rangierlok hatte, wurde zur Übergabe an die Staatsbahn eine Werksdampflok der Reihe 62 eingesetzt (schliesslich hat man Kohle zur Genüge). Die Lok kam ziemlich fix und stellte den Zug recht fotogen in den Bahnhof.
Einfahrt des Kohlezuges in Obiliq
Danach setzte sie vom Zug ab, fuhr gegen Mitrovicë raus und kehrte ohne grosse Pause zurück ins Werk. Das fanden wir etwas schade, denn wir hofften, dass die Staatsbahn ebenfalls einen Zug bringen würde, der dann ins Werk gemusst hätte. Das wäre darum schön gewesen, weil wir die Lok dann im Licht und mit dem Schornstein voraus vor dem Zug gehabt hätten.
Die Lok beim Umsetzen
Von der Kosovo Railways war aber noch weit und breit nichts zu sehen. Im Wissen, dass da noch was kommen sollte, warteten wir vorerst einmal ab. Gegen halb elf wurde es uns dann langsam aber sicher zu blöd und wir gingen nochmals fragen. Der zuvor eher zurückhaltende Stationsvorsteher hatte nun plötzlich Interesse an uns und lud uns zu einem Tee vor seiner Bude ein. Sei Kollege kam dazu und wir konnten uns einigermassen auf Englisch unterhalten. Man zeigte uns auch noch den Eisenbahnergarten neben den Gleisen und uns wurde daraus je eine Salatgurke geschenkt. Ja, nett waren sie! Aber auch etwas bemitleidenswert, denn anscheinend lief hier nur alle zwei Tage was, und was sie den Rest der Zeit so taten, wussten wir auch nicht so recht.
Das innere des Bahnhof Obiliq, das Schaltpult ist noch immer in Betrieb
Wer nur alle zwei Tage einen Zug abfertigen muss, hat Zeit einen Garten zu unterhalten!
Nach dem Tee mussten sie den Papierkram erledigen (ganz schön aufwändig). Gegen Mittag kam sie dann endlich, die G1700 der Staatsbahn. Die erhoffte Kennedy liess also weiter auf sich warten und zu allem Übel war nun auch das Licht in der Gleisachse.
Lok 009 holt den Kohlezug in Pejë
Wir verabschiedeten uns vom netten Personal, knipsten den Zug und fuhren gleich weiter, rüber zum kurvigen Abschnitt vor Drenas. Dort warteten noch ein paar Fotostellen darauf, dass wir sie umsetzten, und so lange würde es sicher nicht mehr dauern, bis der Kohlezug kommt. So stellten wir uns mal oberhalb der Kurven auf. Erst kam aber der Regio aus Pejë.
Regio Pejë - Pristina
Nun hatten wir ein Problem, denn eigentlich wollten wir ja endlich mal die Dorfdurchfahrt von Kaçanik umsetzen, kamen aber bisher einfach nicht dazu. Da heute der letzte Tag war, musste das eigentlich sein. Damit das klappt, müssten wir um 15 Uhr dort sein; von Bardh würde die Fahrt sicher eine Stunde dauern, noch etwas Reserve, also im Idealfall bis spätestens 13:30 hier weg kommen. Wir entschieden aber, so oder so auf den Kohlezug zu warten, und vielleicht würde es noch für Kaçanik reichen. Der Zug kam genau um 13:45, aber nicht mit der G1700, sondern mit einer Kennedy!
Der Kohlezug mit der dritten Bespannung, diesmal mit Kennedy 003
Wir fotografierten ihn, und dachten, dass es bis Kaçanik noch reichen müsste. So fuhren wir schnell los in Richtung Süden, kamen aber schon auf den ersten Kilometern nicht so richtig vorwärts, Schotterpiste und Schleicher sei Dank. Am Bahnhof Drenas konnten wir auch nicht einfach vorbei fahren, denn die Kosovo Railways lud zu einer kleinen Lokaufstellung, Kennedy neben NOHAB.
Aufstellung in Drenas: 003 mit vollem Kohle Zug aus Obiliq und 008 mit leerem Tonerdezug aus dem Ferronickel-Werk.
Schon wieder waren fünf Minuten vorbei. Der Bahnhofsvorstand, der uns ja auch schon kannte, gab breitwillig Auskunft, was denn nun geschehen sollte. So schoben wir Kaçanik erneut um einen Tag raus und konzentrierten uns auf den leeren Tonerdezug zur Golesh-Mine. Ein erstes Mal wollten wir den Zug bei Bardh erlegen, an drei verschiedenen Stellen, versteht sich. Nachdem ich die anderen zwei rausgeschmissen hatte kam der Zug auch bald, leider mit Wolkenschaden, angesichts des ansonsten quasi wolkenlosen Himmels ziemlich doof.
Kennedy 003 erreicht mit dem Leerzug Bardh
Danach ging es schnell, denn wir hatten mit der Kennedy noch eine Rechnung auf dem Industriegleis zur Mine offen. Dort wo uns gestern die NOHAB im Halblicht durch die Lappen ging, sollte es diesmal klappen. Zeitlich hatten wir dem Zug bis dahin etwa eine Viertelstunde abgenommen, mehr gibts über den Gleiszustand wohl nicht zu sagen ;) Der Zug kam vor dem Werk im besten Sonnenlicht an uns vorbei geschlichen. Die Lokführer haben wir noch nie gesehen, und sie uns offenbar auch nicht, denn sie schauten etwas blöd aus der Wäsche :)
Der Zug befährt die ersten Meter des Anschlussgleises hinter dem Bahnhof Bardh
Beim Stützpunkt der Österreicher quert der Zug erneut die Strasse.
Die bereits bekannte Stelle beim Unterwerk
Den Zug wollten wir nun nicht nach Drenas zurück verfolgen, denn stellentechnisch hatten wir dort schon recht gut geräumt. Viel eher wollten wir nun nach Bablak, für den IC nach Prishtinë, der in etwa zwei Stunden dort sein sollte. So fuhren via einen kleinen Tante-Emma-Laden nach Bablak. Unterwegs wurden wir sogar unfreiwillig von den Iren eskortiert, wir gerieten mitten in einem Konvoi. Immerhin getrauten sich so die Polizisten, die wohl die Strasse bewachen mussten, nicht, uns zu kontrollieren ;)
In Bablak angekommen sichteten wir erstmal die Stelle und liefen dann zum Bahnhofsmensch, um herauszufinden, ob Güterzugmässig noch was lief. Der gute Mann wusste sofort, was wir wollten und bat uns ins Stationsgebäude. Auch er hatte noch ein altes Schaltpult. Was unsere Aufmerksamkeit aber viel mehr auf sich zog war die Dienstvorschrift, die an der Wand hing. Auf ihrem Titelbild zierte nämlich eine S-Bahn der Linie 14 im Zürcher Hauptbahnhof. Wer hätte das gedacht, dass ich im Kosovo noch auf "meine" S-Bahn treffe! Der Stationsmensch telefonierte dann extra für uns irgendwo hin und kündigte einen Güterzug in etwa einer halben Stunde von Süden her an. Stellentechnisch war das nun recht schwierig, es blieb nur Ferizaj: Das Chaos schlechthin! Und das unter Zeitdruck. Wie erwartet harzig lief es bis ins Dorf rein. Es fehlte nicht viel für die gewünschte Stelle am Bahnhof, etwa ein Kilometer, da kam der Zug schon. Dank dem Bahnübergang wurden wir aber noch früh genug gewarnt, um uns auf einer nahen Baupiste aufzustellen. Schade, hat nicht viel gefehlt! Immerhin war es nur Lok 009, neben den Hobeln und Robeln das langweiligste Triebfahrzeug der Kosovo Railways.
Lok 009 durchfährt Ferizaj
Zurück in Bablak hatten wir nun genügend Zeit, um eine Stelle für den Personenzug zu finden. Ein weiterer Güterzug war ganz sicher nicht zu erwarten, auch ohne, dass wir das beim Bahnhofsvorstand geklärt hätten. Dieser lud uns dennoch zum Absitzen ein, was wir danken ablehnten, denn soviel Zeit hatten wir nun auch wieder nicht. Die NOHAB kam mit dem IC relativ pünktlich vorbei gefahren. Auch der Mazedonier-Wagen war wieder im Zug.
Der IC aus Mazedonien fährt in Bablak ein
Nun war auch kein Personenzug mehr zu erwarten, und so fuhren wir wieder rein nach Prishtinë, vorbei am Mörderkreisel bis zum Italienischen Kfor-Camp, um dort die Leerfahrt zurück nach Fushë Kosovë abzulichten.
Einfahrt Pristina
Eine Stelle (ein mit Müll verdreckter Hügel) war schnell gefunden und so warteten wir im besten Abendlicht auf den Zug. Die paar Quellwolken vom Nachmittag, die mir das Kennedy-Bild versaut hatten, hatten sich zur Gänze aufgelöst und strahlend blauem Himmel platz gemacht.
Der Leerzug kehrt aus Pristina zurück
Zurück in Fushë Kosovë sahen wir, dass der Abendzug nach Hani i Elezit nicht etwa mit der NOHAB, sondern mit einem Y1 gefahren wurde. Was waren denn das nun für neue Moden? Aber egal, das passte schon und es gab noch ein Foto an der Ausfahrt.
Feierabend für Lok 007
Zurück im Hotel musste erstmal eine Dusche sein, denn ohne Wind waren die Tage hier ganz schön anstrengend! Abendessen gabs wie immer im Aviano 2. Für mich gab es diesmal Pizza, denn hier gab es immerhin eine schöne Auswahl. Ein Dessert folgte natürlich auch noch, auch wenn es (wie immer ;)) eigentlich keinen Platz mehr gehabt hätte.
Zurück im Hotel, der Triebwagen kehrte eben aus Hani i Elezit zurück, bereiteten wir uns auf die letzte Nacht im Kosovo vor... Was, schon fertig? Der Tag war aber super, ein paar Kennedy-Bilder, die G1700 und sogar eine Dampflok, irgendwie alles, was uns noch gefehlt hatte.
Tag 11: Fushë Kosovë - Glavnik
Tag 9: Fushë Kosovë - Fushë Kosovë